Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)

Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)

Titel: Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)
Autoren: Markus Wand
Vom Netzwerk:
Erbrochenem bedeckte Brille vom Boden aufhob. Als es Lyn bemerkte, zeichnete sich eine Regung auf ihrem Gesicht ab, die einem Lächeln glich. Zumindest interpretierte es Marshall so.
 Anschließend machten sie sich auf den Weg. Dabei gaben Sie ein seltsames Bild: ein schlaksiger Zehnjähriger, der für sein Alter gut dreißig Zentimeter zu groß gewachsen war (seltsamerweise würde er als Erwachsener wieder dem Durchschnitt entsprechen); in der einen Hand, die ihm im unnatürlichen Winkel vom Körper abstand, eine vollgekotzte Brille, in der anderen den kleinen Finger einer behinderten Achtjährigen mit Elefantenbeinen, die bei jedem Schritt aufpassen musste, nicht über die selbigen zu stolpern, weil sie fast nichts sehen konnte.
 Auf dem kurzen Weg zu ihrem Ziel sprach keiner ein Wort. Vielmehr durchströmte Marshall ein bis dahin unbekanntes Gefühl, das ihn zunächst verwirrte. Schließlich war sie ein Mädchen. Dazu noch ein Hässliches. Und Mädchen waren uncool. Ohne Ausnahme. Dennoch fühlte er sich in der Gesellschaft von Lyn wohl. Marshall wusste nicht, warum. Dieses Gefühl hatte ihn überfallen.
  Wie Durchfall.
  Auf einmal klopft er an. Aber wenn du es bemerkst, ist es auch meist schon zu spät. Und je näher sie sich dem Bach näherten, desto mehr schlich sich eine weitere Empfindung in sein Herz. Eine Empfindung, die sich zur Gewissheit steigerte.
  Als ob wir uns schon ewig kennen würden …

  ... auch wenn Marshall bis heute nicht wusste, ob dies der Grund dafür war. Dafür und für all die anderen Geschehnisse, die im selben Sommer sein Schicksal besiegeln und seine Kindheit für immer unter sich begraben sollten.

5. Vergangenheit

Die Okularen schienen mit Sedlaczecs Augenhöhlen zu verschmelzen. Er wurde eins mit dem Fernglas und hielt es dennoch derart verkrampft zwischen seinen Händen, dass sämtliches Blut aus ihnen wich.
 „Leck mich doch am Arsch, das glaubt mir kein Mensch“, flüsterte er in die Dunkelheit hinaus, ohne einen Gedanken mehr daran zu verschwenden, ob er diese Nacht überhaupt überleben würde.
 Die Kreatur auf dem Plateau unter ihm verharrte weiterhin in völliger Regungslosigkeit, trotzdem strahlte sie eine Entschlossenheit aus, die Sedlaczec vor Ehrfurcht die Nackenhaare aufstellte. Dieser Alien – oder was immer es auch war – erinnerte ihn an Abbildungen japanischer Samuraikrieger, die sein damaliger Professor an der Universität während eines Vortrags über Die mentale Kraft und ihre Auswirkungen auf den menschlichen Körper zeigte.
 Plötzlich wirbelte der Schnee in etwa fünfzig Meter Entfernung vor dem Wesen auf. Er drehte sich kreisförmig um einen Radius von der Größe eines Heißluftballons und stieg dabei auf eine Höhe, die Sedlaczec auf fünfzehn Meter schätzte.
 Er blickte auf eine gewaltige Röhre aus Eiskristallen. Kaum hatte sie ihre scheinbare Endposition erreicht, vergrößerte sich die Geschwindigkeit, mit der sie rotierte, bis ein Pfeifen ertönte, das beinahe Sedlaczecs Trommelfelle zerfetzte.
 Reflexartig hielt er sich beide Ohren zu. Der Instinkt, sein Gehör zu schützen, war stärker, als der Vorsatz, das Fernglas nicht loszulassen. „Mist!“ Er sah es fallen. Wie es auf die ausgetretene, eisige Fläche vor ihm aufschlug. Ins Rutschen kam. Dem Abhang in wenigen Zentimetern Entfernung entgegen. Um für immer in der Dunkelheit darin zu verschwinden.
 Sedlaczec hob blitzartig sein verletztes Bein und streckte es aus, um mit dem Absatz seines Schuhs das Halsband des Feldstechers zu erreichen, das hinter ihm herschlitterte, wie die Leine am Hals eines flüchtenden Hundes. Durch den Ruck verlor er fast sein Gleichgewicht, da er beide Handflächen weiterhin fest auf seine Ohren gepresst hielt. Als der Absatz seines Schuhs sich in die Eisplatte bohrte, zerschlug der Schmerz Sedlaczecs Wahrnehmung. Das Bild vor seinen Augen zersprang, die Luft in seinen Lungen implodierte. Erst als das Pochen in seinem Fußgelenk an Intensität verlor, kehrte seine Klarheit allmählich zurück.
 Gespannt öffnete er die Augen.
 Die Anstrengung hatte sich gelohnt
 Unter seinem Schuh lugte das Halsband hervor. Er schob sein gesundes Bein daneben und fädelte die Schuhspitze in die Schlaufe des Bandes ein. Vorsichtig zog er seine Beute zu sich heran. Erst jetzt bemerkte Sedlaczec, dass das Pfeifen verklungen war. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Rettung des Fernglases, sodass er die abrupt eingetretene Stille nicht wahrgenommen hatte. Er nahm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher