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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Der Preis des Verlangens
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junge Morgen. Ihr dichtes Haar glänzte und lugte sorgfältig
frisiert unter ihrem eleganten kleinen Hut hervor.
Ihre sherryfarbenen Augen funkelten vor Verachtung, als sie Gabe betrachtete.
    »Ich hätte
wissen müssen, daß ich dich hier finden würde, Gabriel McKeige«, sagte sie,
während sie hochmütig die Nase rümpfte und auf den Saloon deutete.
    Gabes
erster Impuls war zu grinsen, aber er wagte ihm nicht nachzugeben. Der Umgang
mit Annabel erforderte Ernst und Geistesgegenwärtigkeit, beides Eigenschaften,
über die er nach einer durchzechten Nacht am Pokertisch nicht unbedingt
verfügte. »Dein Urteilsvermögen ist so scharf wie immer, Mrs. McKeige.«
    Sie
errötete ein wenig, und einer der beiden Hunde kam zu Gabe und stieß mit seiner
langen Schnauze gegen dessen Oberschenkel. Gemächlich, ohne auf das Tier
herabzuschauen, kraulte Gabe den Hund hinter den Ohren.
    »Champion!«
rügte Annabel und schwenkte herrisch ihren rüschenbesetzten Sonnenschirm. »Bei
Fuß!«
    Winselnd
schlich der große Hund zu seinem Platz neben dem Wagen. Der Staub, den die Hufe
ihrer Pferde aufgewirbelt hatten, hatte sich noch nicht gelegt.
    Gabe
verschränkte die Arme und beobachtete seine Frau schweigend und mit jenem
schwachen Lächeln, von dem er wußte, daß es sie in Rage bringen würde.
    Die
Soldaten, die offenbar in eigenen Angelegenheiten in die Stadt gekommen waren,
saßen auf Befehl des Captains ab, der, wie die beiden Hunde, offensichtlich
einen ganz bestimmten Platz neben Annabel einnahm.
    »Ich bin
gekommen, um eine wichtige Angelegenheit mit dir zu besprechen«, sagte sie.
Obwohl sie beherrscht
wie immer war, konnte Gabe sehen, daß sie am liebsten den albernen kleinen
Schirm geschlossen und ihn damit über den Kopf geschlagen hätte.
    Was er
bereits als ersten kleinen Sieg betrachtete. Lächelnd spreizte er die Hände.
»Ich höre«, antwortete er.
    Wieder
errötete sie, aber ihr Blick blieb unbewegt. »Du glaubst doch sicher nicht, daß
ich persönliche Angelegenheiten vor der halben Stadt besprechen würde«,
entgegnete sie kühl.
    Gabe
richtete den Blick auf den Kavallerieoffizier, einen Mann, den er nicht kannte,
bevor er dann wieder Annabel
anschaute. »Wir könnten auf der Ranch reden«, schlug er vor. »Du wirst dich
doch noch erinnern, wo sie liegt?«
    Annabel
runzelte die Stirn. »Sprich nicht mit mir, als wäre ich ein dummes kleines
Ding, Mr. McKeige. Selbstverständlich erinnere ich mich.«
    Entnervend
langsam zog Gabe seine Taschenuhr heraus, klappte den Deckel auf und
betrachtete stirnrunzelnd
das Zifferblatt. »Wir treffen uns dort«, erwiderte er, ohne auf ihre Bemerkung
einzugehen – oder zumindest gab er sich den Anschein, sie zu ignorieren. In
Wirklichkeit jedoch blieb jedes Wort, das sie sagte, in ihm haften wie ein
Stachel. »Sagen wir, in einer Stunde?«
    Annabel
warf einen vielsagenden Blick zum ersten Stock des Saloons hinauf – wo Miss
Julia Sermon ihre privaten Räume hatte. »Ich möchte dich auf keinen Fall
belästigen«, entgegnete sie spitz.
    Gabe
grinste breit. »Oh, keine Sorge, das tust du nicht«,
erwiderte er charmant. Dann wandte er sich ab und ging zum Saloon zurück, wo
er, ein munteres Liedchen summend, die Treppe hinaufzusteigen begann.
    Julias
Mädchen starrten ihm offenen Mundes nach, als er an ihnen vorbeiging, aber der
Saloon füllte sich bereits mit jungen Soldaten, die fest entschlossen waren,
ihre freie Zeit in dieser Stadt zu nutzen. Keines der Saloonmädchen würde
lange unbeschäftigt bleiben.
    Als Gabe
Julias Wohnzimmer betrat, hörte er die ersten leisen Töne des Pianos durch die
Bodendielen dringen. Jemand mußte den Klavierspieler geweckt haben.
    Die lange
Couch, auf der Gabriel die Nacht verbracht hatte, war noch immer ein Gewirr
aus Decken und Laken, und Julia, in einem seidenen Morgenrock und mit langem,
aufgelöstem Haar, stand in der Tür zu ihrem Schlafzimmer.
    »Annabel
ist heimgekehrt«, sagte sie.
    Gabe hob
seinen Hut auf, den er in der Nacht zuvor auf einen Stuhl geworfen hatte, und
legte ihn auf einen Tisch. »Nein«, erwiderte er schroff und mied Julias Blick,
während er versuchte, sich darüber klarzuwerden, was er empfand und wie er es
verstanden wissen wollte. »Nein, sie will nur etwas, das ist alles. Es wird
sich wohl um Nicholas handeln. Wahrscheinlich denkt sie immer noch, sie könnte
einen Gentleman aus ihm machen.«
    »Setz dich
und beruhige dich«, forderte Julia ihn auf. »Sie hat dich überrumpelt, Gabe,
und wenn du jetzt nicht in
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