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Luciano

Luciano

Titel: Luciano
Autoren: Jack Higgins
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Palermo zu
erreichen, ist der Alptraum jedes Soldaten. Insbesondere die Umgebung
von Cammarata ist völlig unwegsam, voller Schluchten und Berge. Es
könnte Monate dauern, sich hier durchzuschlagen. Falls indessen
die Mafia ihren Einfluß aufböte, um eine Volkserhe bung
anzuzetteln und die italienischen Truppen zur Übergabe zu bewegen,
so bliebe den Deutschen gar nichts anderes übrig, als sich
schleunigst aus dem Staub zu machen.«
    »Ja, General.«
    »Das klingt nicht besonders überzeugt. Glauben Sie nicht, daß die Mafia etwas ausrichten könnte?«

      »Ehrlich gesagt, Sir, nicht so,
wie die Leute in Washington, die diesen Plan ausgebrütet haben,
sich das vorzustellen schei nen. Eine entscheidende Schwäche ist
zum Beispiel, daß der Mafia-Boß, der capo eines
bestimmten Gebiets, anderswo kei nen großen Einfluß hat.
Zweitens wirbt Ihr Geheimdienst für dieses Unternehmen Amerikaner
sizilianischer oder italieni scher Abstammung an.«
      »Was ist daran auszusetzen?« fragte Eisenhower.
      »Es ist natürlich besser
als gar nichts, aber ein Italiener hat auf Sizilien wenig zu melden,
und was die Sprache angeht, so gibt es allein in Palermo mindestens
fünf sizilianische Dialek te.«
      »Aus eben diesen Gründen
erwägt man, Luciano einzuset zen. Mit ihm hätte man einen
Mann, dessen Name jedem ge läufig ist.«
      »Trotzdem glaube ich nicht, daß das genügt.«
      »Aber Washington glaubt es?«
      »Anscheinend.«
      Eine Weile schwiegen beide.
      Eisenhower blickte stirnrunzelnd auf seine Akte, dann sah er zu Carter auf.
      »All right, Major, eine
Instruktion haben Sie bereits erhalten. Jetzt werde ich Ihnen eine
zweite erteilen. Ich möchte die Fak ten über diese
Mafia-Geschichte, und zwar direkt von der Quelle. Wenn Sie in zwei
Wochen oder wann immer zurück kommen, dann haben Sie sich
unverzüglich hier einzustellen und mir aus erster Hand einen
Lagebericht aus dem Zielgebiet zu liefern. Haben Sie verstanden,
Major?«
    »Durchaus, General.«
    »Gut. Dann machen Sie sich jetzt auf den Weg.«
      Carter salutierte. Eisenhower nickte und nahm den Federhal ter zur Hand.
      Als Carter an der Tür war und
schon die Hand auf der Klinke hatte, rief der General leise:
»Noch etwas, Major.«
      Carter wandte sich zu ihm um. »Ja, Sir?«
    »Überlassen Sie die grobe Arbeit
anderen Leuten. Es käme mir äußerst ungelegen, wenn Sie
unsere nächste Verabredung nicht einhalten könnten.«

    2

    Es fing an zu regnen, als Carter den
Hügelkamm überschritt, ein schwerer, alles durchdringender
Wolkenbruch und zucken des Wetterleuchten jenseits der Berggipfel. Er
lehnte das hin derliche Fahrrad an einen Baum und nahm den Feldstecher
aus der Tasche. Als er das Glas einstellte, sprangen die Häuser
des drei Meilen entfernten Bellona ins Visier.

      Er suchte den Talweg ab bis dorthin,
wo er in den Pinien verschwand, aber es zeigte sich kein Lebewesen.
Nicht einmal ein Hirte.
      Er steckte das Fernglas wieder ein,
ging durch die Bäume zurück zur anderen Seite des Abhangs und
blickte hinab auf die Villa, die still im Abendlicht in der Senke lag
und auf ihn war tete.
      Er war müde und dennoch mit
einer jähen und wilden Freude erfüllt, denn nun war endlich
die entscheidende Schlußphase angebrochen. Er begann, unter den
Pinien den Hang hinabzu steigen; das Fahrrad schob er vor sich her. Er
betrat das Grund stück durch eine Tür in der
rückwärtigen Mauer und folgte einem Pfad, der ihn zur
Vorderseite des Hauses führte. Der arabische Garten stand in
üppiger Blüte, subtropische Vegeta tion drängte von
allen Seiten herein. Palmen wiegten sich leicht über seinem Kopf,
und durch den heftigen Wolkenbruch gur gelte Wasser in den alten
Rohrleitungen und schoß aus mehre ren Springbrunnen.
      Er hatte den Vorhof des Hauses
erreicht, lehnte das Fahrrad an den Rand eines barocken Brunnens und
stieg die Stufen zur Vordertür hinauf. In der Halle brannte
bereits Licht, und er zog an der Klingel und wartete. Drinnen
näherten sich Schritte, und die Tür ging auf. Der Mann, der
vor ihm stand, war etwa vier zig Jahre alt, der dichte Schnurrbart und
das Haar waren schon grau. Er trug eine schwarze Smokingschleife und
ein AlpakaJackett und musterte Carter mit grenzenloser
Mißbilligung. »Was willst du?«

      Carter nahm die Stoffmütze ab,
und als er sprach, war seine Stimme rauh und heiser, typisch
sizilianisch. »Ich habe eine Botschaft für die
Contessa.«
      Der Butler streckte die Hand
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