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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Autoren: Gwen Bristow
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Gespenst zu gehören, das keinen Körper hatte. Ein Schuß fiel, dem sofort ein zweiter folgte. Die Augen verschwanden. Sie fühlte, daß Philip den Arm um ihre Schultern legte.
    »Fürchten Sie sich nicht! Es ist alles in Ordnung!« sagte er.
    »Was – was war das?« fragte sie entsetzt.
    »Ein Panther. Die Leute werden sich um ihn kümmern.«
    »Sind Sie auch sicher, daß das Tier tot ist?«
    »Ja, bestimmt«, versicherte er. Aber sie hörte nicht, was er sonst noch sagte. Erschreckt drehte sie sich nach dem Fluß um, wo sich neuer Lärm erhob.
    In dem Boot war es plötzlich lebendig geworden. Aus der Kabine drangen laute Rufe und klatschende Geräusche, als ob wilde Tiere unruhig geworden wären und die Wände ihres Käfigs sprengen wollten.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind!« rief Philip und eilte nach dem Boot. Aber sie lief hinter ihm her, da sie sich fürchtete, allein zurückzubleiben. Er sprang auf das Deck und riß eins der kleinen Fenster auf. Sie sah im Innern starke Holzstangen und ein schwaches Licht im Hintergrund.
    Philip brüllte durch das Gitter und verlangte Ruhe. Als sie ihn erreichte, schlug er heftig den Fensterladen zu, aber doch nicht schnell genug, als daß sie nicht noch einen Blick ins Innere hätte werfen können. Betroffen stieß sie einen Schrei aus, als sie sah, woraus die Ladung bestand.
    Er wandte sich zu ihr um. Sie standen so dicht nebeneinander, daß sie seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte. Er lächelte herausfordernd und doch auch wieder beruhigend.
    »Sind Sie so erstaunt, daß ich mit Sklaven handle?«
    Sie drehte die Enden ihres Tuches ineinander.
    »Nein, eigentlich nicht«, erwiderte sie unsicher. »Wir haben schon verschiedene Sklavenhändler auf dem Fluß gesehen.«
    Aber sie wandte sich nach der Laufplanke, die von dem Deck ans Ufer führte. Er folgte ihr und faßte sie an der Schulter.
    »Warum gehen Sie dann so fort? Gibt es denn in Connecticut keine Sklaven?«
    Sie blieb stehen. »Doch, natürlich gibt es dort Sklaven. Nicht viele – sie sind im Winter nicht zu gebrauchen – wir haben niemals welche gehabt.« Sie war immer noch verwirrt. Andere Sklavenhändler, die sie beobachtet hatte, hielten ihre Schwarzen nicht so abgesperrt. Mit diesem großen Boot stimmte etwas nicht. Im nächsten Augenblick erkannte sie mit Schrecken, was es war.
    Sie zuckte zurück. »Lassen Sie mich gehen!« rief sie. »Sie sind ein Schmuggler – ein Pirat – lassen Sie mich fort!«
    Er lachte über diesen heftigen Ausbruch. »Sehe ich denn wirklich wie ein Pirat aus?«
    »Ich weiß nicht, wie solche Seeräuber aussehen, aber hätten Sie die Sklaven nicht gestohlen, so hätten Sie Kaufbriefe, und wenn Sie die besäßen, wären Sie nicht so darauf bedacht, daß niemand sieht, was Sie auf Ihrem Boot haben. Lassen Sie mich gehen, sage ich Ihnen!«
    Sie begann zu weinen. Sie hatte schon haarsträubende Geschichten von Schmugglern auf dem Mississippi gehört, die anderen die Kehle durchschnitten, nur um ihnen die Bootsladung zu rauben. Aber eigentlich weinte sie nicht, weil sie sich fürchtete, sondern weil sie sich bitter enttäuscht fühlte. Er war so nett und liebenswürdig gewesen.
    »Seien Sie doch nicht unvernünftig«, sagte Philip.
    Aber Judith bedeckte das Gesicht mit den Händen und schluchzte hilflos. Plötzlich hörte sie die Stimme ihres Vaters vom Ufer.
    »Judith! Mr. Larne! Was für Schüsse waren das?«
    Sie trat einen Schritt zurück und drückte sich gegen die Wand der Kabine, während sie die Augen mit ihrem Tuch trocknete. Philip ging zum Ufer hinunter.
    »Es tut mir leid, daß Sie gestört wurden, Mr. Sheramy«, hörte sie ihn sagen. Er sprach so ruhig, als ob nichts geschehen sei, und doch hatte er sich eben selbst als Verbrecher entlarvt. »Meine Leute haben nur einen Panther erlegt. Die junge Dame hat sich gefürchtet und ist auf das Boot gelaufen. Einen Augenblick, ich werde ihr herunterhelfen.«
    Er kam zu ihr zurück, und während er ihren Arm nahm, sagte er laut: »Es ist jetzt sicher für Sie, Miß Sheramy. Sie können mit Ihrem Vater durch das Gebüsch zurückgehen.« Aber als sie nach der Planke gingen, fügte er leise hinzu: »Hören Sie auf zu weinen, Sie kleiner Dickkopf! Wollen Sie denn, daß ich gehängt werde?«
    Judith blieb stehen. In der Dunkelheit konnte sie die Gestalt ihres Vaters am Ufer nur undeutlich erkennen, aber Philip fühlte sie wirklich und warm neben sich. Sie schaute auf, und er lächelte wieder, leicht spöttisch und doch so
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