Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
Vom Netzwerk:
Handgreiflichkeiten keine angemessene Antwort auf Unstimmigkeiten sind, es
sei denn, das eigene Leben ist in Gefahr.« Sie drehte sich zu dem Mädchen um, einem
sommersprossigen Rotschopf, der nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit seiner Mama
hatte – wenn sie denn die Mama war –, abgesehen von den Augen.
    »War dein
Leben in Gefahr, Olivia?«
    »Nein,
Mama«, erwiderte das Mädchen und ließ seine blauen Augen blitzen, »aber er hat
gesagt ...«
    »Hat dieser
junge Gentleman dich in irgendeiner Weise bedroht?«, fragte ihre Mutter
weiter.
    »Nein,
Mama«, sagte das Mädchen, »aber ...«
    »War es nur
eine Meinungsverschiedenheit?«, wollte ihre Mutter wissen.
    »Ja, Mama,
aber ...«
    »Du hast
die Beherrschung verloren. Was habe ich dir diesbezüglich gesagt?«
    »Dass ich
bis zwanzig zählen soll«, sagte das Mädchen. »Und habe ich sie dann noch immer nicht
wiedererlangt, soll ich noch mal bis zwanzig zählen.«
    »Hast du
das getan?«
    Ein
Seufzer. »Nein, Mama.«
    »Entschuldige
dich bitte, Olivia.«
    Das Mädchen
knirschte mit den Zähnen. Dann holte es tief Luft.
    An
Peregrine gerichtet, legte es los: »Sir, ich bitte demütigst um Entschuldigung.
Es war ein
schreckliches, unaussprechliches und heimtückisches Vergehen, das ich begangen
habe. Ich hoffe, der verhängnisvolle Sturz vom Schemel hat Ihnen keinerlei
bleibenden Schaden zugefügt. Ich schäme mich zutiefst, nicht nur eine unschuldige
Person angegriffen und möglicherweise verletzt, sondern auch meiner Mutter
Schande bereitet zu haben. Doch sollten Sie wissen, dass dies allein meinem unkontrollierbaren
Temperament zuzuschreiben ist – einer Heimsuchung, die mich seit meiner Geburt
verfolgt.« Das Mädchen sank auf die Knie und griff nach seiner Hand.
»Hätten Sie wohl die Güte und Großherzigkeit, lieber Herr, mir bitte zu
vergeben?«
    Peregrine,
der dieser Rede mit zunehmender Befremdung gelauscht hatte, war – vielleicht
zum ersten Mal in seinem Leben – sprachlos.
    Die Mutter
verdrehte ihre unverschämt blauen Augen. »Steh auf, Olivia.«
    Sie hielt
Peregrines Hand umklammert, den Kopf gesenkt.
    Peregrine
warf Benedict einen panischen Blick zu.
    »Vielleicht
verstehst du nun, wie töricht es ist, einer Dame zu widersprechen«, meinte
Benedict. »Suche nicht bei mir um Hilfe. Ich
hoffe, es wird dir eine Lehre sein.«
    Da
Sprachlosigkeit unvereinbar mit Peregrines Wesen war, erholte er sich rasch.
»Ach, steh schon auf«, wies er das Mädchen unwirsch an. »Es war doch bloß
ein Skizzenbuch.« Das Mädchen rührte sich nicht. In gemäßigterem Ton fügte
er hinzu: »Mein Onkel hat recht. Auch ich sollte mich entschuldigen, denn ich
weiß, dass ich allem zustimmen soll, was Mädchen und Frauen und Leute, die
älter sind als ich, sagen. Warum, weiß ich auch nicht. Vielleicht gibt es ja
gar keinen richtigen Grund dafür, zumindest hat mir noch niemand diese Regel
logisch erklären können. Auf jeden Fall hast du mich kaum geschlagen. Ich bin
nur gestürzt, weil ich das Gleichgewicht verloren habe, als ich deinem Schlag
ausweichen wollte, was ich eigentlich gar nicht hätte tun müssen, weil ein
Mädchen sowieso nicht viel Schaden anrichten kann.«
    Olivias
Kopf schoss empor, und ihre Augen versprühten tödliche Funken.
    Natürlich
merkte der Junge nichts davon und fuhr unbeirrt fort: »Dafür braucht es nämlich
Übung, musst du wissen, und Mädchen können ja nie üben. Wenn du regelmäßig üben
würdest, bekämst du wenigstens mehr Kraft im Arm. Was auch erklärt, warum
Lehrer so unverschämt gut im Schlagen sind.«
    Die Miene
des Mädchens wurde sanfter. Anscheinend auf andere Gedanken gebracht, stand es
auf. »Papa hat mir von den schrecklichen Lehrern in England erzählt«,
sagte sie. »Schlagen sie einen wirklich so oft?«
    »Oh ja,
andauernd«, sagte Peregrine.
    Sie wollte
grausige Einzelheiten hören, die er ihr gern erzählte.
    Mittlerweile
hatte Benedict sich wieder gefasst. Zumindest glaubte er das. Während die
Kinder Frieden schlossen, gestattete
er sich, seine Aufmerksamkeit der atemberaubenden Mama zuzuwenden.
    »Ihre
Entschuldigung war wirklich nicht nötig«, sagte er. »Wenngleich sie sehr
... ähm, bewegend war.«
    »Olivia ist
ungeheuerlich«, erwiderte die Dame. »Ich habe schon mehrmals versucht, sie
den Zigeunern zu verkaufen, doch die haben dankend abgelehnt.«
    Die Antwort
verblüffte ihn. Schönheit war so selten mit Witz und Geist gepaart.
    Jeder
andere Mann wäre vor Entsetzen außer sich gewesen. Benedict
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher