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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an
Autoren: Ulli Potofski
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Locke, Matz und Eva waren mitten im Vorschlagen von Songs, Diskutieren und Abwägen, als die Tür aufging und ein alter Bekannter den Raum betrat: Pfarrer Kelter.
    Kelter, der die katholische Gemeinde von Gelsenkirchen-Schalke als Seelsorger betreute, war auch ein begeisterter Fußballfan und obendrein verstand er etwas von Musik. Er war es, der Locke und Matz auf ihren ersten Fußballschritten begleitet hatte. Mit Kelter waren sie auch in England gewesen, als man dort gegen Newcastle gespielt hatte. Kelter hatte damals Patrick dazu überredet, jenes »magische« alte Paar Schuhe in den zweiten fünfundvierzig Minuten zu tragen. Noch heute rätselte man darüber, warum Locke am Ende des Spiels auf Socken den Platz verlassen hatte und von den Schuhen nur noch ein paar Lederfetzen übrig geblieben waren. Kelter war auch bei den Bandproben der KICKING DEVILS aufgetaucht und erwies sich als wahres Genie an der Gitarre. Gelegentlich erzählte er ihnen von seinen Idolen: den Beatles, Bee Gees oder Janis Joplin …
    Suchend schaute Kelter sich um. An der langen Theke, die den Kneipenraum dominierte, standen ein paar Typen, das Bierglas in der Hand und diskutierten. Einer von ihnen deutete auf die hintere Wand, wo Dutzende von Mannschaftsfotos hingen, die erfolgreichsten Fußballer von Blau-Weiß. Erinnerungen an gute alte Zeiten.
    In einer Ecke an einem großen Tisch machte Kelter Locke, Matz und Eva aus. Der Pfarrer hob grüßend die Hand und steuerte auf sie zu.
    Das Hallo war groß, denn man hatte sich eine geraume Zeit nicht mehr gesehen. Kelter setzte sich an den Tisch
und bestellte für alle eine Runde Malzbier. Ganz klar, die zwei Sportler tranken immer noch keinen Alkohol. Eva mochte das süße Bier sowieso unheimlich gern, und für Kelter war das Getränk eine »Alternative zum Messwein« - wie er ihnen einmal mit einem Augenzwinkern erzählt hatte. Das Bestellte wurde gebracht und die vier stießen mit dem leckeren Zeug an.
    »Na, dann Prost«, sagte Kelter, hob sein Glas und ließ das Nass durch die Kehle rinnen. Er schluckte hörbar und sein Adamsapfel hüpfte dabei auf und nieder. Eva, die es sah, musste sich ein Lachen verkneifen über diese untypische Art des Priesters. Was lag näher, als gleich von dem Bandwettbewerb zu erzählen. Stolz zitierte Matz den Brief des Rockbüros an die DEVILS Wort für Wort aus dem Gedächtnis. Kelter war wieder einmal beeindruckt.
    »Das ist ja großartig!«, meinte er und nickte. »Eine Riesenchance für euch.« Dann nahm er sein Glas, trank erneut in großen Schlucken und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Locke sah, etwas ging in Kelter vor. Er schien über irgendetwas nachzudenken. Auch Eva und Matz warteten, was kommen würde. Kelter war bekannt für Überraschungen.
    »Also«, vernahmen sie dann, »ich habe euch in letzter Zeit einige Male gehört - ihr habt wirklich Fortschritte gemacht, aber vielleicht solltet ihr …«, er machte eine bedeutungsvolle Pause, »… einmal über einen Trainer für die Band nachdenken.« Die Jungs schauten sich fragend an. Eva dagegen hatte sofort begriffen.
    »Super Idee - das würden Sie wirklich machen?«, fragte sie und blickte Kelter erwartungsvoll an. Der setzte sein berühmtes Pfarrerlächeln auf.
    »Ich habe doch früher auch schon mal ausgeholfen bei euch«, erwiderte er. »Als ihr angefangen habt mit eurer
Band. Also, ich hätte Lust dazu. Einige Kleinigkeiten könnt ihr im Zusammenspiel und bei eurer Bühnenshow durchaus noch verbessern.«
    Eva nickte begeistert. Und jetzt waren auch Matz und Locke Feuer und Flamme. »›Göttlicher Beistand für die DEVILS‹ - was für eine Schlagzeile! Marketing ist in der Musikindustrie alles«, sprudelte es aus Locke hervor.
    Kelter schaute gespielt böse. »Ob das mein Bischof so gerne lesen würde … Aber egal, abgemacht - wann immer ich kann, werde ich bei euren Proben und Auftritten dabei sein. Allerdings verlange ich später dreißig Prozent eurer Einnahmen.« Er lehnte sich zurück und verschränkte grinsend die Arme. Ganz klar, das meinte er nicht ernst.
    Matz schluckte, dann grinste auch er. »Sieh an, sieh an, die Männer Gottes in eurer Kirche haben also auch Geschäftssinn. Bei uns Moslems würde es so etwas nie geben.«
    Diese Erwiderung hatte Matz allerdings so witzig betont, dass alle Anwesenden laut lachen mussten.
    Man war sich einig. Und für Locke war klar, dass die Band einer erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb in Essen ein gutes Stück näher gekommen
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