Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
nichts vom Aufgebot seines Bruders, und er wird auf uns alle zornig sein, und wenn Owain zornig ist, dann verhalte ich mich lieber vorsichtig. Und gerade das habe ich nicht getan, als ich mit Cadwaladr mitzog. Ich wünsche von Herzen, ich hätte mich herausgehalten. Ich wollte Euren Damen nichts zuleide tun, aber wie sollte ich mich heraushalten, da ich schon mittendrin war? Und mich dann auch noch gefangennehmen lassen! Von einer Handvoll alter Frauen und Bauern! Man wird mich daheim verachten, ich werde als Hanswurst dastehen.« Das klang eher angewidert als niedergeschlagen, und dann zuckte er die Schultern und grinste sogar belustigt, als er daran dachte, wie man ihn auslachen würde; trotzdem war diese Aussicht schmerzlich. »Und wenn ich Owain viel koste, dann spricht wieder etwas gegen mich. Er ist kein Mann, der gerne Gold bezahlt, um Idioten zurückzukaufen.«
    Der junge Mann machte auf den zweiten Blick einen erheblich besseren Eindruck. Er gab es aufrichtig und mit männlicher Würde zu, verloren zu haben, und erkannte an, daß daran nur er selbst schuld war. Cadfaels Herz flog ihm zu.
    »Ich will Euch etwas verraten. Je höher Euer Wert ist, desto willkommener seid Ihr Hugh Beringar, der Euch hier festhält. Und es geht dabei nicht um Gold. Ein Herr, der Sheriff dieser Grafschaft, wird höchstwahrscheinlich in Wales gefangengehalten, wie Ihr hier, und Hugh Beringar will ihn zurückbekommen. Wenn Ihr ihn aufwiegen könnt und wenn er lebend dort gefunden wird, dann seid Ihr schon so gut wie zu Hause. Und ohne daß es Owain Gwynedd, der eigentlich nie die Finger in diese Angelegenheit stecken wollte, etwas kostet; er wird froh sein, dies beweisen zu können, indem er uns Gilbert Prestcote zurückgibt.«
    »Ist das Euer Ernst?« Der Junge war wieder lebhafter und riß erregt die Augen auf. »Dann sollte ich also reden? Ich habe gute Aussichten, freigelassen zu werden und sowohl den Walisern als auch den Engländern zu Gefallen zu sein? Das wäre ein besserer Ausgang, als ich je erwartet hätte.«
    »Und als ihr verdient habt!« sagte Cadfael unverblümt und sah, wie sich der glatte braune Hals versteifte. Dann entspannte er sich plötzlich wieder, die schwarzen Locken wirbelten herum und das breite Grinsen erschien. »Aha, Ihr seid also bereit«, fuhr Cadfael fort, »dann erzählt jetzt gleich Eure Geschichte, solange ich hier bin, denn ich bin äußerst neugierig. Aber Ihr sollt sie nur einmal erzählen; laßt mich Hugh Beringar holen, damit wir vorankommen. Warum hier auf Steinen im Dunkeln liegen, wenn Ihr Euch auf den Burgwällen die Beine vertreten könntet?«
    »Ihr habt mich überzeugt!« sagte der Junge und strahlte hoffnungsvoll. »Bringt mich zur Beichte, und ich werde nichts verschweigen.«
    Nachdem er sich einmal entschlossen hatte, sprach er freudig und wortreich; er war von Natur eine nach außen gewandte Seele und schwieg nur ungern. Seine Zurückhaltung mußte eine unglaubliche Selbstkontrolle erfordert haben. Hugh hörte ihm mit unbewegtem Gesicht zu, doch Cadfael kannte ihn inzwischen gut genug, um jedes winzige Zucken der schmalen, ausdrucksvollen Augenbrauen und jedes Glitzern in den schwarzen Augen deuten zu können.
    »Mein Name ist Elis ap Cynan, meine Mutter war eine Cousine von Owain Gwynedd. Er ist mein Oberlehnsherr, und er ließ mich von meinem Ziehvater erziehen, zu dem er mich nach dem Tode meines Vaters gab. Das ist mein Onkel Griffith ap Meilyr, bei dem ich mit meinem Vetter Eliud aufwuchs, als wäre er mein Bruder. Griffiths Frau ist eine entfernte Verwandte des Prinzen, und Griffith ist unter seinen Offizieren sehr geachtet. Owain schätzt uns. Er wird mich gewiß nicht in Gefangenschaft darben lassen«, sagte der junge Mann selbstbewußt.
    »Und das, obwohl Ihr Euch mit seinem Bruder in eine Schlacht gestürzt habt, aus der er sich heraushalten wollte?« fragte Hugh ohne zu lächeln, doch mit milder Stimme.
    »Ganz bestimmt«, beharrte Elis fest. »Aber um die Wahrheit zu sagen, wünsche ich, ich hätte nie mitgetan, und wahrscheinlich werde ich es noch aufrichtiger wünschen, wenn ich zurückgehen und ihm unter die Augen treten muß. Er wird mir wahrscheinlich das Fell über die Ohren ziehen.« Doch er schien nicht besonders deprimiert, als er diesen Gedanken äußerte, und sein plötzliches Grinsen, das in Hughs ungewohnter Gegenwart allerdings etwas unsicher blieb, brach dennoch einen Augenblick durch. »Ich war ein Narr. Nicht zum erstenmal - und ich würde meinen, nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher