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Lob der Grenze - Kritik der politischen Unterscheidungskraft

Lob der Grenze - Kritik der politischen Unterscheidungskraft

Titel: Lob der Grenze - Kritik der politischen Unterscheidungskraft
Autoren: Paul-Zsolnay-Verlag
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Menschsein in einem anspruchsvollen Sinn auch davon abhängt, inwiefern es uns gelingt, der ökonomischen Erwerbsarbeit andere, gemeinschaftsbezogene Formen menschlichen Handelns, die ihren Sinn in sich tragen, als gleichwertige entgegenzustellen und in die Entwicklung von gesellschaftlichen Zukunftsperspektiven einfließen zu lassen. Prekär wird es allerdings, wenn die ehrenamtliche, freiwillige Tätigkeit den Charakter einer Pflicht bekommt, der man sich nur um den Preis der sozialen Ächtung entziehen kann. Der Philosoph Richard David Precht ist mit dem Vorschlag aufgefallen, dass Rentner sich nach Pensionsantritt verpflichtend in einem sozialen Jahr um Jugendliche kümmern sollten, was die Debatte um das Rentenantrittsalter entschärfen und die Defizite der Jugendbetreuung ausgleichen könnte. 110 Jenseits der Realisierbarkeit dieses Vorschlages deutet sich dahinter auch eine Stoßrichtung an, die die Freiwilligentätigkeit ihres kritischen Stachels gegenüber der Welt der gehetzten Erwerbsarbeit berauben könnte: wenn diese nur noch dazu dient, eine Arbeit ohne Lohn zu verrichten, die auch mit Lohn sonst niemand erledigen will.
    Die Entwicklung der Arbeitswelt, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten abzeichnet, zieht eine neue, furchtbare Grenze: zwischen jenen immer weniger werdenden Arbeiten, die hoch bezahlt werden, auch dann, wenn ihr gesellschaftlicher Nutzen nicht immer klar ersichtlich ist, und jenen Notwendigkeiten im sozialen und kulturellen Bereich, die einer Freiwilligkeit überantwortet werden, die, weil ohne materiellen Lohn, auch ohne soziale Anerkennung bleiben wird. Da wäre es besser, den Begriff der Ehre zu reaktivieren und es zur Ehrensache für Banker und Manager zu erklären, sich in der Pause zwischen zwei gutdotierten Fünfjahresverträgen um jugendliche Analphabeten zu kümmern.

 
    Drucknachweise
     
     
    Die Kapitel dieses Buches gehen auf verschiedene Texte zurück, die aus unterschiedlichen Anlässen über einen größeren Zeitraum hinweg entstanden sind. Oft aufgrund von Vortragseinladungen verfasst, zeigte es sich, dass die Frage der Grenze in einem begriffsschärfenden und in einem lebensweltlich-politischen Sinn manche dieser Texte und Reden verband. Es lag also nahe, diese Arbeiten, die auch als Diagnose unserer Zeit gelesen werden können, zu versammeln und in eine sinnfällige Beziehung zueinander zu setzen. Obgleich viele dieser Arbeiten schon an unterschiedlichen Orten publiziert worden sind, ergibt sich – so hofft es zumindest der Autor – aus ihrem Zusammenführen eine neue Stringenz und Plausibilität. Für den vorliegenden Band wurden alle Texte durchgesehen, bearbeitet und zum Teil gravierend verändert, mitunter gekürzt, an manchen Stellen aber auch erweitert und aktualisiert. Dennoch sei der Vollständigkeit halber auf die ursprünglichen Publikationsorte verwiesen.
     
    Vorwort
    Gekürzte und veränderte Fassung von: Die Krise in der Krise, oder: Wie krank ist das System? In: Der Standard, 20. Juni 2009, S. 34f.
     
    Am Anfang
    Erstmals publiziert unter dem Titel: Am Anfang. Nachdenken über das Beginnen. In: Irmgard Bohunovsky-Bärnthaler (Hrsg.): Die Idee vom Anfang. Mythos und Folgen, Klagenfurt 2008, S. 12–30
     
    Hier und nicht dort
    Erstmals publiziert unter: Grenzen und Grenzüberschreitungen. In: Erhard Busek (Hrsg.): Grenzen und Grenzüberschreitungen. Europäisches Forum Alpbach 2004, Wien 2005, S. 12–28
     
    Der Riss im Zaun
    Erstmals publiziert unter: Der Riss im Zaun. Neues aus dem Menschenpark. In: Marc Jongen/Sjoerd van Tuinen/Koenraad Hemelsoet (Hrsg.): Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München 2009, S. 431–443
     
    Der Wert des Menschen
    Erstmals publiziert unter: Der Wert des Menschen. An den Grenzen des Humanen. In: Konrad Paul Liessmann (Hrsg.): Der Wert des Menschen. An den Grenzen des Humanen, Wien 2006, S. 7–20
     
    Der Staat
    Erstmals publiziert unter: Der Staat. Wie viel Herrschaft braucht der Mensch. In: Konrad Paul Liessmann (Hrsg.): Der Staat. Wie viel Herrschaft braucht der Mensch, Wien 2011, S. 7–25
     
    Der offene Kontinent
    Erstmals publiziert unter: Europa als potenzielle Gemeinschaft – Vom Widerspruch der »Wertegemeinschaft«. In: Michael M. Thoss/Christina Weiss (Hrsg.): Das Ende der Gewissheiten. Reden über Europa, München 2009, S. 37–46
     
    Mit Unsicherheiten leben
    Erstmals publiziert unter: Die visionslose Gesellschaft – Mit Unsicherheiten leben. In: Othmar
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