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Limit

Limit

Titel: Limit
Autoren: Frank Schätzing
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er.
    »Ich fragte, was du trinken möchtest.«
    »Ja.«
    »Also was?«
    »Keine Ahnung.«
    »Meine Güte. Ich schau mal, ob sie's haben.«
    Er widmete sich wieder Lynn. Amber kam zu ihm auf die Terrasse und ließ verführerisch eine geöffnete Flasche Coca-Cola zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her schwingen. Tim nahm sie mechanisch in Empfang, setzte sie an die Lippen und trank, ohne zu registrieren, was er in sich hineinschüttete. Seine Frau beobachtete ihn. Dann richtete sie den Blick nach unten, wo Tims Schwester samt ihrer kleinen Gefolgschaft soeben in der Rezeption verschwand.
    »Ach so«, stellte sie fest.
    Er schwieg.
    »Du machst dir immer noch Sorgen?«
    »Kennst mich doch.«
    »Wozu? Lynn sieht gut aus.« Amber lehnte sich gegen das Geländer und nuckelte geräuschvoll an ihrer Limonade. »Sehr gut sogar, wenn du mich fragst.«
    »Das ist es ja, was mir Sorgen macht.«
    »Dass sie gut aussieht?«
    »Du weißt genau, was ich meine. Sie versucht schon wieder, perfekter als perfekt zu sein.«
    »Ach, Tim –«
    »Du hast sie doch vorhin erlebt, oder?«
    »Ich hab vor allen Dingen erlebt, dass sie hier alles im Griff hat.«
    »Alles hier hat Lynn im Griff!«
    »Schön, was soll sie deiner Meinung nach tun? Julian hat einen Haufen stinkreicher Exzentriker eingeladen, um die sie sich kümmern muss. Er hat ihnen zwei Wochen in den exklusivsten Hotels aller Zeiten versprochen, und für alle ist Lynn nun mal verantwortlich. Soll sie anfangen zu schludern, muffig und unfrisiert durch die Gegend laufen, ihre Gäste vernachlässigen, nur der Einsicht halber, dass sie ein Mensch ist?«
    »Natürlich nicht.«
    »Das hier ist ein Zirkus, Tim! Sie ist die Direktorin. Sie muss perfekt sein, andernfalls fressen sie die Löwen.«
    »Das weiß ich«, sagte Tim ungeduldig. »Darum geht es nicht. Ich bemerke nur wieder dieses Gehetzte an ihr.«
    »Sie schien mir nicht sonderlich gehetzt.«
    »Weil sie dich täuscht. Weil sie jeden täuscht. Du weißt doch, wie gut ihr Außenministerium funktioniert.«
    »Entschuldige, aber kann es sein, dass du das alles ein bisschen dramatisierst?«
    »Ich dramatisiere gar nichts. Wirklich nicht. Ob es eine brillante Idee war, den ganzen Blödsinn hier überhaupt mitzumachen, sei dahingestellt, aber gut, nicht zu ändern. Du und Julian, ihr habt –«
    »He!« In Ambers Augen blitzte es warnend auf. »Sag nicht wieder, wir hätten dich breitgeschlagen.«
    »Was denn sonst?«
    »Niemand hat dich breitgeschlagen.«
    »Also, bitte! Ihr habt höllisch insistiert.«
    »Und? Wie alt bist du? Fünf? Wenn du partout nicht gewollt hättest –«
    »Ich wollte auch nicht. Ich bin Lynn zuliebe hier.« Tim seufzte und fuhr sich über die Augen. »Okay, okay! Sie sieht fantastisch aus! Sie scheint stabil zu sein. Trotzdem.«
    »Tim. Sie hat dieses Hotel gebaut!«
    »Klar.« Er nickte. »Schon klar. Und es ist super! Ehrlich.«
    »Ich nehm dich ernst. Ich will nur nicht, dass du Lynn vorschiebst, weil du's mit deinem Vater nicht auf die Reihe kriegst.«
    Tim schmeckte die Bitterkeit der Kränkung. Er wandte sich zu ihr um und schüttelte den Kopf.
    »Das ist unfair«, sagte er leise.
    Amber drehte ihre Limonadenflasche zwischen den Fingern. Eine Weile herrschte Schweigen. Dann legte sie die Arme um seinen Nacken und gab ihm einen Kuss.
    »Entschuldige.«
    »Schon gut.«
    »Hast du noch mal mit Julian darüber gesprochen?«
    »Ja, und dreimal darfst du raten. Er besteht darauf, es ginge ihr prächtig. Du sagst, sie sähe aus wie das blühende Leben. Also bin ich der Idiot.«
    »Natürlich bist du das. Der liebenswerteste Idiot, der je genervt hat.«
    Tim grinste schief. Er drückte Amber an sich, doch sein Blick war über die Brüstung gerichtet. Der Hubschrauber, der den Athleten und das indische Paar hergebracht hatte, zog wummernd aufs offene Meer hinaus. Dafür stand die nächste Maschine über dem Heliport und setzte zur Landung an. Unten verließ Lynn die Rezeption, um die neuen Gäste in Empfang zu nehmen. Tims Augen schweiften über das abschüssige Gelände zwischen Hotel und Klippen, den verwaisten Golfplatz, folgten dem Weg hinunter zum Küstenpfad. Verwerfungen und Schluchten hatten den Bau mehrerer kleiner Brücken erforderlich gemacht, mit dem Ergebnis, dass man die komplette Ostseite der Isla de las Estrellas bequem erwandern konnte. Er sah jemanden den Pfad entlangschlendern. Aus der Gegenrichtung spurtete eine schmale Gestalt heran, deren Körper hell in der Sonne schimmerte.
    Hell
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