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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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verletzt hatte. Dass
sie gar nicht verheiratet, sondern Witwe war, machte keinen Unterschied. Für
eine kurze Weile war er nicht ganz er selbst gewesen, so schien es. Er hatte
sich benommen, als hätte er den Verstand verloren. Als wäre er verzaubert. Oder
verhext.
    Unbedachtes
Verhalten ist einzig Dichtern, Künstlern und anderen überspannten Menschen
vorbehalten, die ihre Leidenschaften nicht zu zügeln wissen.
    Und so saß
er geduldig neben Lady Ordway und lauschte, derweil sie zum nächsten Thema
überging, welches ganz und gar nicht interessant war, und dann zum nächsten,
welches gar noch uninteressanter war, und hielt sich an, dankbar zu sein, weil
sie den Zauber gebrochen und ihn davor bewahrt hatte, eine schockierende
Torheit zu begehen.

Kapitel 2
    Kaum hatten sie die Egyptian Hall
verlassen, knöpfte Bathsheba sich ihre Tochter vor. Kinder, so hatte sie
festgestellt, waren wie Hunde. Ließ man zwischen dem Vergehen und der
zugehörigen Bestrafung oder Strafpredigt zu viel Zeit verstreichen, konnte man
die Sache gleich ganz bleiben lassen, denn die kleinen Übeltäter hätten den
Anlass derweil längst vergessen.
    »Das war
sogar für deine Verhältnisse ungeheuerlich«, sagte sie zu Olivia, als sie
die stark frequentierte Straße überquerten. »Erstens hast du einen Fremden
angesprochen, obwohl dir unzählige Male gesagt worden ist, dass eine Dame dies
nicht tut, es sei denn, ihr Leben ist in Gefahr oder sie benötigt Hilfe.«
    »Damen
dürfen nie etwas Interessantes tun – es sei denn, ihnen wird nach dem Leben
getrachtet«, schmollte Olivia. »Aber du hast gesagt, wir dürften Menschen
helfen, die in Not sind. Der Junge hat so angestrengt die Stirn gerunzelt, dass
ich dachte, er wäre er in ernstlichen Schwierigkeiten. Ich wollte ihm helfen
und ein wohltätiges Werk vollbringen. Hätte er bewusstlos im Graben gelegen,
würdest du bestimmt nicht von mir erwartet haben, dass ich warte, bis man uns
einander vorstellt.«
    »Er lag
aber nicht im Graben«, stellte Bathsheba klar. »Des Weiteren finde ich es
nicht sehr wohltätig, ihn mit seinem Skizzenbuch zu schlagen.«
    »Ich fand,
dass er verzweifelt aussah«, sagte Olivia. »Er hatte die Stirn gerunzelt,
auf seiner
Lippe herumgebissen und ganz kläglich den Kopf geschüttelt. Er malt wie ein
Elefant. Oder wie jemand, der alt und tatterig ist. Dabei war er in Eton und
Harrow – ist das nicht unglaublich, Mama? In Rugby war er auch. Und in
Westminster! Das sind sündhaft teure Schulen, und
man muss ein Junge und ein Schnösel sein, um da überhaupt hingehen zu dürfen.
Und trotzdem kann er nicht mal richtig zeichnen. Ist das nicht
schockierend?«
    »Man lehrt
dort andere Dinge als auf Mädchenschulen«, erklärte ihr Bathsheba. »Außer
Griechisch und Latein lernen die Jungen wenig. Aber hier geht es nicht um seine
Schulbildung, sondern um dein ungehöriges Verhalten. Wie oft habe ich dir schon
gesagt ...«
    Mitten im
Satz hielt sie inne, weil ein schwarzer Phaeton mit halsbrecherischer
Geschwindigkeit um die Ecke gebogen und geradewegs auf sie zugerast kam.
Fußgänger und Straßenverkäufer brachten sich eilig in Sicherheit. Bathsheba zog
ihre Tochter auf den Gehsteig und sah das Vehikel vorbeipreschen. Am liebsten
hätte sie etwas nach dem flegelhaften Fahrer geworfen – einen sturztrunkenen
Vertreter der besseren Kreise, ein hemmungslos kicherndes Flittchen neben sich.
»Hast du den gerade gesehen, mit seinem Liebchen?«, fragte Olivia. »Das
war ein Schnösel, oder? Sie sind immer sofort zu erkennen. Wie sie sich schon
anziehen, wie sie laufen, wie sie fahren. Niemand stört sich daran, was sie
tun.«
    »Eine Dame
weiß nichts von Liebchen und verwendet niemals das Wort Schnösel«, stieß
Bathsheba zwischen den Zähnen hervor. Sie zwang sich, still und leise bis zwanzig
zu zählen, weil sie noch immer dem Phaeton hinterherrennen, den Fahrer vom Bock
zerren und ihm den trunkenen Schädel gegen das Wagenrad schlagen wollte.
    »Es
bedeutet doch nur, dass er Geld hat und von Stand ist«, verteidigte sich
Olivia. »Es ist kein schlimmes Wort.«
    »Es ist
Jargon«, sagte Bathsheba. »Eine Dame würde ihn einen Gentleman nennen.
Diesen Begriff verwendet man sowohl für Männer, die zum Landadel gehören, als
auch für solche, die dem Hochadel und dem Oberhaus angehören.«
    »Ich
weiß«, sagte Olivia. »Papa meinte mal, dass ein Gentleman
jemand sei, der sich seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdient.«
    Jack
Wingate hatte sich seinen
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