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Listiger Freitag

Listiger Freitag

Titel: Listiger Freitag
Autoren: Garth Nix
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Gehirn gab sich Mühe, ein paar Erinnerungen zusammenzukratzen.
    Harrison – Schläfer – Lady Freitag – Erfahren – Freitags Mittag …
    »Was ist los?«, fragte sie. Sie hatte einen scharfen Ton anschlagen wollen, brachte aber nur ein undeutliches Gemurmel zu Stande. Auch ihr Mund schien eingeschlafen gewesen zu sein.
    »Lady Freitag ist völlig wahnsinnig geworden!«, schrie Harrison aufgeregt. »Sie erfahrt jeden! Sämtliche Schläfer gleichzeitig! Wir müssen uns verstecken!«
    »Sämtliche Schläfer?«
    »Jeden Sterblichen, der hier ist! Die Bürger bringen alle in den Krater! Sie werden jeden Moment hier sein!«
    Blatt blickte um sich. Sie lag in einem Raum voller Schläfer, der stark an den Gelben Präparationsraum erinnerte, wenngleich dieser hier rosafarbene Wände hatte.
    »Das hier ist die letzte Station«, jammerte Harrison weiter. Er packte Blatts Arm und zog sie vom Bett herunter.
    Blatt folgte ihm. Aufrecht zu gehen, fand sie genauso schwierig wie nachzudenken, doch nach einigen Schritten gelang ihr beides ganz gut. Als sie wieder klar denken konnte, blieb sie unvermittelt stehen.
    »Meine Tante Mango!«, rief sie. »Ich muss sie holen!«
    »Sie ist schon im Krater! Alle sind im Krater«, erklärte Harrison ihr, während er sich in einen Treppenschacht duckte. »Bestimmt sind sie schon unterwegs, um die Schläfer aus dem Rosa Präpraum abzuholen. Beeil dich!«
    Blatt folgte Harrison die Treppe hinunter.
    »Wir müssen Lady Freitag aufhalten!«, sagte sie. »Sie kann doch nicht –«
    »Sie kann sehr wohl«, klärte Harrison sie auf. »Und sie tut es. Wir können nichts dagegen machen – außer uns zu verstecken und zu hoffen, dass wir am Leben bleiben.«
    »Wieso tut sie das?«, fragte Blatt. »Wie lange war ich weggetreten?«
    »Wieso? Ich weiß es nicht. Es ist alles ganz plötzlich passiert. Axilrad hat den Befehl erhalten. Ich … ich fing an, ihr zu helfen, und dann wurde mir auf einmal klar, dass »sämtliche Sterbliche‹ auch mich einschließt! Oh, du warst nur sechs oder sieben Stunden ohne Bewusstsein. Du hast keinen Schaden davongetragen, da bin ich sicher.«
    »Wir müssen uns Waffen beschaffen und zum Krater gehen«, beschloss Blatt. »Wenn wir Lady Freitag wenigstens ablenken können –«
    »Wir werden dabei umkommen!«, fiel ihr Harrison ins Wort. »Denk doch mal nach! Wir können von Glück sagen, wenn wir selbst mit heiler Haut davonkommen. Warte! Wohin gehst du?«
    »Zum Krater«, antwortete Blatt. »Es muss etwas geben, was ich tun kann.«
    »Sie werden dich schnappen«, zischte Harrison. »Du wirst erfahren werden. Du bist genauso verrückt wie Freitag!«
    »Danke, dass Sie mich geweckt haben«, sagte Blatt. »Damit haben Sie wenigstens etwas Gutes getan.«
    »Und dabei wirds auch bleiben!« Harrison wandte Blatt den Rücken zu und polterte die Stufen hinunter.
    Ich brauche ein Gewehr oder einen Bogen oder auch nur eine Steinschleuder, grübelte Blatt. Etwas, womit ich auf Freitag schießen kann, wenn sie auf diese Säule fliegt. Es muss sie lange genug ablenken, damit ich das Spiel beenden kann … Nein, das wird nicht funktionieren … wahrscheinlich hat Harrison Recht …
    Tränen der Wut traten in ihre Augenwinkel. Blatt wischte sie mit den Fingerknöcheln fort, während sie die Stufen hinaufstieg. Sie hatte keine klare Vorstellung davon, was sie als Nächstes unternehmen sollte, aber irgendetwas würde sie tun müssen. Vielleicht von oben einen Stein werfen; allerdings bezweifelte sie, dass sie überhaupt bis zur Mitte des Sees werfen könnte.
    Auf der nächsten Ebene – Kreis Acht, wie sie bemerkte – zog Blatt das Medaillon des Mariners heraus.
    »Das ist vermutlich das letzte Mal, dass ich Sie um Hilfe bitte«, sagte sie. »Wenn Sie nicht bald kommen, wird es zu spät sein. Lady Freitag dreht durch. Alles ist schiefgelaufen. Ich brauche jetzt Hilfe!«
    Das Medaillon blieb das geschnitzte Knochenstück, das es war. Blatt steckte es wieder weg und setzte ihren Aufstieg fort. Eine vage Idee nahm in ihr Gestalt an. Wenn alle Bürger damit beschäftigt waren, die Schläfer im Krater zusammenzutreiben, dann würde Kreis Zehn verlassen sein – einschließlich Mittags Büro. Es war nicht unwahrscheinlich, dass sich dort etwas Nützliches finden ließe. Eine Waffe. Ein Ersatztelefon. Irgendetwas.
    Oder ich treffe wieder auf Freitags Mittag. Blatt erschauderte und musste sich zum nächsten Schritt zwingen; sie hielt sich dicht bei der Wand, um das bisschen Schatten
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