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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Autoren: Gwen Bristow
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Stimme.
    »Dann kommen Sie also mit einem königlichen Landbrief herunter?« fragte sie, beglückt, daß er ein verantwortungsbewußter Bürger und nicht ein eleganter Tunichtgut war, wie ihr Vater dachte.
    Er lachte laut auf. »Selbstverständlich! Wollen Sie das Schreiben sehen?«
    Er zog ein großes, versiegeltes Dokument aus seinem gekräuselten Hemd. Darin wurde allen, die es wissen wollten, bekanntgegeben, daß Seine Majestät König Georg III. seinem Untertanen Philip Larne als Belohnung für dessen Dienste im Kolonialkrieg gegen die Franzosen dreitausend Acker auf dem östlichen Ufer des Mississippistromes in dem Lande Louisiana in der Unterprovinz Westflorida schenkte, die durch den Friedensvertrag an England abgetreten worden war. Ausgefertigt durch die Abgesandten des Königs in der Stadt Charleston in der Kolonie Südkarolina am 12. Januar im Jahr der Gnade 1772.
    Sie gab ihm den Bogen zurück.
    »Ja, mein Vater hat auch einen solchen Landbrief. Er wartete noch lange nach dem Kriege, bis er sich darum bewarb, weil er Neuengland nicht verlassen wollte.«
    Philip setzte sich auf und legte die Arme um die Knie.
    »Ich wundere mich auch, daß er seinen Wohnsitz verlassen hat. Er sieht nicht aus wie ein Mann, der gerne umherzieht.«
    »Das tut er auch nicht. Aber drei Jahre hintereinander hatten wir Mißernten, und im letzten Winter war es so bitterkalt, daß die Hälfte unserer Kühe umkam. Und alle Leute in unserer Gegend sprachen über die neue englische Niederlassung in Louisiana. Männer, die nicht im Kriege gewesen waren, sagten meinem Vater, sie beneideten ihn, weil er hier freies Land erhalten würde. Er bekam auch einen Brief von Mr. Walter Purcell, einem jungen Mann, der unseren Ort vor fünf Jahren verlassen hatte und auch im Besitz eines königlichen Landbriefes war. Der schrieb ihm, Louisiana wäre ein so fruchtbares Land, daß man in den besten Gegenden vier Ernten im Jahr erzielen könnte.«
    »Glauben Sie, daß Ihnen das Land gefallen wird?« fragte Philip lächelnd.
    »Ich – ich denke schon«, erwiderte sie, aber ihre Worte klangen unsicher und zweifelnd. Ihr Blick schweifte über den Wald und den trägen Fluß, dessen kleine Wellen im letzten Abendlicht rötlich erschienen. »Aber es ist so sonderbar fremd hier. Fast kommt es mir verzaubert vor mit all den Palmen und dem Spanischen Moos, das von den Bäumen niederhängt. Und das Land ist so flach. Vielleicht geht es Ihnen anders«, fügte sie scheu hinzu. »Sie sind ein weitgereister Mann. Aber ich – ich bin niemals aus unserem Ort hinausgekommen, bis wir im letzten Winter von dort fortzogen.«
    »Und Sie dachten, die ganze Welt sähe so aus wie Neuengland?« fragte Philip freundlich.
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich eigentlich dachte. Aber jetzt weiß ich es besser. Ich fühle –«
    »Was fühlen Sie?« fragte er, als sie zögerte.
    »Es ist mir, als ob ich viel älter wäre seit unserer Abreise. Hatten Sie nicht dasselbe Gefühl, als Sie nach Frankreich gingen?«
    Philip lachte leicht, und sie erschrak über sich selbst, daß sie so zutraulich zu einem Fremden sprach. Aber er hatte so interessiert zugehört. Nun kniete Philip vor ihr und legte seine Hände auf die ihren.
    »Sie sind das lieblichste Kind, das ich je in meinem Leben sah. Aber in Wirklichkeit sind Sie doch gar kein Kind mehr?«
    »Ich bin fünfzehn. Vater nennt mich immer noch ein Kind.«
    »Aber Sie wissen, daß das nicht stimmt. Sie sind eine äußerst bezaubernde junge Dame.«
    Sie hielt den Atem an.
    »Hat Ihnen das noch nie ein anderer Mann gesagt?«
    Judith schaute auf seine Hände nieder, die auf den ihren ruhten. Es war plötzlich so dunkel geworden, daß sie seine Finger kaum noch sehen konnte.
    »Sie werden mich für ein schrecklich einfältiges Landmädchen halten, aber ich bin noch nie in meinem Leben mit einem jungen Mann allein gewesen.«
    »Um Himmels willen«, sagte Philip leise.
    »Und ich bin davon überzeugt, daß mein Vater gleich kommen und mich hinüberholen wird. Deshalb ist es besser, wenn ich jetzt –«
    Ein heiseres Bellen ertönte aus dem Wald.
    Es war nur kurz und klang schrecklich. Judith sprang mit einem Schrei auf. Philip griff nach seinem Gewehr. Die Bootsleute ließen die Kochtöpfe fallen, packten ihre Flinten und stürzten in das Dickicht. Judith sah dort zwei Augen, die aus dem Dunkel unter den Bäumen aufglühten. Sie schimmerten grünlich und leuchteten wie die einer Katze, nur waren sie viel größer und schienen einem
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