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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night
Autoren: Ed McBain
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feucht.
    Jetzt ist es 23 Uhr 10.
    Die Katze ist zu ihnen auf den Flur gekommen. Sie sieht zu ihnen hoch. Zuerst zu Svetlana, dann zu ihm. Als erwartete sie, gefüttert zu werden.
    »Ihr Tragekorb steht in der Küche«, sagt Svetlana. »Auf dem Tisch. Sie ist daran gewöhnt, sie wird glauben, Sie bringen Sie zum Tierarzt.«
    Er sieht sie an, nickt. Schaut zu der Katze hinab. Die Katze reibt sich an seinem Bein. Er bekommt davon eine Gänsehaut. Er schwitzt und fröstelt gleichzeitig.
    »Schwören Sie mir, daß Sie sich gut um sie kümmern.«
    Er schweigt einen Augenblick lang.
    »Schwören Sie«, sagt sie.
    »Ich schwöre.«
    »Schwören Sie mir, daß Sie sie jeden Tag mit frischem Fisch füttern.«
    »Ich verspreche es Ihnen.«
    »Schwören Sie.«
    »Ich schwöre.«
    »Beim Augenlicht Ihrer Mutter.«
    »Ich schwöre es beim Augenlicht meiner Mutter.« Es wird sehr still in der kleinen Wohnung. Er hört, daß in der Küche eine Uhr tickt. Er sieht auf seine eigene Uhr. Es ist fast zwanzig Minuten nach elf. Vom Küchentisch nimmt Svetlana eine braune Papiertüte mit einer Flasche Whisky darin. »Ich trinke«, sagt sie als Erklärung. »Son’ un’ umbriaga«, sagt sie. Ich bin eine Trinkerin. »Alle wissen es.«
    Um die Wahrheit zu sagen, er weiß es nicht. Um die Wahrheit zu sagen, er kennt diese Frau überhaupt nicht.
    Aber er wird sie gleich töten. »Sind Sie bereit?« fragt sie. »Ja«, sagt er.
    Sie steht genau in der Türöffnung. Die Tüte mit der Whiskyflasche liegt in ihrer rechten Armbeuge. Er nimmt den Revolver aus der Manteltasche. Die Katze reibt sich noch immer an seinem Bein, schnurrt. Schweiß perlt auf seinem Gesicht, Schweiß rinnt unter seinen Hemdkragen, Schweiß befeuchtet seine Achselhöhlen und das üppige blonde Haar auf seiner Brust. Seine Hand zittert jetzt heftig.
    »Ich danke Ihnen, daß Sie das für mich tun«, sagt sie.
    Er muß den Revolver mit beiden Händen halten.
    »Kümmern Sie sich gut um Irina«, sagt sie und schließt die Augen.
    Im Verhörraum wurde es still.
    »Dann haben Sie sie erschossen?«
    »Ja.«
    »Wie oft haben Sie geschossen?«
    »Zweimal.«
    »Haben die Schüsse sie getötet?«
    »Ja.«
    »Was haben Sie dann getan?«
    »Dann habe ich die Katze erschossen.«
    Nellie sah ihn an.
    »Warum haben Sie das getan?« fragte sie.
    »Ich wollte mich nicht um sie kümmern müssen. Ich weiß, ich habe es Svetlana versprochen. Aber man kann Katzen nicht trauen.«
    Männern auch nicht, dachte Nellie.
    »Also haben Sie ihr Geld genommen…«
    »Ja, aber nur, weil ich befürchtet habe, Bernie würde mir etwas antun.«
    »Haben Sie ihm die zwanzigtausend Dollar gegeben, die Sie ihm schuldeten? Oder haben Sie ihn auch beschissen?«
    »Ich weiß nicht, was >beschissen< bedeutet.«
    »Erklären Sie ihm, was es bedeutet, jemanden zu bescheißen«, sagte Nellie zu dem Ubersetzer.
    »Haben Sie je ein Restaurant verlassen, ohne dem Kellner ein Trinkgeld zu geben?« fragte McNalley.
    »Ich gebe Kellnern immer ein Trinkgeld«, sagte Lorenzo. »Was hat das mit Bernie zu tun?«
    »Sie fragt, ob Sie ihm gegenüber auch wortbrüchig geworden sind«, sagte Moscowitz. »Das meinen Sie doch, Frau Kollegin, oder?«
    »Es kommt dem jedenfalls sehr nah«, sagte Nellie. »Fragen Sie ihn«, sagte sie zu McNalley, der die Frage sofort übersetzte.
    »Ich habe weder ihm noch sonst jemandem gegenüber mein Wort gebrochen«, erwiderte Lorenzo. »Ich habe niemanden beschissen, wie auch immer Sie es ausdrücken. Ich habe Bernie sein Geld gegeben, und ich habe alles getan, wofür Svetlana mich bezahlt hat. Bis auf die Katze.«
    »Genau, bis auf die Katze«, sagte Nellie. »Der Katze haben Sie in den Kopf geschossen.«
    »Nun ja.«
    »Oder etwa nicht?«
    »Ja. Ich kann Katzen nicht ausstehen.«
    »Na so was«, sagte Nellie. »Ich mag Katzen sehr.« Und ich bin die Staatsanwältin, dachte sie. »Was haben Sie mit den restlichen fünftausend Dollar getan?«
    »Auf Pferde gesetzt.«
    »Haben Sie gewonnen?«
    »Verloren.«
    »In jeder Hinsicht«, sagte Nellie.
     
    Während des ganzen Mittagessens schimpfte Priscilla darüber, daß ihre schäbige Großmutter ihr nur fünftausend Mäuse hinterlassen hatte. Georgie mußte immer wieder an die fünfundneunzig Riesen denken, die er in einem schwarzen Lederslipper in einem Schuhkarton in seinem Schrank versteckt hatte.
    Als er in seine Wohnung zurückkehrte, sah er zuerst nach dem beiseite geschafften Geld. Da war es, in einem funkelnagelneuen Umschlag mit einem Gummiband
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