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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick
Autoren: Susanne Fuelscher
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stand.
    Nach etwa einer Dreiviertelstunde – ich dachte schon, Katharina würde endlich zum Abmarsch blasen – bestellte sie plötzlich zwei Gläser Sekt. Ich sackte innerlich zusammen. Falls ich schwanger war … Hoffentlich würde der Embryo es mir verzeihen …
    »Findest du Jan eigentlich schön?« fragte Katharina, nachdem sie einmal kurz an ihrem Sektglas genippt hatte.
    In diesem Moment wurde mir schlagartig bewußt: Sie weiß es. Siewill mich nur prüfen, auflaufen lassen und dann eiskalt abservieren.
    Mein Herz puckerte wie verrückt, aber ich versuchte ruhig zu bleiben, als ich sagte: »Nein, schön finde ich ihn nicht.«
    »Seine Nase ist schief, wußtest du das?«
    Irritiert schüttelte ich den Kopf. Hoffentlich war ich nicht rot geworden.
    » Du bist schön!« Katharina beugte sich vor und sah mich durchdringend an, was ich aber nur eine Sekunde lang ertrug.
    Was redete sie da? Ich verstand überhaupt nichts mehr.
    Dann schob sie plötzlich ihre rechte Hand über den Tisch und legte sie auf meine Finger. Ein Stromschlag zuckte durch meinen Körper.
    »Du brauchst keine Angst zu haben.« Ihre Stimme klang sanft.
    »Ich will dir keine Vorhaltungen machen.«
    Mein Blick fiel auf ihre Hand, wie sie so schmal auf meiner großen Pranke lag. Am kleinen Finger trug sie den gleichen Kupferring, den ich dann und wann bei Jan gesehen hatte.
    Ich brauchte nur ein paar Sekunden, um mir klarzuwerden: Jetzt mußt du die Fäden in die Hand nehmen, sonst wickelt sie dich ganz in ihr Spinnennetz ein.
    Mit einem Ruck entzog ich ihr meine Finger, blickte sie herausfordernd an und sagte: »Was willst du eigentlich von mir?«
    Einen kurzen Moment lang erschien es mir, als gerate Katharina ins Straucheln, aber schon hatte sie sich wieder gefangen: »Ich mag dich. Das ist alles. Und ich finde es schade, daß Jan so viel mehr Zeit mit dir verbringen darf als ich.«
    »Du bist also … informiert?«
    »Ja.«
    Während Katharina mit ihrem Kupferring spielte und schwieg, brach in meinem Kopf ein Orkan los. Sie wußte es tatsächlich, und ich saß in der Falle. Meine Hände schwitzten, Wellen der Übelkeit rollten durch meinen Körper, und ohne es zu wollen, ertappte ich mich bei der Vorstellung, wie es wohl wäre, Katharinas Brüste zu berühren, die sich klein und straff unter ihrem Wollkleid abzeichneten.
    »Schockiert?« fragte sie nach ein paar Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen waren.
    »Ja«, sagte ich nur und griff nach meiner Jacke.
    »Bitte! Bleib!« Katharina sah mich beinahe verzweifelt an, so daß ich wie erstarrt auf meinem Stuhl sitzen blieb.
    »Also«, nahm Katharina dann wieder den Faden auf. »Ich bin dir nicht böse. Wirklich nicht. Jan übt eine Anziehungskraft auf Frauen aus – ich weiß das.«
    »Und?« Meine Finger waren jetzt plötzlich eiskalt.
    »Dein Lippenstift war in seiner Jackentasche.«
    »Ja! Vielleicht! Aber ich hatte ihn in der U-Bahn verloren!« sagte ich und ärgerte mich schon im selben Moment darüber, daß ich mich sofort in die Verteidigungsposition bugsierte.
    »Du hast ihn nicht verloren«, sagte Katharina und preßte sogleich die Lippen aufeinander.
    »Doch, ich … Er muß mir irgendwie rausgefallen sein.«
    Katharina lächelte jetzt – zynisch oder wie ein Engel, ich hätte es nicht zu entscheiden vermocht. »Jan hat dir deinen Lippenstift geklaut.«
    »Das glaube ich nicht.«
    Katharina lachte laut auf. »Jan ist kein Dieb, das nicht. Aber er kennt ein paar Tricks!«
    »Ich verstehe nicht …«, stammelte ich fassungslos.
    »Was David Copperfield kann, hat er schon lange drauf.«
    »Und warum hätte er es tun sollen?« fragte ich giftig, als ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte.
    »Um später leichter mit dir ins Gespräch zu kommen.«
    »Nein … ich meine … Er wußte doch gar nicht, daß wir uns bei Gretas Essen wiedersehen würden«, stammelte ich.
    »Doch. Er wußte es.« Katharina sah schräg an mir vorbei auf meine Ohrläppchen.
    Ich fühlte mich, als würde ich gleich ohnmächtig zusammensinken. Also griff ich nach meinem Sektglas und leerte es in einem Zug – Schwangerschaft hin, Schwangerschaft her.
    »Möchtest du noch ein Glas?« fragte Katharina in einem Ton, als wäre sie meine beste Freundin.
    »Nein, danke«, sagte ich und bat sie, indem ich aus Versehen ins Siezen zurückfiel, mich doch bitte endlich aufzuklären.
    »Also, gut.« Katharina befeuchtete kurz ihre Lippen mit der Zunge. »Jan hat dich früher schon mal gesehen. Vor eurer ersten
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