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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Autoren: Gwen Bristow
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unsere?«
    »Wie sollte das sein? Überlegen Sie einen Augenblick. Die Zeit, die den amerikanischen Bürgerkrieg einschloß, die ostindische Soldatenrebellion und die Belagerung von Paris? Nein, Gnädigste, das glaube ich nicht. Wir meinen, daß die alten Zeiten einfacher waren, weil wir mittlerweile wissen, wie Großvaters Probleme gelöst wurden. Jedes Problem ist einfach, wenn man die Lösung am Schluß eines Buches ablesen kann.«
    Sie lachten zusammen. Eleanor stellte den Band Godey's an seinen Platz zurück und sah sich weiter in der Bibliothek um. Auf dem Mitteltisch lag eine riesige Bibel, deren Deckel durch Metallschließen verbunden waren. Sie fragte, ob sie sie öffnen dürfe; er nickte lächelnd. Die Bibel fiel von selbst in der Mitte auseinander. Sie enthielt hier eine ganze Anzahl druckfreier Seiten zur Aufnahme von Familienurkunden. In vielen voneinander abweichenden Handschriften standen hier die Geburts-, Heirats- und Todesdaten der Larnes verzeichnet. Die Tinte war großenteils von der Zeit gebleicht oder gebräunt. Eleanor überflog, die Seiten langsam umwendend, die verschiedenen Eintragungen.
    »Gestorben auf Ardeith-Plantage am 23. September 1810: Philip Larne, geboren in der Kolonie Süd-Karolina –«, las sie.
    »Geheiratet in Dalroy, Louisiana am 4. April 1833: Sebastian Larne und Frances Durham – –«
    »Geheiratet auf Silberwald-Plantage, Louisiana am 6. Dezember 1859: Denis Larne und Ann Sheramy – –«
    »Geheiratet in Dalroy, Louisiana am 21. März 1884: Denis Larne II und Lysiane St. Clair.«
    »Das sind Ihre Eltern?« fragte Eleanor.
    Kester nickte. Ihr Interesse schien ihn zu freuen; er war weit entfernt davon, seine Heimat und die Geschichte seines Hauses als selbstverständliche Gegebenheit hinzunehmen, und er war naiv genug, sich über die Aufmerksamkeit anderer zu erheitern, die in der Regel nicht frei von heimlicher Bewunderung war.
    Eleanor blätterte weiter in den Seiten; sie kam jetzt an die Geburtszeugnisse. Fast am Ende der Spalte las sie:
    »Geboren auf Ardeith-Plantage am 18. Februar 1885: Kester Denis Larne, Sohn von Denis Larne II und Lysiane St. Clair.«
    Er hatte noch einen jüngeren Bruder und eine Schwester. Ihre Geburtszeugnisse waren die letzten Eintragungen. Eleanor hob mit beinahe scheuem Ausdruck den Blick. »Mir scheint, es ist irgendwie ehrfurchtgebietend, sich als letztes Glied einer solchen Reihe zu sehen«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Warum? Ich sehe das nicht ein.«
    »Oh, ich weiß nicht. Schon das Gefühl, Glied einer endlosen Kette zu sein – –«
    Kester lachte: »Aber das sind wir schließlich alle.«
    Sie schlossen die Bibel und gingen in die Halle zurück. Bei der Wendeltreppe bückte sich Kester und zeigte ihr den deutlich erkennbaren Abdruck eines Hufeisens im Holz einer Stufe. Man sah, daß die Treppe in jüngster Zeit einer eingehenden Reparatur unterzogen worden war, aber dieser Hufeisenabdruck war völlig erhalten und noch jetzt unverkennbar. Er war entstanden, als gleich nach dem Bürgerkrieg Nordstaatentruppen das Haus besetzt und geplündert hatten. Da war ein Soldat in die Halle geritten und offenbar auf den Einfall gekommen, die Wendeltreppe hinaufreiten zu wollen. Er erzählte ihr die alte Geschichte mit allen Einzelheiten.
    »Es ist bezaubernd, wie Sie das lebendig werden lassen«, sagte Eleanor. »Ich kannte die Geschichte aus der Schule, aber jetzt ist es mir, als sähe ich vor mir, was damals geschah.«
    »Wenn man Sie sprechen hört, sollte man denken, Sie kämen aus zehntausend Meilen Entfernung hierher«, lachte Kester; es war augenscheinlich, daß ihr Interesse ihm Spaß machte.
    »Ich bin in einem Deichbaulager in West-Feliciana-Parish geboren«, antwortete sie, »das ist eine andere Welt. Aber ich ermüde Sie, wenn ich Sie fortgesetzt erzählen lasse.«
    »Ich räume ein, daß es sich bei einer Tasse Kaffee angenehmer plaudert«, versetzte er.
    Eleanor lachte; sie war entwaffnet, er war einmal so. Sie durchquerten gemeinsam die Halle und betraten das der Bibliothek gegenüberliegende Wohnzimmer. Es war dies der eigentliche Aufenthaltsraum des Hauses. Er war mit tiefen, bequem gepolsterten Mahagonisofas ausgestattet. An einer Wand stand ein großes Klavier aus Rosenholz, und die moderne Zeit wurde durch einen Phonographen repräsentiert. Ebenso wie die Bibliothek besaß auch dieses Zimmer einen weißen Marmorkamin, aber gegenwärtig brannte kein Feuer hinter dem Messinggitter. In der Nähe des Kamins
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