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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung
Autoren: Deborah Hale
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in dem du immer sicher sein wirst.“
    Es lag wohl an dem Schimmer von Mitgefühl in seinen unergründlichen Augen. Aber vielleicht war es auch die besänftigende Zartheit seiner Hand und seiner Stimme gewesen. Wie auch immer – Julianna wurde unvermittelt von ihren so lange unterdrückten Gefühlen überwältigt, und ehe sie noch wusste, wie ihr geschah, fand sie sich an Sir Edmunds breiter Brust wieder, wo sie ihren ganzen Kummer in Strömen von Tränen von der Seele spülte.
    Durch das nass geweinte Hemd spürte sie die Wärme seiner Haut. Sein Leibrock roch nach Pfeifentabak und ein ganz kleines bisschen nach einem fremdländischen Gewürz, das ihr unbekannt war. Sie musste an Crispin denken, den sie von ganzem Herzen liebte. Aber Crispin war für sie verloren. Mutterseelenallein stand sie in einer feindlichen Welt, und nur dieser eine Hafen bot ihr noch Trost und Sicherheit. Entschlossen kniff Julianna die Augen zu, hob das Gesicht zu ihrem Gemahl empor, strich mit den Lippen über sein energisches Kinn und drückte sie dann zitternd auf seinen Mund. Einen Herzschlag lang schien sich Sir Edmund dieser unerwarteten Liebkosung hinzugeben. Seine Lippen wurden weich unter der schüchternen Einladung dieses zaghaften Kusses.
    Doch dann schob er Julianna jählings von sich weg und sprang so hastig auf, als habe die Polsterbank unter ihm Feuer gefangen. „Was soll das?“, rief er aufgebracht. „Hast du den Verstand verloren?“
    Allmächtiger, was habe ich falsch gemacht, dachte Julianna erschrocken. Habe ich mich etwa ungebührlich betragen? „Ich … ich dachte … das heißt, Jerome sagte mir … er sagte, Ihr wolltet einen Erben für Euer Vermögen.“
    „Ach was, ich musste ihm doch irgendetwas sagen.“ Sir Edmund rang offensichtlich immer noch um Fassung. „Und außerdem habe ich bereits einen passenden Erben, wie du sehr gut weißt, und absolut kein Interesse daran, ihn von seinem Platz zu verdrängen.“
    Wer um alles in der Welt hat nun eigentlich den Verstand verloren, fragte sich Julianna bei diesen Worten verstört.
    „Aber … aber wenn Ihr nicht … das heißt … also, warum, bitte schön, habt Ihr dann um meineHand angehalten?“
    Sir Edmund blickte sie mit einem merkwürdigen Ausdruck, gemischt aus Überraschung und Belustigung, an. „Ach, du weißt also nicht, wer ich bin?“, sagte er wie aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
    „Natürlich weiß ich, wer Ihr seid“, erwiderte Julianna ärgerlich. „Aber ich habe trotzdem keine Ahnung, wovon Ihr eigentlich redet.“
    „Nein, du kennst mich demnach wirklich nicht“, wiederholte Sir Edmund und erschien dabei merkwürdig erleichtert. „Das erklärt natürlich alles – insbesondere deine Miene während der Trauung. Ich habe selbst bei Galeerensträflingen schon fröhlichere Gesichter gesehen.“
    Julianna errötete und senkte den Blick. „Ich habe es nicht persönlich gemeint, Sir Edmund“, murmelte sie verlegen.
    „Das hoffe ich auch! Schließlich bin ich ja für alle jungen Mädchen der Traum ihrer schlaflosen Nächte.“ Der ironische Ton seiner Stimme veranlasste Julianna, wieder aufzublicken. Dieser Beweis eines trockenen Humors überraschte sie derart, dass sie ein Kichern nicht unterdrücken konnte, woraufhin Sir Edmund den Mund auf eine Weise verzog, dass man es beinahe für ein Lächeln hätte halten können.
    „Und ich dachte, deine jammervolle Miene sollte deinen Stiefbruder täuschen. Es tut mir aufrichtig leid, dass du einen solchen Kummer ertragen musstest, aber dadurch wurde zumindest Skeldon von deinem Widerwillen gegen eine Ehe mit mir überzeugt. Vielleicht lag das in Underhills Absicht.“
    „Francis? Ja, ich hätte ihn vielleicht nicht mit einer so schwierigen Angelegenheit betrauen sollen. Er ist ein herzensguter Kerl, aber …“
    „Aber auch ein sehr bescheidener, anständiger Mensch“, vollendete Sir Edmund freundlich. „Du hättest keinen besseren Anwalt deiner Sache finden können als ihn. Er hat mir die näheren Umstände und deine Zwangslage sehr überzeugend dargelegt – und ich muss gestehen, dass es nicht leicht war, mich zu überzeugen. Schließlich liebe ich meine Einsamkeit und meine Ruhe.“ Nach einem prüfenden Seitenblick auf seine junge Frau ließ er sich vorsichtig wieder auf der Polsterbank nieder.
    „In diesem Punkte teile ich völlig Eure Ansicht, Sir Edmund. Keiner von uns war wohl sehr auf diese Heirat erpicht. Doch was hat das mit Eurer Identität zu tun, die mir angeblich nicht
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