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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked
Autoren: Kevin Brooks
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und irgendwo in eine Zelle stecken, bis sie so weit sind, und dann werden sie Fragen stellen …« Nancy brach ab und sah mich an. »Sie werden jede Einzelheit genau wissen wollen, Lili – über William und mich und Williams Eltern –, und sie werden nicht lockerlassen, bevor sie alles haben, was sie wollen, egal wie lange es dauert. Und wir werden immer noch nichts über William wissen.« Sie warf einen Blick auf den stumm gestellten Fernseher. Die Nachrichten waren vorbei. Ein Film lief. Nancy seufzte wieder. »Mit mir kann der Staatsschutz oder der MI5 ruhig machen, was er will, das ist mir egal … aber ich lasse nicht zu, dass sie dich in die Mangel nehmen, und ich setze auch Joe keinem Risiko aus. Denn wenn ich nicht hier bin und auf ihn aufpasse …«
    »Ja«, sagte ich, »ich verstehe.«
    »Wirklich?«
    Ich nickte. »Aber wir müssen doch irgendwas tun. Können wir nicht die Krankenhäuser abtelefonieren? Ich meine, vielleicht ist er ja nur verletzt.«
    »Die Polizei hat sicher schon alle Krankenhäuser überprüft. Wenn er schwer verletzt wurde – und er würde nur in ein Krankenhaus gehen, wenn er wirklich sehr schwer verletzt wär –, dann hat die Polizei ihn inzwischen gefunden. Und abgesehen davon …«
    »Was?«
    Sie zögerte. »Na ja, nach dem, was ich vorhin in den Nachrichten gesehen habe … glaube ich einfach … ich meine, wenn er da war, als die Bombe hochging …«
    »Kann er das nicht überlebt haben.«
    Sie antwortete nicht, aber das musste sie auch gar nicht. Wir wussten beide, dass es stimmte.
    »Und was machen wir?«, fragte ich. »Wir können doch nicht die ganze Nacht hier rumsitzen.«
    »Ich glaube, was anderes bleibt uns nicht übrig, Lili«, sagte sie. »Wir können nur hier sitzen, Radio hören und die Nachrichten im Fernsehen anschauen …« Sie zuckte die Schultern. »Ich bezweifle sowieso, dass es irgendwelche Informationen gibt , jedenfalls richtige Informationen, aber man weiß ja nie. Und wenn William tatsächlich noch draußen rumläuft … tja, dann sind wir wenigstens hier, wenn er zurückkommt.«
    Ich sah sie an. »Glaubst du, er könnte …? Ich meine, glaubst du wirklich, er könnte noch irgendwo da draußen sein?«
    Sie lächelte traurig. »Bei William ist alles möglich, stimmt’s?«
    Ich versuchte zurückzulächeln, so gut es ging, aber ich glaube, wir wussten beide, wenn William tatsächlich irgendwo wäre, wenn er wirklich noch leben würde, dann hätte er uns schon Bescheid gegeben. Und auch wenn Nancy recht hatte mit der Bemerkung, alles sei möglich, war mir klar, dass es in der realen Welt – und dies war die reale Welt – keine Wunder gibt.
    Egal wie sehr du es dir wünschst.
    Es gibt sie einfach nicht.
    Nachdem mich Nancy hinunter zu einer Telefonzelle auf der anderen Seite der Straße gebracht und ich Mum gesagt hatte, dass ich heute Nacht nicht nach Hause käme, gingen wir wieder zur Wohnung zurück und setzten uns aufs Sofa.
    Wir warteten.
    Wir hörten Radio.
    Wir schauten die Nachrichten.
    Und Nancy hatte recht, es gab keine richtigen Informationen. Es gab Berichte über die Bombe, regelmäßige Aktualisierungen, aber keine wirklichen Infos.
    Die polizeilichen Ermittlungen »liefen«.
    Spuren wurden »verfolgt«.
    Die Zahl der Opfer war »noch unbekannt«.
    Die Zeit verging langsam, die Stunden schienen wie Tage, und während die Uhr zäh vor sich hin tickte, schlief ich immer mal ein und wachte wieder auf. Ich wollte nicht einschlafen – es schien mir nicht richtig – und ich versuchte alles, um wach zu bleiben, aber es fiel mir immer schwerer, die Augen offen zu halten, und irgendwann in den frühen Morgenstunden sank ich – mit dem Kopf an Nancys Schulter – schließlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

38
    Es war noch früh, als ich wieder aufwachte; das fahle Licht der Morgendämmerung drang gerade erst durchs Fenster. Mir war kalt. Mein Nacken war steif. Ich lag zusammengerollt unter einer dünnen Wolldecke auf dem Sofa.
    »Lili …? Bist du wach?«
    Nancy saß neben mir auf dem Fußboden. Ihre Stimme war leise, ihr Gesicht blass. Sie weinte.
    Ich setzte mich auf. »Nancy …?«
    »Entschuldigung … ich wollte dich nicht wecken …«
    »Was ist?«, fragte ich schnell. »Ist was mit William? Hast du irgendwas von ihm gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich war in seinem Zimmer … ich wollte nur …« Sie wischte sich über die Augen und sah mich an. »Das hier habe ich gefunden …«
    Sie reichte mir einen Umschlag. Ich nahm ihn
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