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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Der Preis des Verlangens
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Zeit nur einen knappen Tagesritt von ihm
entfernt gewesen war. Aber sie hatte sich
entschieden – freiwillig –, ihn und Jessie all diese Jahre
im Ungewissen über ihr Schicksal zu belassen. Ob sie wohl je bedacht hatte, wie
ihre Kinder unter
der Vorstellung gelitten hatten, welch schreckliches Schicksal sie befallen
haben könnte? War ihr bewußt gewesen, was für unglaubliche Geschichten er sich
als kleiner Junge auf dem Schulhof anhören
mußte? Selbst heute, als erwachsener Mann, träumte er manchmal noch von all den
furchtbaren Dingen, die die Indianer ihr angetan haben mochten!
    Er haßte
sie für ihren Verrat, für all die Qual und all den Schmerz, und der Ausdruck in
ihren blauen Augen verriet, daß sie es wußte.
    »Gabriel«,
sagte sie, als sie zu ihm kam und eine Hand auf seinen Oberschenkel legte. Ihr
Blick ruhte jedoch auf Nicholas. »Was ist geschehen?«
    Gabe
schaute auf den Jungen herab, der nach wie vor bewußtlos war. »Er wußte, daß du
hier warst, nicht?« entgegnete er, ohne ihre Frage zu beantworten. »Er hat es
die ganze Zeit gewußt, nicht wahr?«
    »Darüber
könnt ihr später reden«, sagte Charlie, als er absaß und herüberkam, um
Nicholas vom Pferd zu heben.
    »Ja«,
stimmte Louisa zu und eilte in die Hütte.
    Gabe band
die Pferde dahinter an und sattelte sie ab. Er hörte nichts und sah nichts, und
doch erkannte er an dem merkwürdigen Prickeln in seinem Nacken, daß sie an
diesem idyllischen, verborgenen Ort nicht allein waren. Zu jeder anderen Zeit
hätte er sich jetzt genauer umgesehen; in seinem gegenwärtigen Zustand war er
jedoch schon froh, nicht aus der Haut zu fahren, so aufgeregt war er.
    »Warum?«
herrschte er Louisa in der kleinen, nur spärlich möblierten Hütte an, wo
Nicholas auf einem schmalen Bett lag und bereits ausgezogen war. Gabes Mutter
wechselte die Verbände seines Sohnes, und Charlie ging hinaus, die Waffe in der
Hand, vermutlich, weil er Brennholz für die Nacht hereinholen wollte.
    Louisa
schaute ihn aus kummervollen Augen an. »Weil ich wußte, daß du nie verstehen
würdest, warum ich fortgehen mußte. Und ich hatte recht. Du verstehst es
nicht.«
    »Du hast
sogar verdammt recht! Wie sollte ich das verstehen?« versetzte Gabriel schroff.
»Weißt du, wie es war, nicht zu wissen ... sich zu fragen ...«
    »Sprich
leiser«, forderte ihn seine Mutter ruhig auf. »Nicholas muß sich auf seine
Genesung konzentrieren, und dein Geschrei stört ihn und lenkt ihn ab.«
    »Du bist
gar nicht entführt worden!« warf Gabe ihr vor. »Du bist freiwillig mitgegangen!«
    »Ja«, gab
sie mit einem betrübten kleinen Seufzer zu. »Ja, das bin ich.«
    »Warum?«
    »Weil ich
mich verliebt hatte, Gabriel. Weil ich liebte, wie ich noch nie zuvor geliebt
hatte.«
    »Du warst
verheiratet.«
    »Dein Vater
war zwanzig Jahre älter als ich und alles andere als liebevoll. Zumindest nicht
zu mir. Ich habe ihn nie geliebt, und auch er hat nie Liebe für mich empfunden.«
    »Und was
war mit Jessie und mir?« fragte Gabriel, der sich plötzlich wieder vorkam wie
der Fünfjährige, der in der Obhut eines lieblosen Vaters zurückgelassen
worden war. »Haben wir dir denn überhaupt nichts bedeutet?«
    »Ich konnte
euch nicht unter Indianern aufziehen, Gabriel. Ihr hättet nicht dahingepaßt.«
    »Weiß sie
es? Jessie, meine ich?«
    Wieder
seufzte Louisa und strich zärtlich über Nicholas' Haar. »Vielleicht – wenn sie
meine Tagebücher gelesen hat. Ich habe darin alles festgehalten – wie ich durch
Zufall Graue Wolke kennenlernte, als ich Beeren für einen Kuchen pflückte.« Sie
hielt inne, lächelte traurig bei der Erinnerung daran. »Er war ein Schamane,
ein Medizinmann, kein Krieger, und sammelte dort Kräuter. Irgendwie schienen
wir uns immer an der gleichen Stelle zu begegnen, und nach einer gewissen Zeit
konnte ich nicht mehr so tun, als ob es Zufall wäre.«
    »Irgendwann
wurde ich seine Geliebte. Ich wurde von ihm schwanger – und glaub jetzt nur
nicht, ich hätte es nicht gewollt – aber als es geschehen war, wußte ich, daß
ich nicht länger in zwei Welten leben konnte. Wenn ich deinem Vater ein
indianisches Kind zur Welt gebracht hätte, hätte er uns beide umgebracht und
auch noch eine Medaille dafür bekommen. Also arrangierte Graue Wolke meine
Flucht und sorgte dafür, daß es so aussah, als wäre ich entführt worden.«
    Gabe
umklammerte die Rückenlehne eines Stuhls, weil er den Boden unter den Füßen zu
verlieren glaubte. »Du bekamst ein Kind von ihm?«
    Sie
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