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Londons Albtraum-Nächte

Londons Albtraum-Nächte

Titel: Londons Albtraum-Nächte
Autoren: Jason Dark
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wussten ja, dass er Recht hatte. Als er im leeren Vorzimmer verschwunden war, schauten Suko und ich uns an. Nicht eben optimistisch und voller Frust.
    »Was wissen wir bisher?«, fragte mich mein Freund und Kollege.
    »Nichts.«
    »Wieso?«
    »Ja, wir wissen nichts.«
    »Irrtum. Wir haben die Stimme.«
    »Na und?«
    »Es ist eine männliche Person auf dem Band zu hören. Da können wir schon die Frauen ausschließen.«
    »Und weiter?«
    Er lächelte. »Wäre es möglich, dass wir es mit einem alten Bekannten zu tun haben?«
    »Es ist alles drin.«
    »Fällt dir dazu jemand ein?«
    Ich war leicht angefressen. Mir ging Suko’s Fragerei auf die Nerven. »Nein, mir fällt niemand dazu ein, das ist es ja. Ich habe lange genug über die Stimme nachgedacht, aber sie hat einfach zu neutral geklungen. Da muss ich passen.«
    »Aber er kennt uns.«
    »Leider.«
    »Und da wäre es möglich, dass er uns ebenfalls nicht unbekannt ist, John. Das kannst du drehen und wenden, wie du willst, aber das ist nun mal so.«
    Ich winkte ab, denn ich war dieses Thema einfach leid. »Warten wir die Zeit ab, dann sehen wir weiter. Ich weiß verdammt genau, wie frustrierend das alles ist, aber uns werden schon früh genug die Augen geöffnet werden.« Ich schaute auf die Uhr.
    »Hast du es eilig?«
    »Nein«, sagte ich und drehte den Kopf, weil ich einen Blick durch das Fenster werfen wollte. Draußen hatte das Tageslicht den Kampf gegen die einbrechende Dämmerung aufgegeben. Es dunkelte. Schwere Wolken hingen am Himmel. Die Temperaturen hielten sich einige Grade über dem Gefrierpunkt, und in der vergangenen Nacht war etwas Regen gefallen. Ein trister Wintertag, wie er für Mitteleuropa so typisch ist. Nichts, das die Menschen zu einem sonntäglichen Spaziergang nach draußen trieb.
    »Hast du dich noch mit Shao verabredet?«
    Suko schüttelte den Kopf. »Ich habe ihr erklärt, dass es länger dauern kann.«
    »Dann könnten wir etwas essen.«
    »Nicht schlecht. Wo?«
    »In Soho?«
    Suko lächelte. »China Town?«
    »Einverstanden. Vorausgesetzt, es gibt dort keinen großen Ärger.« Ich dachte dabei an einen Fall, der uns vor einigen Monaten Probleme bereitet hatte.
    »Im Moment ist es ruhig.«
    »Dann lass uns gehen.«
    Suko blieb noch sitzen. Als ich schon an der Tür war, stellte er eine Frage. »Erhoffst du dir etwas davon, wenn du in China Town essen gehst?«
    »Du nicht?«
    Er lachte. »Du gehst davon aus, dass meine Vettern etwas wissen, nur weil China Town in Soho liegt.«
    »Das hatte ich tatsächlich im Hinterkopf.«
    »Okay, du hast gewonnen. Man muss eben jeder Spur nachgehen, und ist sie noch so dünn...
    Die chinesische Gemeinde existierte seit dem
    19. Jahrhundert in London. Ursprünglich um die Hafenanlagen des West End angesiedelt, hatten sich dort zahlreiche Opiumhöhlen etabliert, die immer wieder in den zahlreichen Dramen aus viktorianischer Zeit eine Rolle spielten. Damals war die Gemeinde recht klein und übersichtlich gewesen.
    Das änderte sich, als in den 50er Jahren des
    20. Jahrhunderts immer mehr chinesische Einwanderer nach London kamen. Der Platz wurde zu klein. Man zog nach Soho und gründete dort eine eigene Chinatown, so dass der Ferne Osten nach London transportiert wurde. Man konnte dort die exotischsten Waren kaufen. Es gab Hunderte von Läden, kleine Restaurants, verschachtelte Häuser, Hinterhöfe, Geheimgänge, ein regelrechtes Sammelsurium auch an Kuriositäten, in dem sich nur die wenigsten Menschen auskannten. Ich schon gar nicht und Suko nur recht wenig.
    Die Chinesen hielten natürlich zusammen. Für einen Europäer war es so gut wie unmöglich, diese lächelnde Mauer aus Schweigen zu durchbrechen, das hatte ich früher auch erlebt, aber bei Suko war das etwas anderes. Er war zum einen Chinese, und er war auch in dieser Umgebung bekannt. Man wusste, für wen er arbeitete, und sicherlich war man auch irgendwie stolz auf ihn.
    Ich hatte meinem Freund die Wahl des Lokals überlassen. In Chinatown findet man normalerweise keinen Parkplatz, doch auch hier konnte ich mich auf Suko verlassen.
    Er selbst lenkte den Rover und fuhr in eine schmale Einfahrt hin, die in einem düsteren Hinterhof endete, in den auch im Sommer kaum Licht hineinfiel.
    Wie durch ein Wunder gab es tatsächlich einen freien Parkplatz für uns. Als hätte der auf unseren Rover gewartet.
    »So, das wär’s«, sagte Suko und lächelte mich an.
    Ich war leicht verwundert. »Und du glaubst, dass wir den Wagen hier lassen
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