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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung
Autoren: Deborah Hale
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Weile, bis Gwenyth mit ihrer Erzählung fortfahren konnte.
    „Als ich die vielen Bücher sah, die in Euer Zimmer gebracht wurden, Ma’am, da dachte ich bei mir: Wer immer sie sein mag, diese Lady, auf alle Fälle passt sie gut zu unserem Herrn. Er hat nämlich auch eine Unmenge von Büchern. Mehrere Zimmer sind damit angefüllt. Und er verbringt die meiste Zeit in seiner Bibliothek, liest dort in dicken Wälzern und raucht seine Pfeife. Und er spießt einen förmlich mit den Blicken auf, wenn man ihn dabei stört. Er ist nämlich kein besonders geselliger Mensch, müsst Ihr wissen. Das Festmahl heute war die erste Vergnüglichkeit, seit ich in diesem Hause bin.“
    Ein scharfes Klopfen an der Tür ließ Julianna schuldbewusst hochfahren. Während Gwenyth erschrocken in ihrem vorgetäuschten Auspacken innehielt, betrat Sir Edmund den Salon. Bei seinem Anblick schlug Juliannas Herz bis zum Halse, und eine dunkle Röte überzog ihr reizendes Gesicht. Ihr Gemahl wirkte sehr ausgeruht. Hatte er sich etwa auf diese Weise Kraft für die heutige Nacht geholt? Mit seinem leicht verrutschten Spitzenjabot und den geöffneten Westenknöpfen wirkte er nichtsdestoweniger nicht mehr ganz so einschüchternd wie während der Trauung in der Kirche. Das tröstete Julianna im Augenblick ein wenig.
    „Ich komme dann morgen früh wieder und packe den Rest aus, Mylady“, sagte Gwenyth hastig. „Oder braucht Ihr heute noch irgendetwas Bestimmtes?“
    „Nein, nein, danke, Gwenyth. Es reicht alles bis morgen. Gute Nacht.“
    Nach einem raschen Knicks huschte das Mädchen zur Tür hinaus, und wenn es nach Julianna gegangen wäre, dann hätte sie sich der Davoneilenden sogleich angeschlossen.
    Stattdessen spürte sie, wie sich eine beklemmende Stille über den Raum legte, die nur von dem Knacken der brennenden Scheite auf dem Feuerrost und dem Ticken der Kaminuhr unterbrochen wurde. Julianna streifte das Zifferblatt mit einem ratlosen Blick und fragte sich, ob die Uhr wohl beim Umzug Schaden genommen hatte, denn es schien ungewöhnlich viel Zeit dahinzugehen, bis wieder eine Minute verstrichen war.

    „Möchtet Ihr nicht Platz nehmen, Sir Edmund?“, fragte sie schließlich verwirrt. „Ich nehme gerade einen kleinen Imbiss zu mir. Die Speisen heute Mittag sahen sehr verlockend aus, aber ich war zu aufgeregt, um sie richtig genießen zu können. Möchtet Ihr auch etwas essen?“
    „Nein, danke.“ Sir Edmund setzte sich auf die andere Ecke der Bank. „Ich hatte in den letzten Tagen überhaupt keinen Hunger. Aber du solltest dich von mir dabei nicht stören lassen.“
    „Ach, ich habe schon ausreichend gegessen.“ Das appetitlich angerichtete kleine Mahl hatte plötzlich seinen Reiz verloren. Vorsichtig rückte Julianna noch ein wenig mehr zur Seite.
    „Ich hoffe …“ Sir Edmund räusperte sich ausgiebig. „Ich hoffe, die Einrichtung findet deine Zustimmung.“
    Aus den Augenwinkeln heraus musterte Julianna ihren Gemahl. Er wirkte genauso unsicher, wie sie sich selbst fühlte, und diese Feststellung milderte ihre Befürchtungen. Was Sir Edmund Fitzhugh auch für ein Mensch sein mochte, auf alle Fälle war er in den Verführungskünsten anscheinend nicht sehr bewandert.
    Anstelle einer Antwort kam nur ein nervöses Lachen über ihre Lippen. Schließlich sagte sie: „Ob sie meine Zustimmung findet? Ihr stellt Euer Licht aber gewaltig unter den Scheffel, Sir Edmund! Ich habe vor Freude geweint, als ich all mein Hab und Gut hier wiederfand.“
    Sir Edmund runzelte die Stirn. „Man hätte es dir gar nicht erst wegnehmen dürfen. Diese ganze infame Handlungsweise … Ich nehme an, Skeldon hat diese Dinge verkauft, nicht wahr? Und ist er auch dafür verantwortlich?“, fügte er hinzu, während er auf die langsam verblassende Schramme auf ihrer Wange wies.
    Unwillkürlich hielt Julianna schützend die Hand darüber, so entsetzt war sie von der Erkenntnis, dass die Zeichen von Jeromes Zudringlichkeit der Aufmerksamkeit ihres Gemahls nicht entgangen waren. Aber Sir Edmund legte seine Finger mit leichtem Druck um ihr Kinn und zwang sie auf diese Weise, ihn anzusehen.
    „Ich kann dir versichern, mein liebes Kind“, sagte er leise, „dass du in diesem Hause keine solche Behandlung zu erwarten hast. Wahrscheinlich werde ich kein perfekter Ehemann sein, denn ich habe dafür zu wenig Erfahrung. Aber mit einem gemeinen Feigling, der die Hand gegen eine Frau erhebt, stelle ich mich bestimmt nicht auf eine Stufe. Hier ist jetzt dein Zuhause,
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