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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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war es doch das erste Mal, daß ich eine Ranch zu
sehen bekam. Wir ließen den Wagen unter einem Baum und gingen einige Schritte
zu Fuß. Das Gebäude bestand nur aus wenigen Räumen, von denen uns besonders die
große Halle erwähnenswert erschien. Die Fenster waren blind von Schmutz, auch
von den Balken, die das offene Dach trugen, hingen die Spinnweben. Man sah,
hier hatte lange keine Hausfrau mehr gewirkt. Aus der Halle führte eine
hölzerne Freitreppe nach oben, wo sich ein Schlafzimmer befand. Neben der
Halle, die als Wohnraum diente, war die Küche. An den Wänden hingen verstaubte Jagdtrophäen
als einziger Schmuck, in der Küche kupferne Kessel und Pfannen. Der einfach
gemauerte Herd glänzte pottschwarz vor Ruß.
    Mrs.
Miller war sichtlich verlegen. Alles war so unordentlich, verfallen und
verkommen. Auch der Hausherr entschuldigte sich immer wieder und versicherte,
daß sie nur wenige Tage brauchen würden, Ordnung zu schaffen, könnten sie nur
erst wieder in diesem Haus wohnen und sich in ihm so richtig zu Hause fühlen,
ohne Angst vor Besuchern, die heulten, mit den Zähnen und Skelettknochen
klapperten.
    »Sollte
mich wundern, wenn jetzt kein ungebetener Gast hier ist .« Onkel Berni schnüffelte auffällig mit seiner Bernhardinernase in die Ecken und
in die Höhe, einmal sah er auch Onkel Rab sehr listig an, da er aber weiter
nichts äußerte, dachte ich nichts anderes, als daß er die Witterung des
Hausgespenstes aufnahm.
    Gleichwohl
— auch ich hatte das Empfinden, als ob wir nicht alleine seien. Und ich begann
die Millers zu verstehen, zumal sie ja nicht im mindesten so erfahren im Umgang mit Gespenstern waren wie ich.
    Ich
sagte Cookie, daß wir unser Gepäck aus dem Wagen ins Haus schaffen wollten, und
beabsichtigte, das helle Tageslicht auszunutzen, um von der Ranch einige
stimmungsvolle Aufnahmen zu machen. Mr. Miller ließ es sich nicht ausreden, unsere
Reisetasche zu tragen, er ging also mit uns hinaus, und Onkel Berni raunte
Tante Turkie zu, daß er unter einer großen Eiche seine Pfeife rauchen wollte
und daß sie ihm dabei Gesellschaft leisten solle. Er zwinkerte dabei ziemlich
unverschämt und verschmitzt, und ich vermutete, daß er voller Takt Onkel Rab
ein Minütchen der Zweisamkeit mit Mrs. Miller im Hause verschaffen wollte.
    Tante
Turkie sagte nichts dazu, äugte nur die beiden durch ihre Stielbrille an,
schüttelte den Truthennenkopf, so daß der faltige Hals schlackerte, und
stolzierte dann hinaus.
    Ich
warf noch einen Blick zurück, ehe ich die Türschwelle überschritt. Da saß der
liebe Onkel Rab auf einem Schemel, schlug die Kaninchenbeine übereinander und
redete wie der vollendetste Gentleman — der er ja sicher einmal war — auf Mrs.
Miller ein. Sie hatte sich ebenfalls auf einem Stuhl niedergelassen, hielt die Hände sittsam im Schoß gefaltet und hörte Onkel
Rab so aufmerksam wie liebenswürdig zu. Manchmal lachte sie mit ihrer warmen
Stimme.
    Das
war — wie gesagt — der letzte Anblick Onkel Rabs in der Stube. Wir hatten kaum
den Wagen erreicht, Mr. Miller und Cookie hoben eben den Fotoapparat mit dem
Holzstativ heraus, da erschien mir der liebe Onkel Rab wieder.
    Diesmal
stieg er aber wie der Schornsteinfeger aus dem Kamin, schwarz bis über beide
Löffelohren. Den Oberkörper hatte er schon hinausgezwängt, der Unterkörper und
die Hinterbeine steckten noch im engen Gehäuse.

    Schade,
daß die Gespenster auf keiner Platte festzuhalten waren, was wäre das für eine
Fotografie geworden!
    »Parlikke
— parlukke !« brummte Onkel Berni. So ruft man im
Kasperltheater, wenn der Teufel erscheint.
    Wir
alle gafften nach oben, wo Onkel Rab ängstlich, als sei im Ofen Feuer
angezündet worden, die Hinterfüße herauszerrte und zeterte: »De... de... der
Große Koyote... Unten! — Und der Tödliche Colt! Sie haben die Millie gefangen !« Mr. Miller wurde bleich wie eine Wand, die man mit
frischem Kalk beworfen hat.
    Ich
fuhr Onkel Berni sehr wütend an: »Du hast es gewußt !«
    »Nicht
genau«, antwortete er, paffte aber ruhig weiter. »Es muß ja etwas passieren,
lieber Mac, sonst geschieht ja nichts !« Eine
Bemerkung, die ich so blödsinnig wie richtig fand. »Hören wir uns mal an, was
der saubere Geselle will .«
    Klar,
daß er den Tödlichen Colt meinte. Mein Onkel Rab benutzte inzwischen das Dach
des Hauses als Rutschbahn und landete so geschickt, wie ich es von ihm nun
schon öfter gesehen hatte, auf dem Misthaufen.

Erpressung
     
    Wir
alle machten recht
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