Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love Story: Roman (German Edition)

Love Story: Roman (German Edition)

Titel: Love Story: Roman (German Edition)
Autoren: Erich Segal
Vom Netzwerk:
Aus Stein. Völlig aus Stein.»
    «Aber geh, er muß doch platzen vor Stolz. Wo du doch so eine Sportskanone in Harvard bist.»
    Ich sah sie an. Sie wußte anscheinend eben doch nicht alles.
    «Das war er auch mal, Jenny.»
    «Noch doller als ein Außenstürmer bei einem All-Ivy-Team?»
    Es behagte mir, wie sie meinen Athletenruhm genoß. Zu dumm, daß ich mich heruntersetzen mußte, indem ich ihr von dem meines Vaters erzählte.
    «Er hat bei der Olympiade 1928 einen Einer gerudert.»
    «Donnerwetter», sagte sie. «Ist er Erster geworden?»
    «Nein», antwortete ich, und ich glaube, sie merkte, daß mir die Tatsache, daß er im Finale Sechster geworden war, einen gewissen Trost bedeutete.
    Kurzes Schweigen. Jetzt würde Jenny vermutlich begreifen, daß Oliver Barrett IV zu sein nicht nur bedeutete, daß man im Grauen Steinhaus in Harvard York wohnt. Es schließt auch ein, daß man von den Muskeln her in der Furcht des Herrn gehalten wird. Ich meine, das Image sportlicher Höchstleistung hängt als drohender Schatten über einem. Über mir, meine ich.
    «Aber was tut er, daß du ihn einen alten Schweinehund nennst?»
    «Zwingt mich», erwiderte ich.
    «Wie bitte?»
    «Zwingt mich» , wiederholte ich.
    Ihre Augen wurden so groß wie Untertassen. «Zum Inzest, meinst du?» fragte sie.
    «Komm mir nicht mit deinen eigenen Familienproblemen, Jen. Ich habe selber genug.»
    «Welche denn, zum Beispiel, Oliver?» fragte sie. «Wozu zum Beispiel zwingt er dich denn?»
    «Zu den ‹richtigen Dingen›», sagte ich.
    «Was ist denn verkehrt an ‹richtigen Dingen›?» fragte sie und genoß ganz offenbar ihr Paradoxon.
    Ich erläuterte ihr, daß ich es zum Kotzen fände, immer auf die Familientradition der Barretts hingetrimmt zu werden – sie hätte doch merken müssen, wie ich mich wand, wenn ich am Schluß meines Namens die Ordnungszahl aussprechen mußte. Und es paßte mir auch nicht in den Kram, bei jedem Semester die und die Leistungen produzieren zu müssen.
    «Ja, ja», sagte Jenny betont sarkastisch, «ich seh schon, wie widerlich dir das alles ist, immer diese guten Noten und daß du zur All-Ivy-Liga gehörst …»
    «Widerlich ist mir daran nur, daß er genau das von mir erwartet und es darunter nicht tut!» Schon es auszusprechen, was ich immer gedacht (aber nie in Worte gefaßt) hatte, bereitete mir gräßliches Unbehagen, aber jetzt mußte ich Jenny alles erklären, damit sie es begriff. «Und er ist so ungeheuer blasé , wenn ich es dann geschafft habe. Ich meine, er hält eben alles bei mir für absolut selbstverständlich.»
    «Aber er ist doch ein Mensch, der wahnsinnig viel zu tun hat. Leitet er nicht massenweise Banken und so?»
    «Himmel noch mal, Jenny, auf wessen Seite stehst du denn?»
    «Ist das hier ein Krieg?» fragte sie.
    «Aber gewiß», sagte ich.
    «Das ist doch lächerlich, Oliver.»
    Sie war tatsächlich nicht zu überzeugen. Und da kam mir zum erstenmal eine dunkle Ahnung von der kulturellen Kluft zwischen uns. Ich meine, die dreieinhalb Jahre Harvard und Radcliffe hatten genau die hochnäsigen Intellektuellen aus uns gemacht, die solche Institute traditionsgemäß hervorbringen, aber wenn es darum ging, die Tatsache zu akzeptieren, daß mein Vater aus Stein war, dann klebte sie noch an atavistischen italo-mediterranen Vorstellungen von «Alle Pappas lieben ihre Bambini», und es war mit ihr nicht zu reden.
    Ich versuchte, ihr ein typisches Beispiel zu erzählen: dieses alberne Gespräch nach dem Spiel gegen Cornell. Das machte entschieden Eindruck auf sie. Aber den vollkommen verkehrten.
    «Was, er ist bis nach Ithaca raufgefahren, um einem lausigen Eishockey zuzuschauen?»
    Ich versuchte ihr zu erklären, daß mein Vater gänzlich Form und überhaupt nicht Inhalt sei. Sie war immer noch ganz verbohrt, weil er für ein (vergleichsweise) unbedeutendes Sportereignis so weit gefahren war.
    «Also Jenny, sprechen wir von etwas anderem.»
    «Gott sei Dank, daß du einen Vaterkomplex hast», erwiderte sie. «Dann bist du wenigstens nicht vollkommen.»
    «Ach, glaubst du etwa, du wärst es?»
    «Aber nicht doch, Preppie. Wenn ich es wäre, würde ich dann mit dir ausgehen?»
    Also im Westen nichts Neues!

5
    Ich möchte gern etwas über unsere körperlichen Beziehungen sagen.
    Eine unfaßbar lange Zeit hindurch hatten wir keine. Ich meine, es war nicht mehr geschehen als die Küsse, die ich schon erwähnt habe (und an die ich mich bis in die kleinste Einzelheit erinnere). Das war bei mir ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher