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Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)

Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)

Titel: Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Scott
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nicht behaupten, dass ich irgendwas davon vermissen werde.
    Laurie, meine Therapeutin, kam zu mir und ging mit mir hinunter.
    »Was denkst du jetzt?«, fragte sie. Laurie und ihre ewigen Fragen – ich glaube, sie kann nicht anders, als ständig Fragen zu stellen. Wahrscheinlich ist es das Erste, was man in der Psychoschule lernt. Und offenbar auch das Einzige.
    »Nichts.«
    »Es ist okay, wenn du Angst hast«, sagte sie und ich zog nur die Augenbrauen hoch, auf meine spezielle Art, die Julias Mom immer als hochnäsig bezeichnete.
    Laurie merkte natürlich nichts davon. »Jeder hatAngst«, verkündete sie, als hätte sie gerade den Stein der Weisen gefunden.
    »Wow, danke«, sagte ich.
    »Deine Eltern warten schon auf dich, Amy«, fuhr sie unbeirrt fort. »Und sie freuen sich sehr, dass du nach Hause kommst.«
    Das Abartige ist, dass ich ihr gern geglaubt hätte. Ich hätte alles dafür gegeben, wenn Mom und Dad tatsächlich auf mich gewartet hätten, mich tatsächlich bei sich hätten haben wollen. Und dabei dachte ich, dass dieser Teil von mir, der sich danach sehnte, eine richtige Familie zu haben, statt nur das Anhängsel von Mom und Dad zu sein, endgültig gestorben wäre. Dass ich ihn umgebracht hätte, in winzige Stücke zerfetzt, sodass er nie wieder zusammengesetzt werden konnte. Aber das war ein Irrtum.
    »Gut«, sagte ich und ging ihnen entgegen.
    Sie saßen auf dem Sofa im Warteraum, eng umschlungen. An meinem ersten Tag in Pinewood hatten sie ganz genauso dagesessen. Haargenau gleich.
    Ich saß ihnen gegenüber und beobachtete, wie sie sich krampfhaft an den Händen hielten, als könnten sie verloren gehen, wenn sie sich auch nur eine Sekunde lang losließen. Sie umarmten mich dann flüchtig, bevor sie gingen, so eine verlegene Pseudo-Umarmung, immer noch aneinandergeklammert, sodass ich halb in ihre Umarmung mit hineingezogen wurde. Es war herzerwärmend, wirklich.
    Auch jetzt klammerten sie sich aneinander, ließen sich aber tatsächlich los, um aufzustehen und mich zu umarmen.Getrennt. Da wusste ich, dass heute noch einiges auf mich zukommen würde.
    Ich bin jetzt größer als sie beide. Ich kann es nicht fassen. Dass ich größer bin als Mom, war nichts Neues, aber mir war nicht klar gewesen, dass ich Dad auch schon überholt hatte. Muss wohl ein Stück gewachsen sein, hier in Pinewood. Toll, ehrlich: sechzehn, einsachtzig und gerade aus dem Therapiezentrum entlassen. Ein echter Überflieger, ehrlich.
    Auf der Heimfahrt verkündeten Mom und Dad, dass ich ein »neues Zimmer« hatte. Mein Dachbodenzimmer ist weg. Sie haben meine Sachen in das Gästezimmer im zweiten Stock heruntergeräumt und das ist jetzt mein Reich. Ich war sprachlos, dass meine Eltern mich so nahe bei sich haben wollen. Das ist komisch. Echt. Aber es kommt noch besser.
    Mein neues Zimmer ist nämlich nicht die einzige Veränderung, die Mom und Dad mir auf der Heimfahrt ankündigten. Sie sagten, es gebe kein Schloss mehr an meiner Tür. Und dass ich auf keinen Fall den Führerschein machen durfte, auch wenn ich jetzt bald alt genug war. Außerdem musste ich weiterhin einmal die Woche zu Laurie gehen.
    Ich sagte »Ja, gut« zu allem. Wahrscheinlich haben sie mit Widerstand gerechnet, erwarteten, dass ich ausrasten würde oder so, weil sie mich die ganze Zeit so wild entschlossen anschauten. Dad im Rückspiegel. Mom in dem kleinen Spiegel in der Sonnenblende, in dem sie immer ihr Make-up checkt.
    Als wir endlich heimkamen, wurde es noch merkwürdiger, weil das Haus   … es ist zwar immer noch gleich, aber auch wieder nicht. Es ist es jetzt blau. Mom hat es neu streichen lassen. Es ist besser als das Gelb vorher, aber nicht viel. Ich versteh das nicht: Mom ist Kunstlehrerin, wie kann sie da in solchen Dingen so daneben liegen? Immerhin malt sie und gibt Kunstunterricht, aber dass ein blaues Haus nicht der Brüller ist, das fällt ihr nicht auf.
    Mom und Dad wollten vielleicht, dass ich was zu dem Haus sage. Das weiß man nie so genau bei ihnen. Ich habe nichts gesagt. Es ist nur eine andere Farbe, kein neues Haus. Genauso wenig wie ich neu bin oder sie neu sind, und Julia ist immer noch tot.
    Wir trugen mein Gepäck hinein, dann standen wir alle da und schauten uns an, bis ich schließlich sagte: »Ich hab Hunger«, nur damit es nicht so still war. Und natürlich sind sie sofort losgestürzt und haben mir was zu essen gemacht. Okay, ich weiß, sie machen nicht
alles
zusammen und manchmal streiten sie sogar, aber meistens sind sie wie
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