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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart
Autoren: Guttenberg Biographie
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davon der Sehnsucht des durch große Koalition, Merkel und Steinmeier
gelangweilten Publikums geschuldet ist und wie viel die aktive Inszenierung
durch den Hauptdarsteller beiträgt. Wie meistens im Leben ist es eine
Mischung. Deren nicht sehr geheimes Rezept heißt: Guttenberg und seine Truppe,
zu der von Anfang an seine Frau gehört, zielen auf ein Publikum, das Politiker
in erster Linie über Fernseh-Talkshows, Hochglanzzeitschriften oder höchstens
noch Boulevardzeitungen wahrnimmt. Dass diese Methode in den Kommentarspalten
der seriösen Zeitungen auch auf Kritik stößt, nimmt Guttenberg in Kauf.
    Doch wie ist das eigentlich mit
der Inszenierung des fränkischen Shootingstars? Treibt er es wirklich für
einen Politiker zu toll? Will ihm jemand vorwerfen, dass er in einer Wahlkampfhalle
oder einem bayerischen Festzelt gut ankommt? Das versuchen die anderen
schließlich auch alle, die meisten kriegen es nur nicht so gut hin. Eine hohe
Dosis an Talkshow-Auftritten Guttenbergs ist nicht zu bestreiten, und wenn sie
- wie im Dezember 2010 - mit Johannes B. Kerner in
Afghanistan bei einem Truppenbesuch stattfinden, dann ist die Frage erlaubt,
wie wichtig dem Minister bei einem solchen Besuch die sicherheitspolitischen
Inhalte sind und ob es nicht vielmehr um die Showeinlage geht.
    Doch seine Inszenierungen sind
weitestgehend auf die Politik beschränkt. Die Kinder? Das Schloss? Sportliche
Aktivitäten oder andere Freizeitvergnügungen? Es gibt kaum Home-Storys, bloß
einen größeren Film im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über die Familie samt
Schloss in Guttenberg, aber inflationär ist das nicht.
    Andere Politiker haben in dieser
Hinsicht lange vor Guttenberg ganz anders hingelangt. Joschka Fischer, der prominenteste
aller Grünen-Politiker, schrieb ein Buch über sein innerstes Befinden, über das
Joggen, seinen »langen Lauf« zu sich selbst. Zeitweise lockte er mit seinen
sportlichen Betätigungen mindestens so viele Kameras an wie mit seinen politischen
Auftritten. Gerhard Schröder posierte in modischen Anzügen eines italienischen
Edelschneiders und inszenierte sich als Zigarrenraucher. Guido Westerwelle zog
in den RTL-Container bei »Big Brother« ein. Alles das hatte nicht das Geringste
mit Politik zu tun, sondern war der Versuch, auf fachfremdem Gebiet Sympathien
zu sammeln, in der Hoffnung, dass diese sich auf die politische Zustimmung
positiv auswirken würden.
    Da aber Karl-Theodor weiß, wie
schwer es ist, das Wohlwollen der Menschen nur mit verteidigungspolitischen
Themen zu erwerben, hat er für die breite gesellschaftliche Akzeptanz der
Marke Guttenberg von Anfang an eine enge Mitarbeiterin: seine Frau Stephanie.
Sie ist dafür zuständig, die harten politischen Themen ihres Mannes - Krieg,
Wehrpflicht, Leute rausschmeißen, Ministerium halbieren - zu ergänzen. Ist sein
Part in Afghanistan der Frontbesuch (Männer unter sich), spricht sie mit den
Soldatinnen »von Frau zu Frau«. Doch hat sie ein ebenfalls hartes Thema, und
das schon aus einer Zeit, da ihr Mann noch nicht Minister war: den Kampf gegen
sexuellen Kindesmissbrauch.
    Immer wieder wird der Minister
angesprochen auf den Hype um seine Person. Er versucht, ihn herunterzureden.
Etwa bei der Verleihung des Deutschen Kulturförderpreises am 9. September 2010, wo er die
Festrede hält, stellt ihn die ZDF-Moderatorin als ein echtes »Phänomen« dar:
»Egal ob bei > Wetten, dass ... ?< oder im afghanischen Kampfgebiet, er
glänzt - und das kann nicht immer nur an seiner Frau liegen.« Guttenberg
antwortet mit einem Scherz, den er in ähnlichen Variationen häufiger macht:
»Wenn man mir die Möglichkeit zum Glänzen nehmen will, dann muss man mir nur
das Haargel wegnehmen.« Drei Tage später nimmt er das Thema bei »Beckmann«
wieder auf, benutzt dann, wie so oft, die unpersönliche >man<-Form: »Man
ist genauso fehlerhaft wie jeder andere auch.« Zu seiner Popularität sagt er:
»Ich kann mir all das nicht erklären, das kann an einem Tag weg sein.«
    Immer wieder bemüht Guttenberg
sich, den Eindruck zu erwecken, er sei Realist, was die Dauer seiner
Superpopularität angeht. Im Dezember 2010 versucht
er das »ungeschriebene, aber stets bewiesene Gesetz des politischen Lebens«
ins Positive zu wenden: »Wenn man sich bewusst ist, dass jeden Tag mit einem
unglaublichen Lärm plötzlich auch eine solche Karriere zu Ende gehen könnte,
kann man unbefangener arbeiten.« Ihm wohlgesinnte, erfahrene Kollegen aus der
Union haben Guttenberg auf
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