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Live!

Live!

Titel: Live!
Autoren: Petros Markaris
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herausfordernd. »Im Endeffekt war es doch der Vater seiner zukünftigen Frau.«
    »Das ging nicht. Da wäre er selbst in die Bredouille gekommen. Jannelis und seine Gruppierung standen schließlich im Verdacht, Bomben gelegt zu haben. Doch er verhörte ihn nicht länger, schloß die Akte und überstellte ihn an das Militärgericht. Als sie heirateten, war Jannelis noch in Haft. Er hat es von seinem Sohn erfahren.«
    Im nachhinein kann ich mir die verkrampfte, verlegene Reaktion der Janneli erklären, als ich sie auf Vater und Bruder ansprach. Klar war es weniger schmerzhaft für sie, Fragen nach Favieros’ Firmen zu beantworten. Offenbar hatte sie aufgrund der Heirat mit ihrem Bruder gebrochen. Und wenn sie sich mit ihrem Bruder überworfen hatte, dann mußte sie auch den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen haben. Aber ein derartiges Geheimnis hätte vielleicht zur Ermordung, nicht aber zum Selbstmord dreier Personen führen können. Wäre wiederum Skouloudis ermordet worden, läge die Ehe mit Koralia Janneli als Motiv für den Mord auf der Hand. Aber was kann diese Ehe mit den Selbstmorden von Favieros, Stefanakos und Vakirtsis zu tun haben? Die einzigen, die mir auf diese Frage antworten können, sind Koralia Janneli oder der ominöse Minas Logaras.
    »Haben Sie noch Kontakt zu Skouloudis?«
    »Nein. Als ich aus dem Gefängnis kam, wollte ich keine Scherereien mehr. Ich habe mir diesen Broterwerb hier geschaffen, eine junge Frau aus meinem Heimatdorf geheiratet und mich von allem ferngehalten.«
    Als ich aufbrechen will, fällt mir noch eine letzte Frage ein, die ich auf gut Glück stelle.
    »Kennen Sie einen gewissen Minas Logaras?«
    Er kramt kurz in seinem Gedächtnis, ohne jedoch fündig zu werden. »Nein, nie gehört.«
    »Das war’s«, sage ich und gehe auf die Eisentür zu, die noch immer einen Spaltbreit offensteht.
    »Kommen Sie ja nicht wieder«, höre ich seine Stimme hinter mir sagen und wende mich um. »Ich habe meinen Obulus an die Militär- und Sicherheitspolizei in Arrestzellen und Haftanstalten jeglicher Art zur Genüge entrichtet. Ich habe ein Anrecht darauf, euch nicht mehr sehen zu müssen.«
    Ich öffne die Tür zur Hälfte und trete hinaus, ohne ihm zu antworten. Er ist der dritte in Folge, der mir nahelegt, nicht wieder aufzutauchen. Zuerst Samanis, dann – wenn auch indirekt – die Janneli und jetzt der ehemalige Militärpolizist Christos Kalafatis. Sowohl diejenigen, die das Geld mit vollen Händen hinausgeworfen haben, als auch diejenigen, die aus der Revolution Kapital geschlagen haben – alle sind sie zufrieden, wie auch Sissis sagt. Und sie wollen sich nicht erinnern. Sie rufen in mir die Schnulze wach, die mir während der Taxifahrt nach meinem Treffen mit Gikas und Janoutsos so auf die Nerven gegangen war: »Uns beiden geht’s zu gut, und das raubt mir den Mut.«

52
    I ch lasse mich mit ihr verbinden, sobald ich ins Büro komme.
    »Schon wieder Sie, Herr Kommissar?« ist ihr erster Kommentar. »Ich dachte, wir wären fertig miteinander.«
    »Das dachte ich auch, aber ich habe mich geirrt, Frau Skouloudi.«
    Die Leitung ist für kurze Zeit tot. Als ihre Stimme wieder ertönt, klingt sie ernst und gefaßt. »Also haben Sie schließlich herausgefunden, wer ich bin.«
    »Ja, um genau zu sein, heute morgen.«
    »Darf ich fragen, wie?«
    »Von Christos Kalafatis, dem Hersteller der Che-T-Shirts.«
    Ihre gute Laune kehrt wieder. »Das freut mich. Er wußte als einziger Bescheid, und Sie haben ihn gefunden.«
    »Wir müssen miteinander reden. Wann können Sie bei mir im Büro vorbeikommen?«
    »Es muß doch nicht sein, daß ich Ihren Besuch erwidere«, sagt sie lachend. Dann wird sie wieder ernst. »Treffen wir uns nicht bei Ihnen oder bei mir im Büro, sondern bei mir zu Hause, sagen wir heute abend um sechs.«
    Ich erkundige mich nach ihrer Adresse.
    »Tombasi-Straße 7, in Pefki«, sagt sie. »Ganz in der Nähe des Katsimbali-Parks.«
    Ich überlege, ob ich Gikas sofort von Kalafatis und Skouloudis erzählen soll oder ob ich besser erst das Treffen mit der Janneli abwarte. In meiner Vorfreude würde ich natürlich am liebsten gleich zu Gikas rennen. Wie viele Jahre man auch an einer Dienststelle abgesessen hat, wie erfahren auch immer man ist – sobald ein Ermittlungserfolg in der Luft liegt, läuft jeder sofort zu seinem Vorgesetzten, um sich in die Brust zu werfen. Das ist eine Art unbeherrschbarer Trieb. Ich beschließe, mich in Geduld zu üben, da ich korrekterweise zuerst mit
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