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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an
Autoren: Ulli Potofski
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Musik, Freundschaft und Verliebtsein. Kein Problem für Patrick Schubert - wegen seiner blonden Haarpracht Locke genannt -, all diese Dinge auf die Reihe zu kriegen; doch damit nicht genug, da waren auch noch die Schule, ein Hund namens Poldi und die lieben Eltern …
    Vater Schubert hatte sich die Auslosung für die Schüler-Europameisterschaft natürlich auch angeschaut und begrüßte seinen Sohn Locke daheim mit den Worten: »Das packt ihr aber mit den Türken im Eröffnungsspiel - oder?«

    Locke war nie sonderlich begeistert, wenn er nach Hause kam und gleich überfallmäßig nach allem und jedem ausgefragt wurde. Im Stillen nannte er es Verhör, was sein Vater da gern praktizierte, was natürlich etwas hart ausgedrückt war, aber es nervte ihn einfach. Seine Mutter war da einfühlsamer, so auch heute. »Jetzt lass doch erst mal den Jungen in Ruhe«, bemerkte sie aus der Küche, »und lass uns etwas essen und dann besprechen wir eure Europameisterschaft in aller Ruhe.«
    Vater Schubert machte eine unwirsche Bewegung. »Eine Europameisterschaft kann man nicht so nebenbei bei Gürkchen und Salami besprechen« knurrte er, »das erfordert strategisches Denken, Übersicht und ein Fußballwissen, wie es vielleicht Marcel Reif, der berühmte Reporter, hat oder unser Bundestrainer. Schluss. Aus. Basta.«
    Beim Wort »Basta« meldete sich Schuberts Hund Poldi aus der Ecke des Wohnzimmers mit einem fragenden Fiepen. »Schluss. Aus. Basta.«, sagte nämlich auch Locke zu seinem Hund, wenn er die gemeinsamen Laufrunden mit ihm beendete. Poldi war, wie es schien, etwas überrascht, dass jetzt eine Laufeinheit hier im Wohnzimmer zum Ende kommen sollte. Locke musste jetzt doch lachen.
    »Genau Poldi, du hast es erfasst«, meinte er, dem Hund zugewandt, »hier wird schon manchmal viel Unsinn verzapft.«
    Mutter Schubert hatte - wie so oft - das letzte Wort: »Mein lieber Sohn, wer hier Unsinn verzapft oder nicht, das beurteile ich wohl immer noch am besten«, sagte sie resolut. »Und jetzt ab an den Tisch, das Essen kommt gleich, und dann sage ich euch mal, wer Europameister wird und wer nicht.«
    Lockes Mutter war mit den Jahren zu einer echten Fußballanhängerin geworden. Wann immer sie konnte, begleitete
sie ihren Sohn zu den Spielen von Schalke 04. Natürlich hatte sie auch den einen oder anderen Nackenschlag mitbekommen, den Locke in seiner Laufbahn schon erleiden musste. Höchst ungern dachte sie vor allem an eine Situation zurück, die ihrem Sohn schwer zu schaffen gemacht hatte. Es war schon eine Weile her, aber es schien ihr, als wäre es gestern gewesen, diese »Bierdosenaffäre« in der Fußballschule von Duisburg. Damals hatte einer von Lockes Mannschaftskameraden - der eben kein echter Kamerad war - ein paar Büchsen Bier in seinen Rucksack geschmuggelt, um ihn als Konkurrenten zu beseitigen. Alkoholgenuss war an der Fußballschule strengstens untersagt, und Locke, der seine Unschuld nicht beweisen konnte, »flog« sofort. Mutter Schubert litt mit ihrem Sohn. Selten, dass ihr geliebter »Großer« ihr wieder einmal so klein vorgekommen war. Es hatte einige Anstrengungen gekostet, ehe Locke schließlich wieder rehabilitiert und anerkannt vor allen dastand.
    Vater Schubert, Locke und seine Mutter genossen stets das ausgiebige gemeinsame Abendessen in der Küche und besprachen dabei die allgemeinen Probleme der Familie, heute allerdings trieb Vater Schubert das Essen in Rekordzeit voran. Wen interessierten schon Stromrechnungen, Einkaufszettel und Hausaufgaben, wenn vor wenigen Stunden die U15-Europameisterschaft ausgelost wurde und der eigene Sohn eine der Stützen der deutschen Mannschaft sein sollte. Mutter Schubert spürte den dringenden Gesprächsbedarf ihrer »Männer« und verkürzte das Abendessen, indem sie vorgab, der Küchenboden müsste einmal wieder geschrubbt werden. Während sie also noch in der Küche fuhrwerkte, begaben sich Vater und Sohn und auch der Hund Poldi in Richtung Wohnzimmer.
    Patrick ging hinter seinem Vater her. Auch wenn der
Mann ihn manchmal nervte, so hinderte ihn das keine Sekunde daran, unglaublich stolz auf ihn zu sein. Wie sein Vater das geschafft hatte, sich wieder zu erholen, damals nach dem Schock, als er von einer Sekunde auf die andere in eine Katastrophe geschleudert wurde, als ein Schlaganfall ihn völlig lahmlegte, ihm ein Leben aufzwang, das nichts mehr mit seinem bisherigen zu tun hatte! Mit eisernem Willen hatte Markus Schubert es geschafft, aus diesem Tief wieder
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