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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten
Autoren: Ellis Peters
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Gott weiß, was jetzt kommen mag, aber ich weiß, was ich zu tun habe. Mein Sheriff ist außer Reichweite, und niemand ist hier, der einen Nachfolger benennen könnte. Also muß ich, so gut ich es vermag, diese Grafschaft beschützen, und das werde ich tun, bis sich das Blatt wieder wendet. König Stephen nämlich wurde in Lincoln bezwungen und als Gefangener nach Gloucester verschleppt.«
    Als seine Zunge gelöst war, wollte er sogleich die ganze Geschichte erzählen, sowohl um sich selbst noch einmal Klarheit zu verschaffen als auch um seine Zuhörer zu unterrichten. Er war jetzt Herr eines ganzen Landes, das er im Auftrag eines unglücklichen Königs halten und schützen mußte, und es war seine Aufgabe, das Land so zu hüten, daß es in seinen Grenzen unverletzt blieb, bis wieder ein wirklicher Herrscher an der Spitze stand.
    »Ranulf von Chester stahl sich aus der Burg von Lincoln und schaffte es, die ihm feindliche Stadt zu verlassen, ehe wir in die Nähe kamen. Er wandte sich in großer Eile an Robert von Gloucester und versicherte der Kaiserin seine Treue im Kampf gegen uns. Chesters Frau ist schließlich Roberts Tochter, und der hatte sie beim Herzog von Lincoln im Schloß gelassen. Die ganze Stadt stand unter Waffen und brodelte um sie herum.
    Das gab ein Willkommen, als Stephen mit seinem Aufgebot eintraf - die Stadt lag ihm zu Füßen. Arme Hunde, sie haben danach schwer dafür gebüßt. Nun denn, da waren wir, die Stadt war unser und die Burg unter Belagerung, und mit dem Winter auf unserer Seite und der Entfernung, die Robert zu überwinden hatte und bei all dem widrigen Schnee und den Überschwemmungen hätte jeder gesagt, daß alle Vorteile auf unserer Seite lagen. Doch ein Robert läßt sich nicht so leicht beirren.«
    »Ich war noch nie im Norden«, sagte Cadfael mit einem Glitzern im Auge und einer Unruhe im Blut, die er nur mühsam unterdrücken konnte. Die Zeit seiner Waffengänge war vorbei, er hatte alledem abgeschworen, doch er sehnte sich immer noch nach dem Prickeln des Kampfes, in den seine Freunde sich wagen durften. »Lincoln soll eine hügelige Stadt sein, und die Garnison sehr beengt. Robert oder nicht, die Stadt sollte leicht zu halten sein. Was kam dazwischen?«
    »Nun, zwar unterschätzten wir Robert wie immer, aber das allein wäre noch nicht verhängnisvoll gewesen. Nach dem Regen, den es da oben gegeben hatte, war die Flußbiegung im Süden und Westen der Stadt überschwemmt, die Brücke war bewacht und die Furt unpassierbar. Aber Robert passierte sie dennoch. Er stürzte sich in die Flut, und was konnten seine Männer tun, außer ihm zu folgen? ›Der Weg führt nach vorn, niemals zurück!‹ rief er - das hat uns ein Gefangener erzählt.
    Und da sie dichtgedrängt das Wasser durchquerten, kamen sie fast ohne Verlust hinüber. Oh, natürlich hätten sie bergauf gemußt, aus den überschwemmten Niederungen zu uns auf den Hügel - wenn Stephen nicht eben Stephen wäre! Der größte Teil ihrer Truppe lagerte unten in den feuchten Feldern, und bei der Messe hatten alle heiligen Zeichen gegen sie gesprochen - Ihr wißt ja, daß Stephen mitunter auf solche Zeichen etwas gibt -, ja, und was meint ihr, was er tat? Mit dieser wahnwitzigen Ritterlichkeit, Gott weiß, ich liebe ihn dafür genauso, wie ich ihn verfluche, führt er doch seine Truppen vom Hügel herunter in die Ebene, um sich dem Feind unter ausgeglichenen Bedingungen zu stellen.«
    Hugh ließ die Schultern gegen die massive Wand sinken, hob die Augenbrauen und grinste, zwischen Bewunderung und Verzweiflung schwankend.
    »Sie hatten sich auf das höchste und trockenste Stück Land zurückgezogen, das sie finden konnten, und das war eine halb gefrorene Marsch. Robert hatte alle Enteigneten - Mauds Lehnsmänner, die in ihrem Dienst im Osten Land verloren hatten - mit Pferden versorgt und sie in die erste Reihe gestellt, da sie nichts zu verlieren und alles zu gewinnen hatten und zuallererst Rache nehmen wollten. Und unsere Ritter hatten alles zu verlieren und nichts zu gewinnen und waren weit von ihren Burgen und Ländereien entfernt; sie sehnten sich danach, zurückzukehren und ihre Verteidigungsanlagen zu befestigen.
    Und dann waren da die walisischen Horden, die auf Plünderungen aus waren und die ihr Hab und Gut wohlbehalten und sicher im Westen wußten, völlig unbedroht. Was hatten wir zu erwarten? Als die Enteigneten unsere Reiter angriffen, verloren fünf Grafen die Nerven und flohen. Links trieben Stephens Flamen die
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