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Literaturgeschichte der USA

Literaturgeschichte der USA

Titel: Literaturgeschichte der USA
Autoren: Mario Klarer
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niederzulassen. Von den Niederlanden aus bemühten sich die Puritaner um eine Siedlungserlaubnis in Virginia, die sie schließlich durch das Patent der Londoner Virginia Company erhielten. Unter der Führung
William Bradford
s (1590–1657) erreichten an die hundert Puritaner Plymouth im Gebiet des heutigen Massachusetts. Aufgrund schlechter Wetterverhältnisse war die Mayflower nördlich des ihnen zugewiesenen Territoriums außerhalb der Jurisdiktion der Virginia Company gelandet. Diese Rechtsunsicherheit brachte jedoch auch einen gewissen Grad an Unabhängigkeit gegenüber der Krone mit sich, was die Siedler dazu veranlasste, sich im sogenannten Mayflower Compact (1620) auf eine Art Verfassung zu einigen, die sie «Civil Body Politic» nennen. Dieser Keim von Selbstorganisation wird als Ausgangspunkt des amerikanischen demokratischen Selbstverständnisses gesehen. Die Unterzeichnenden schließen sich zusammen, «for our better ordering and preservation […] to […] constitute […] such just and equal Laws, Ordinances, Acts, Constitutions, and Offices […] for the general good of the Colony»[ 5 ]. Bradford begründet den «Mayflower Compact» mit dem rechtsfreien Raum – «liberty» – außerhalb der Jurisdiktion der Virginia Company, in welchem niemand Befugnisse über die Pilgerväter geltend machen kann: «for none had power to command them»[ 6 ].
    Die beste Quelle für die Plymouth Colony – die auch denText des «Mayflower Compact» überliefert – stellen die Aufzeichnungen William Bradfords
Of Plymouth Plantation
dar, welche die Abfahrt der Puritaner aus England, das mehrjährige Intermezzo in Leiden sowie die Entwicklung der Kolonie bis ins Jahr 1647 zum Inhalt haben. Bradfords Manuskript galt für lange Zeit als verloren, tauchte aber Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Bibliothek wieder auf und wurde 1856 erstmals gedruckt.
    Die fundamentalistische Ausrichtung des amerikanischen Puritanismus prägte über die Plymouth Colony und Neuengland hinaus maßgeblich die kulturgeschichtliche Entwicklung Nordamerikas bzw. der späteren USA als Ganzes. In Anlehnung an die Schriften des Genfer Reformators Johannes Calvin stand das Prinzip der «manifest destiny», der göttlichen Vorherbestimmung, im Zentrum puritanischer Weltsicht. Gemäß dieser Auffassung hat Gott vorherbestimmt, ob ein Mensch erlöst werden wird. Das bedeutet, dass die Taten eines Menschen keinen direkten Einfluss auf die Erlösung haben, da Gott dies bereits von vornherein festgelegt hat. Dadurch wurde eine gesellschaftspolitische Dynamik erzeugt, die zwischen erwählten und nicht erwählten Personen unterschied.
    Gemeindemitglieder, die sich diesen rigiden Auffassungen nicht gänzlich verschrieben, wurden aus der Kongregation ausgeschlossen. So wurde z.B.
Roger Williams
(1603–1683) aus der Plymouth Colony verbannt, weil er für eine stärkere Trennung von Kirche und Staat in der Kolonie eintrat. Er verschaffte sich in Folge durch eine Reihe von Pamphleten Gehör für seine Ansichten. Erwähnenswert ist auch Williams’
A Key into the Language of America
(1643), in der er sich für den Schutz der Indianer in Providence einsetzt, wo er nach seiner Verbannung versuchte, eine Kolonie zu gründen. Es gilt als eines der ältesten linguistischen Dokumente zu Indianersprachen.
    Ebenfalls aufgrund nicht konformer Auffassungen wurde
Anne Hutchinson
(1591–1643) in den 1630er Jahren aus der Plymouth Colony verbannt. Hutchinson, die für ihre Intelligenz bekannt war, vertrat die Meinung, dass für die Bekehrung eines Menschen ausschließlich das innere Wirken des Heiligen Geistesverantwortlich sei. Damit geriet sie in Konflikt mit der puritanischen Auffassung, die der Gemeinde für die Bekehrung zum wahren Glauben besondere Bedeutung zumaß. Der Fall wurde auf einer Synode behandelt. Als Hutchinson nicht zur Widerrufung ihrer Ansichten bereit war, wurde sie exkommuniziert und ins Exil getrieben, wo sie und ihre Familie in der Folge von Indianern getötet wurden.
    Ungewolltes Zusammentreffen mit den amerikanischen Ureinwohnern spielte auch im Leben von
Mary Rowlandson
(ca. 1637–1711) eine große Rolle. Als Erwachsene von Indianern entführt, publizierte sie später ihre Erfahrungen in der Gefangenschaft in
A True History of the Captivity and Restauration of Mrs. Mary Rowlandson
(1682). Ihr Bericht wurde der erste Bestseller in Nordamerika und diente als Vorbild für eine Vielzahl von
frontier
-Erzählungen, welche die Ureinwohner als drohende
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