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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother
Autoren: Cory Doctorow
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angeforderte Website aufruft und genauso durch die verschiedenen Zwiebel-Häute zurückgibt, bis sie bei dir ankommt. Der Netzwerkverkehr zu den Zwiebel-Routern ist verschlüsselt, so dass die Schule nicht sehen kann, wohin du eigentlich surfst, und die einzelnen Zwiebel-Häute wissen nicht, für wen sie arbeiten. Bei TOR gibts Millionen von Netzwerkknoten: Das Programm wurde vom Forschungsamt der US-Marine entwickelt, um den Navy-Leuten unzensierte Verbindungen in Ländern wie Syrien und China zu ermöglichen. Somit ist es das perfekte System im Bereich einer durchschnittlichen US-Highschool.
    TOR funktioniert deshalb, weil die Schule eine begrenzte Liste von Schmuddeladressen pflegt, die wir nicht ansurfen dürfen, und weil die Adressen der Netzwerkknoten sich ständig ändern - keine Chance für die Schule, da ständig auf dem Laufenden zu bleiben. Firefox und TOR zusammen machten mich zum Unsichtbaren, unangreifbar für Schulbehördenschnüffelei, frei, zur Harajuku-FM-Site zu surfen und zu schauen, was abging.
    Da war er, der neue Hinweis. Wie alle Hinweise bei Harajuku Fun Madness hatte auch dieser physische, Online- und mentale Komponenten. Der Online-Teil war ein Rätsel, und dafür musste man etliche knifflige Fragen beantworten. Diesmal waren dabei auch Fragen zur Handlung von Dojinshis - das sind Comics, die von Fans der japanischen Mangas gezeichnet werden. Dojinshis können genauso umfangreich sein wie die offiziellen Comics, von denen sie inspiriert sind, aber sie sind viel bizarrer, mit verschachtelten Handlungsfäden und manchmal völlig durchgeknallten Liedern und Action. Und massig Liebesgeschichten sowieso. Jeder Fan findet es toll, wenn seine Helden sich verknallen.
    Um die Rätsel würde ich mich später daheim kümmern müssen. Das ging am leichtesten mit dem kompletten Team, weil man massenhaft Dojinshi-Files runterladen und nach Antworten auf die Rätselfragen durchflöhen musste.
    Grade war ich fertig damit, die Hinweise zu sortieren, als die Schulglocke klingelte; unsere Flucht konnte beginnen. Unauffällig ließ ich die Kiesel in meine halbhohen Stiefel rieseln - knöchelhohe australische Blundstones, klasse zum Laufen und Klettern, und durch das Design ohne Schnürsenkel schnell aus- und angezogen, was bei den allgegenwärtigen Metalldetektoren natürlich praktisch ist.
    Natürlich mussten wir auch die physische Überwachung austricksen, aber das wird im Grunde mit jeder neuen Schnüffeltechnik leichter - all der Alarmkrams vermittelt unserer geliebten Schulleitung ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. Wir ließen uns mit all den anderen die Flure hinuntertreiben und steuerten meinen Lieblings-Hinterausgang an. Auf halber Strecke flüsterte Darryl: "Verdammt, hab vergessen, dass ich noch ein Büchereibuch in meiner Tasche hab!"
    "Mach kein Scheiß", entgegnete ich und zerrte ihn ins nächste Klo. Büchereibücher sind ne miese Sache. Bei denen ist immer ein RFID-Chip (ein Sensor zur Identifikation per Funk) in den Einband geklebt; damit können die Bibliothekare die Bücher ganz einfach auschecken, indem sie sie über ein Lesegerät ziehen, und ein Bücherei-Regal kann Bescheid sagen, ob eins der Bücher darin am falschen Platz steht.
    Aber es erlaubt der Schule auch, jederzeit den Aufenthaltsort jedes Buchs zu ermitteln. Auch so ein legales Hintertürchen: Die Gerichte hatten es verboten, uns per RFID zu tracken, aber Büchereibücher durfte man tracken, und ebenso war es erlaubt, mit den Schulaufzeichnungen abzugleichen, wer wohl wahrscheinlich grade welches Buch dabeihatte.
    Ich hatte zwar einen kleinen Faraday-Beutel in der Tasche - das sind kleine Umschläge, die mit Kupferdraht-Gewebe gefüttert sind, Radiowellen wirksam blocken und RFID-Chips zum Schweigen bringen. Aber die Beutel waren dafür gedacht, Ausweise und Mautstellen-Transponder zu neutralisieren, nicht für...
    "Eine Einleitung in die Physik?", stöhnte ich. Das Buch war dick wie ein Lexikon.
     
    Kapitel 2
    Vielleicht studier ich Physik, wenn ich nach Berkeley gehe", sagte Darryl. Sein Vater lehrte an der University of California in Berkeley, so dass er dort keine Studiengebühren würde zahlen müssen. Und ob er dort hin ginge, das stand in Darryls Haushalt nie zur Debatte.
    "Okay, aber könntest du das nicht auch online lesen?"
    "Mein Dad sagte, ich solle das Buch nehmen. Im Übrigen hatte ich nicht geplant, heute noch ein Verbrechen zu begehen."
    "Schule schwänzen ist kein Verbrechen, sondern ein Vergehen. Das
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