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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Autoren: Gwen Bristow
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Perücke auf sie herab; ihm gegenüber stand eine junge Frau in der hohen Frisur des achtzehnten Jahrhunderts vor blauem Hintergrund. Daneben hing das Bild einer schwarzlockigen Frau in viereckig ausgeschnittenem, dicht unterhalb des Busens gegürtetem Gewand im Stil jener Zeit, da der erste Bonaparte Kaiser von Frankreich war. Eleanor durchschritt langsam den Raum. Am Fuß der Wendeltreppe blieb sie stehen. Dicht über ihr hingen zwei offenbar zusammengehörende Porträts. Das eine zeigte einen jungen Mann in der grauen Uniform der Konföderierten, das andere ein Mädchen in blauem Reifrock. Offenbar hatte dieses Mädchen zu dem Porträt an der gleichen Stelle gestanden, die Eleanor jetzt einnahm, denn dicht hinter ihr zeigten sich die Windungen der Wendeltreppe, und ihre Hand lag auf der Balustrade.
    Eleanor wandte sich Kester zu. »Erzählen Sie mir etwas von diesen Menschen«, sagte sie leise; »wer sind sie?«
    Kester ließ seinen Blick die Reihe der Porträts entlangschweifen. Seine tiefe Stimme strömte Ruhe und Sicherheit aus, als er dem Mädchen von seinen Vorfahren sprach.
    Der Mann in der weißen Perücke war der erste. Philip Larne, der das Land, das jetzt die Ardeith-Plantage trug, von George III. von England für seine Verdienste im französisch-indianischen Krieg als Geschenk erhalten hatte. Die Dame vor dem blauen Hintergrund war seine Frau. Sie waren eines Tages beide in Flachbooten den Mississippi heruntergekommen, damals, als Dampf noch nichts anderes als Dunst war, der aus einer Kesseltülle quillt. Die Frau im Empirekleid hatte in die Larne-Familie hineingeheiratet, in der Zeit, da Louisiana ein Kauf- und Handelsobjekt war. Das Paar aus der Bürgerkriegszeit waren Kesters Großeltern. Der junge Mann war im Kriege gefallen, aber das Mädchen, seine Frau, war eine sehr alte Dame geworden. Kester konnte sich aus seiner Kinderzeit her noch an sie erinnern.
    Ach, da waren noch viele Bilder. Er würde sich glücklich schätzen, wenn er sie ihr nach und nach zeigen und ihr ihre Geschichte erklären könnte. Das ganze Haus würde er ihr gerne zeigen. Oh, es war sehr groß, dieses alte Haus, es hatte viele Räume, die keinen anderen Zweck hatten, als dem Besen Bewegung zu verschaffen. Merkwürdigerweise waren es genau dreißig gewesen, außer den Dienerschaftszimmern; einige waren inzwischen zu Toiletten und Badezimmern umgebaut.
    Eleanor durchschritt eine Tür auf der einen Seite der Halle und sah sich in einer Bibliothek. In den hohen Buchregalen standen moderne Romane neben gebundenen Bänden von › Putnam's Magazine‹ und › Godey's Lady's Book ‹, alte Abhandlungen über Baumwollkultur und Romanzen mit erstaunlichen Titeln.
    »›Der Fluch von Clifton‹«, las sie laut und schüttelte den Kopf; »›Der Damensalon im Jahre 1841‹.« Sie lachte: »Irgendwann und wo habe ich von Taschenbüchern dieser Art gehört, aber ich glaube nicht, jemals eins gesehen zu haben. Und wer ist ›Mrs. E.D.E.N. Southworth‹?«
    Kester verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »Diese Dame schrieb meines Wissens aufregende Sensationsgeschichten«, versetzte er sarkastisch; »wissen Sie, so'n Zeug, wo Stürme heulen, Schiffe scheitern und unwahrscheinliche Menschen sich mit juwelengeschmückten Dolchen umbringen.« Er hob resigniert die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Meine Familie hat zweifellos ausgezeichnete Qualitäten«, sagte er, »aber sie schwelgt nun mal gern in solch idiotischer Literatur.«
    Eleanor legte einen Band von › Godey's Lady's Book ‹ vor sich hin und blätterte in den Seiten herum. Sie lächelte amüsiert über die hochtrabenden Phrasen, die ihre Augen auffingen, und über die bauschigen, pompösen Gewänder auf den Modeseiten. »Solche Lektüre ist sehr instruktiv«, sagte sie, »wenn man diese Bilder sieht – ich weiß nicht – es macht den Eindruck, als ob sie sehr selbstsicher waren. Ich möchte annehmen, daß das Leben zu jener Zeit einfacher war.«
    Kester lachte sein jungenhaftes Lachen. »Lassen Sie sich nicht täuschen, Miß Eleanor«, sagte er, »ich habe oft in diesen Scharteken gelesen. Sicher habe ich aus einem guten Dutzend dieser ein bis zwei Jahrhunderte alten Bände den Rahm abgeschöpft. Und ich versichere Ihnen, in jedem wird das einfachere Leben der gerade vergangenen Epoche neidvoll bewundert und über die Schwierigkeiten der Gegenwart geklagt.«
    »Dann glauben Sie also nicht, daß das Leben im neunzehnten Jahrhundert leichter war als das
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