Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
rief er.
    Der Lord zögerte.
    »Fünfhundert Silberstücke für den Teppich Fatimas, der Blühenden und Duftenden!«
    Der Lord wandte sich zum Gehen.
    »Vierhundert!«
    »Zweihundert! Für meinen Lebensretter!« sagte der Lord in der Tür.
    Die Zeit drängte, die Dampfsirene tutete das erste Mal, Mustafa schloß die Augen vor Schmerz, rief: »Zweihundertfünfzig, ein Sonderpreis, nur für Sie!«
    Die Dankbarkeit siegte. Auf einen Wink des Lords zückte John die krokodillederne Brieftasche und bezahlte.
    Als der Dampfer später Sultanien verließ, lag tief unten in seinem Bug ein Teppichballen, zusammengerollt und verschnürt. Und Seine Lordschaft stand am Schiffsgeländer und warf einen letzten Blick auf die Kuppeln und Minarette der Stadt. Er dachte nicht mehr an seinen geraubten Koffer, er dachte an den Kalifen von Bagdad, an Fatima, die dreizehnte Tochter Harun al Raschids... Er dachte daran, was für eine hübsche Geschichte er also seinen Freunden erzählen würde, erfreut klatschte er in die Hände, erfreut rieb er sich die Hände — und er lächelte.

Des Sultans Sorgen

    Während all dies geschah, verging kaum mehr als eine Stunde. Der Spaziergang des Kamels und der Teppichkauf des Lords ereigneten sich ja ungefähr zur gleichen Zeit.
    Und während das Kamel in ohnmächtigem Zorn seine Gefangennahme erdulden mußte und Mylord die Küste Sultaniens verschwimmen sah, saß der Sultan ungeduldig am Frühstückstisch.
    »Wie lange soll ich denn noch warten?« rief er. »Wo bleibt das Kamel? Ich möchte frühstücken. Es weiß doch, daß ich erst nach dem Frühstück meine geliebte Wasserpfeife rauchen darf!«
    Löwe lag zu des Sultans Füßen und bemerkte, daß er sich auch keinen Reim darauf machen könne, und Ka fragte: »Seit wann dichtest du, Löwe?« Aber Löwe hatte nur eine allgemeine Redewendung gebraucht, die ausdrückte, daß auch ihm das Ausbleiben des Kamels ein Rätsel sei.
    Übrigens hatte Ka schlecht geträumt, und er dachte angestrengt darüber nach, was für ein Traum es wohl gewesen war? Da es ihm aber nicht einfiel, sagte er, auf das Kamel bezogen: »Vielleicht klopft es Teppich?«
    Der Sultan klatschte in die Hände, und nach ungewöhnlich langer Zeit erschien der Haushofmeister. Er wagte sich nicht herein, er blieb an der Tür stehen, im Gesicht so weiß wie die Kalkwand, und verbeugte sich ununterbrochen, immerzu knickte er zusammen, als sei ein Uhrwerk in ihm eingebaut.
    »So hör schon auf!« rief der Sultan. »Eine schrecklich unpraktische Sitte ist das — sie muß unbedingt abgeschafft werden. — Wo ist das ehrwürdige Kamel, Haushofmeister?«
    »Ka-ka-ka...«
    »Ja, bitte?« fragte Ka.
    »...ka-keine Ahnung! — Es ist sehr früh ausgegangen!«
    »Ach, ausgeflogen!« krähte Ka und lachte dabei, denn dies sollte ein Witz sein.
    »Auf dem Teppich?« Der Sultan konnte es kaum glauben.
    »A-a-ach nein, als das ehrwürdige Kamel wegging, war der ehrwürdige Teppich bereits verschwunden!«
    »Jetzt wird es spannend!« knurrte Löwe und richtete sich auf.
    Der Haushofmeister warf sich auf die Knie, beteuerte seine Unschuld und berichtete alles, was er vom Teppich, vom Besuch des Lords und vom Spaziergang des Kamels wußte.
    Alles war dem Sultan gleichermaßen unangenehm. Er entließ den Haushofmeister, um mit seinen Freunden zu beraten. »Gerade heute brauchen wir den Teppich so dringend!« murmelte er. »Wie wollen wir ohne ihn die Teufel der Weltmeere verfolgen?«
    »Wer weiß, ob das Kamel nicht doch auf ihm ausgeflogen ist«, plapperte Ka, »nur so zum Spaß! — Wartet mal zehn Minuten auf mich! Das werde ich gleich herausgefunden haben!« Er flatterte durch die offene Fensteröffnung, drehte sich noch einmal kurz um und rief:

    »Aus ist es mit der Dichterei,
    beim Helfen ist der Ka dabei!«

    Der Sultan und Löwe blieben im Raum allein zurück. Sie sahen aus, als ob sie über ein ganz kniffliges Rätsel nachdächten.

Kleiner Irrtum

    Ka, der fröhliche buntschillernde Kakadu, flog über die lärmende, farbige Stadt. Er schaute freilich weniger in die Tiefe, er äugte vielmehr in den blauen Himmel und versuchte, am Horizont oder zwischen den segelnden Wattewolken den fliegenden Teppich mit dem Kamel darauf zu entdecken.
    Nachdem er eine Weile im Kreis herumgeflogen war und sich dabei immer weiter vom Palast entfernt hatte, kam er fast bis ans Atlasgebirge und später sogar über das offene Meer. Aber nichts erregte seine Aufmerksamkeit. Auch die Dampfer auf hoher See nahm er kaum zur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher