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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Autoren: Gwen Bristow
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auch lachte, bevor sie es selbst wußte. »Ich bin nicht sehr an Fremde gewöhnt«, gestand sie.
    »Dann ist es aber hohe Zeit, daß sich das ändert. Sie ziehen doch in ein ganz neues Land! Kommen Sie her, setzen Sie sich und plaudern Sie ein wenig mit mir.«
    Judith trat einen Schritt zurück. »Aber ich dachte, Sie wollten mit mir kommen!«
    »Das würde ich zu gerne tun. Aber –« Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf seine rotseidenen Schultern, während er sich umwandte und einen Blick nach dem Fluß warf, wo sein Boot angebunden war. Es war größer als die meisten Flachboote, nahezu achtzehn Meter lang, und hatte ein schmales Deck und eine sehr große Kabine, deren kleine Fenster dicht geschlossen waren. Er mußte wohl viele Haushaltungsgegenstände mit sich führen, daß er so viel Platz brauchte, um sie unterzubringen. Das war sonderbar, denn man konnte doch kaum erwarten, daß ein Mann sich Hausgeräte anschaffte, ehe er wirklich einen Haushalt hatte. Allem Anschein nach hatte er keine Familie auf seinem Flachboot. »Ich kann mein Fahrzeug nicht unbewacht zurücklassen«, erklärte er ihr.
    »Aber Ihre Bootsleute können doch aufpassen!« wandte sie ein. »Die haben auch Gewehre!«
    Er zwinkerte ihr zu. »Sie sind treu und ergeben, solange ich sie beaufsichtige. Aber ich würde keiner Bootsmannschaft trauen, wenn es sich um eine kostbare Ladung handelt.«
    »Eine kostbare Ladung?« wiederholte sie. »Dann sind Sie also ein Kaufmann? Sie bringen Ihre Ware den Strom hinunter?«
    Er zuckte leicht zusammen, und der Griff seiner Finger wurde härter. »Was sollte ich denn Ihrer Meinung nach auf dem Boot haben?«
    »Nun – Pflüge und Stühle und Spinnräder, so wie wir«, antwortete sie überrascht. Aber als er sie nicht losließ, wurde sie ärgerlich. »Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht«, sagte sie kurz, »und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nicht wie ein Polizist am Arm packten!«
    »Verzeihen Sie mir! Ich hatte ganz vergessen, daß ich Ihren Arm hielt.« Er lächelte sie an, als er sie freigab. »Ich muß allerdings gestehen, daß ich weder einen Pflug noch einen Stuhl oder ein Spinnrad besitze. Ich habe nur –« Er zögerte eine Sekunde. Dann fügte er hinzu: »Ware.«
    Judith senkte beschämt den Blick, weil sie ihn so grob angefahren hatte. Aber sie wunderte sich trotzdem über seine ausweichende Antwort. Warum hatte er nicht einfach gesagt: ›Flachs‹ oder: ›Whisky‹ oder was es sonst sein mochte?
    Eifrig und mit gewinnender Liebenswürdigkeit sprach er weiter. »Ich darf mein Boot nicht allein lassen. Aber ich habe mich so einsam gefühlt auf diesem endlosen Strom – warum wollen Sie nicht bleiben und mit mir zusammen zu Abend essen?« Er nahm ihre Hand und zog sie zum Feuer hin. »Ja, Sie müssen bleiben.«
    »Aber das kann ich doch nicht!« Sie blieb auf halbem Wege stehen. »Was in aller Welt sollte ich meinem Vater sagen?«
    »Sagen Sie ihm«, Philip lachte, »sagen Sie ihm, daß ich Ihnen Kuchen aus Honig und Reismehl angeboten habe, und Apfelsinen mit einer Soße aus Sirup und Zimt, und getrocknete Feigen von der Gullahküste –«
    Ohne daß Judith wußte, wie es gekommen war, saß sie auf der krummen Baumwurzel. »Die Gullahküste – wo in aller Welt ist die denn?«
    »An der unteren Grenze von Südkarolina.«
    »Kommen Sie von dort?«
    Er nickte, streckte sich zu ihren Füßen im Gras aus und stützte den Kopf auf seinen Ellbogen.
    »Und Sie? Aus Neuengland?«
    »Ja, aus Connecticut. Woher wußten Sie das?«
    »Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, daß Ihre Augen die Farbe von Champagner haben?« sagte er, statt ihr Antwort zu geben.
    Judith fühlte, daß sie rot wurde. »Nein, niemand hat so etwas gesagt. Was ist denn Champagner?«
    »Schäumender Wein, den sie in Frankreich machen.«
    »Waren Sie in Frankreich?« fragte sie erstaunt.
    »Ja. Trinkt man denn in Connecticut keinen Champagner?«
    »Ich weiß es nicht. In unserer Gegend jedenfalls nicht. Waren Sie noch nie in Connecticut?«
    »Kurze Zeit war ich einmal dort. Während des Krieges zwischen den Franzosen und den Indianern.«
    »Ach, waren Sie auch im Krieg?« rief sie dankbar. Sie freute sich, daß er ein Soldat des Königs gewesen war. Nun würde ihr Vater vielleicht besser über ihn denken, denn Mark war auch im Kriege gewesen.
    »Natürlich«, erwiderte Philip. »Ich habe unter General Braddock und dem jungen Mr. Washington von Virginia gedient.« Es lag ein heiterer Ton in seiner
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