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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night
Autoren: Ed McBain
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sie bei einem Neurologen war, der einen gutartigen Tumor am Nerv ihres linken Gehörnervs entdeckt hat. Wenn er nicht chirurgisch entfernt wird, wird sie auf diesem Ohr bald völlig taub sein. Aber die Chancen, daß…
    »Na, dann müssen Sie natürlich …«
    »Nein«, sagt sie. »Sie verstehen nicht. Selbst wenn ich eine Operation wähle … so drücken sie es aus, Lorenzo, als würde ich einen Präsidenten wählen, eine Operation wählen, können Sie sich das vorstellen? Selbst wenn ich mich für eine Operation entscheide, mich mit einer Operation einverstanden erkläre, selbst dann …«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Ich habe zu lange gewartet, Lorenzo. Der Tumor ist sehr groß, sie können mein Gehör wahrscheinlich nicht retten. Je größer der Tumor, desto kleiner die Chance, das hat er mir gesagt. Der Arzt. Und bei… bei allem, was über drei Zentimeter Durchmesser hat… bei einem Tumor, der größer als drei Zentimeter ist…«
    Und hier fängt sie an zu weinen.
    »Sie können wahrscheinlich … nicht mal … meine Gesichtsnerven retten. Das hat er mir gesagt. Der Arzt.«
    Lorenzo steht hilflos neben dem Bett.
    »Was für einen Sinn hat es also? Meine Hände sind schon tot, ich kann nicht mehr spielen. Soll ich weiterleben, ohne hören zu können? Ohne daß mein Gesicht Gefühle ausdrücken kann? Wann immer ich gespielt habe, haben meine Hände und mein Gesicht alles gesagt, was es zu sagen gab. Wissen Sie, wie man mich genannt hat? Einen Tornado. Einen Tornado aus der Steppe. Einen wilden Tornado. Mein Gesicht und meine Hände. Ein Tornado.«
    Sie schluchzt bitterlich, die Worte kommen nur gebrochen über ihre Lippen…
    »Was bleibt mir noch, Lorenzo? Was? Warum sollte ich weiterleben? Bitte helfen Sie mir.«
    Sie schlägt die Hände vors Gesicht und weint hinein.
    »Bitte«, sagt sie. »Töten Sie mich. Bitte.«
    Er erwidert, das sei absurd.
    Er erwidert, sie müsse sich auf jeden Fall operieren lassen, wie gering die Chancen auch sein mögen, natürlich müsse sie sich operieren lassen. Außerdem soll man keine Entscheidungen treffen, wenn man sich nicht gut fühlt, und sie ist jetzt einfach nur krank…
    »Sehen Sie doch selbst, wie bleich Sie sind!«
    … und wird ganz anders darüber denken, wenn ihre Erkältung abgeklungen ist. Aber sie schüttelt immer wieder den Kopf, während er spricht, nein, nein, nein, sie beharrt darauf, sie habe wirklich lange darüber nachgedacht, und er würde ihr wirklich einen großen Dienst erweisen, wenn er sich nur eine Waffe besorgte und sie tötete.
    »Sie meinen es ernst«, sagt er.
    »Ich meine es ernst.«
    »Svetlana«, sagt er, »nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil wir Freunde sind. Sie sind meine Freundin, Svetlana.«
    »Dann töten Sie mich«, sagt sie. »Nein.«
    »Bitte, Lorenzo. Töten Sie mich. Erlösen Sie mich von meinem Elend. Helfen Sie mir. Bitte!«
    »Nein.«
    »Bitte.«
    »Nein.«
    »Ich bezahle Sie.«
    »Nein.«
    »Ich zahle Ihnen zehntausend Dollar.«
    »Nein.«
    »Zwanzigtausend.«
    »Nein.«
    »Lorenzo, bitte. Bitte.«
    »Nein, Svetlana. Es tut mir leid, nein.«
    »Fünfundzwanzigtausend. Dafür, daß Sie mich töten und sich danach um Irina kümmern. Nehmen Sie sie mit nach Hause, füttern Sie sie, kümmern Sie sich um sie.«
    »Ich kann es nicht. Auf keinen Fall.«
    »Ich würde Ihnen ja mehr bezahlen, aber…«
    »Nein, Svetlana. Bitte. Niemals. Nicht für eine Million. Niemals. Bitte.«
    Aber das ist, bevor er das Geld verliert, das er bei Bernie dem Bankier gesetzt hat.
    Bernie sagt ihm, falls er sein rasantes Englisch richtig versteht, daß er Lorenzo umbringen wird, wenn der nicht bis Sonntag morgen mit dem Geld rüberkommt, das er ihm schuldet. Bernie ist Jude, vermutet er, aber was er sagt, klingt sehr italienisch. Er würde sonst bei seinen kleinen Fischen schwimmen, wirklich sehr italienisch. Lorenzo hat mit genug Buchmachern zu tun gehabt, sowohl italienischen als auch amerikanischen, um zu wissen, daß sie einen nicht unbedingt töten, weil sie das Geld, das man ihnen schuldet, dann nie kriegen werden. Andererseits ist es auch keine erfreuliche Aussicht, daß sie einem die Beine brechen oder ein Auge ausstechen. Er hört sich an, was der kleine Buchmacher ihm sagt, und bezweifelt keinen Augenblick lang, daß Bernie persönlich oder jemand, den Bernie anheuert, ihm so etwas antun wird, wenn er nicht mit den zwanzigtausend Dollar rüberkommt, die er auf diese verdammten Steeler gesetzt hat, was sind Steeler überhaupt, Leute, die
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