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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten
Autoren: Ellis Peters
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ein gutes Stück entfernt zwar, doch mittlerweile müssen sie schon in der Vorstadt sein. Das Tor ist für sie geöffnet.
    Kommt doch ans Feuer, Cadfael, und wartet mit mir auf ihn.«
    Sie zog ihn bei den Händen herein und schloß die Tür so resolut hinter ihm, als wolle sie die Nacht und ihre schmerzende Ungeduld aussperren.
    »Er ist es bestimmt«, sagte sie, als sie in Cadfaels Gesicht den Widerschein ihrer eigenen ergebenen Liebe und ihrer Furcht sah. »Man hat seine Farben erkannt. Und die Truppe marschiert wohlgeordnet. Aber eines weiß ich - nämlich, daß sie nicht mehr ganz so stark sein wird, wie sie auszog.«
    Das gewiß nicht. Wer in die Schlacht zieht, kehrt nie ohne klaffende Wunden in den eigenen Reihen zurück. Eine wahre Schande ist es, daß die Anführer meist nichts dazulernen und daß die wenigen klugen Männer unter den Geführten kaum jemals in die Lage kommen, etwas von ihrer Weisheit weiterzugeben. Doch unverbrüchlicher Glaube und Treueschwüre wiegen schwerer als jede Furcht, dachte Cadfael, und dies ist vielleicht, selbst im Angesicht des Todes, die wahre Tugend. Denn schließlich ist der Tod das, was jeder von Geburt an erwarten kann. Kein Held und kein Feigling kann ihm entgehen.
    »Hat er denn keine Boten vorausgeschickt, um zu verkünden, wie es ausging?« fragte er.
    »Nein. Aber wie man hört, steht es nicht zum besten.« Sie sagte es fest und frei heraus und strich sich mit ihrer kleinen Hand das helle Goldhaar aus der Stirn. Ein schlankes Mädchen, einundzwanzig Jahre jung, Mutter eines einjährigen Sohnes und so hell, wie ihr Gatte dunkelhäutig war. Aus dem schüchternen Mädchen war eine junge Frau mit sanfter Würde geworden.
    »Es ist eine ganz und gar unberechenbare Woge, die uns alle hier in England treibt und trägt«, sagte sie. »Sie kann nicht ewig in die gleiche Richtung strömen, es muß auch eine Ebbe geben.« Sie sprach feurig und gleichzeitig realistisch; es schien sie nicht zu kümmern, was sie diese Aufrichtigkeit kosten konnte. »Ihr habt sicher noch nicht gegessen, sondern das Abendbrot ausgelassen«, fuhr sie dann fort, ganz Hausfrau.
    »Setzt Euch und hütet eine Weile Euer Patenkind. Ich will Euch gleich Fleisch und Dünnbier bringen.«
    Der kleine Giles, mit einem Jahr schon recht groß, hielt sich an Bänken, Gestellen oder Schränken aufrecht, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er bewegte sich vorsichtig, doch mit erstaunlicher Geschwindigkeit durch das Zimmer zum Schemel am Kamin, um ohne Hilfe auf Cadfaels Schoß zu klettern. Munter schnatterte er Worte, die er zumeist selbst erfunden hatte, wenn auch hin und wieder ein Laut den Erwachsenen verständlich war. Seine Mutter und ihre Zofe Constance, ihre ergebene Dienerin, sprachen viel mit ihm, und dieser vornehme Sprößling lauschte und gab alles zungenfertig zurück. Adlige Schreibkundige, dachte Cadfael, während er das stämmige Bürschlein behaglich in den Armen wiegte, können wir gar nicht genug haben. Ob er sich für die Kirche oder das Schwert entscheidet, mit einem behenden und geschulten Geist ist er in jedem Falle gut gerüstet. Wie ein junger Hund verströmte Hughs Nachkomme eine glühende Wärme auf seinem Schoß und den an frischgebackenes Brot erinnernden Geruch junger, makelloser Haut.
    »Er wird nicht schlafen«, sagte Aline, als sie zurückkam und ein Holztablett auf die Kommode neben dem Kamin setzte, »denn er weiß, daß etwas in der Luft liegt. Fragt mich nicht wie, ich habe ihm kein Wort verraten, aber er weiß es. So, nun gebt ihn mir und langt zu. Vielleicht müssen wir lange warten, denn auf der Burg gibt es wohl allerhand zu erledigen, bevor Hugh zu mir kommen kann.«
    Es dauerte mehr als eine Stunde, bis Hugh eintraf.
    Constance hatte unterdessen die Überbleibsel von Cadfaels Abendbrot abgeräumt und den schläfrigen Stammhalter hinausgetragen, der allen seinen Bemühungen zum Trotz die Augen nicht mehr aufhalten konnte und in ihren Armen in entspannter Selbstvergessenheit weiterschlummerte, als sie ihn hochnahm.
    Trotz Cadfaels scharfer Ohren war es Aline, die als erste den Kopf hob, als sie die leichten Schritte vor der Tür hörte. Ihr strahlendes Lächeln verblaßte plötzlich, denn die Füße bewegten sich zögernd.
    »Er ist verletzt!«
    »Nur steif vom langen Ritt«, sagte Cadfael rasch. »Seine Beine werden ihm noch lange dienen. Er kann laufen und rennen, und was wirklich nicht ganz in Ordnung ist, wird heilen.«
    Sie stürzte hinaus, und Hugh zog sie in seine
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