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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major
Autoren: Linda Lael Miller
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den Fingern durch das
Haar.
    »Ich bin seit meinem sechzehnten
Lebensjahr Soldat«, erzählte er, und ein ernster Ausdruck war auf seinem
Gesicht erschienen. »Es ist keine Frage des Gefallens. Ich kenne nichts
anderes.«
    »Haben Sie schon einmal daran
gedacht, Farmer zu werden?« fragte Lily und wunderte sich über ihren Mut.
    Er wandte den Kopf, um sie
anzuschauen, und Lily war verblüfft über den Groll, den sie in seinen Augen
sah. »Lieber würde ich Patrouille in der Hölle reiten«, erwiderte er.
    »Es ist eine gute, anständige
Arbeit, das Land zu bestellen«, protestierte Lily, auf merkwürdige Weise
verletzt, weil er ihren Traum nicht teilte.
    »Wenn man
keine Phantasie besitzt«, erwiderte Caleb.
    Sie verschränkte ärgerlich die Arme.
»Aber Soldat zu sein, ist eine Kunst, nehme ich an. Versuchen Sie doch
mal, ein Schwert zu essen ...«
    »Beruhigen Sie sich«, unterbrach er
sie, und trotz seines sanften Tons klang es wie ein Befehl. Lily war genauso
eingeschüchtert wie die rüpelhaften Soldaten im Restaurant am Tag zuvor.
    »Farmer brauchen wir alle«, gab sie
schüchtern zu bedenken. »Ohne sie hätten wir nichts zu essen. Soldaten hingegen
...«
    »Ja?« hakte Caleb nach, als sie
verstummte.
    Lily räusperte sich. »Ich behaupte
nicht, daß wir keine Soldaten brauchen«, fuhr sie fort. »Aber in
Friedenszeiten kommen sie mir wie ein unnötiger Luxus vor.«
    Sie würden anders sprechen, wenn Sie
schon einmal einen Indianerüberfall erlebt hätten.«
    Lily erschauerte unter den Bildern,
die plötzlich vor ihren Augen erstanden. Der Major hatte ihre schlimmsten
Ängste ausgesprochen. »Ich dachte, die Indianerstämme in dieser Gegend wären
friedlich«, sagte sie und schaute ihn mit großen Augen an.
    Er zuckte mit den Schultern. »Wenn
ich eins gelernt habe über die Rothäute, dann ist es, daß sie unberechenbar
sind.«
    Lily biß sich auf die Lippen und
dachte an all die Nächte, in denen sie auf ihrer kleinen Farm allein sein
würde, ganz ohne Schutz.
    Caleb bedachte sie mit einem
nachsichtigen Lächeln. »Keine Angst, Lily. Solange Sie nicht allein durch die
Landschaft wandern, sind Sie sicher.«
    Das war keine Beruhigung. Wie sollte
sie ihr Land bestellen und nicht alleine sein? »Dann muß ich mir wohl ein
Gewehr kaufen und meine Treffsicherheit verbessern«, sagte sie aus ihren
Gedanken heraus.
    Obwohl sie das Tal noch nicht
erreicht hatten, hielt Caleb den kleinen Wagen an. »Was sagten Sie da?« fragte
er.
    Lily seufzte. »Ich muß schießen
üben. Mit Rupert habe ich früher Schneehühner gejagt, aber jetzt ...«
    Caleb starrte sie an, als hätte sie
gerade behauptet, auf einem Mondstrahl zu den Sternen reiten zu wollen. »Eine
Waffe ist kein Spielzeug für eine Lady«, meinte er streng.
    Sie richtete sich sehr gerade auf.
»Sie haben ein Recht auf Ihre Meinung, Major Halliday«, antwortete sie spitz.
»Selbst wenn sie veraltet und dumm ist.«
    Caleb trieb den Rappen wieder an.
»Was wollen Sie eigentlich mit einem Gewehr?« erkundigte er sich nach einer
Weile.
    Obwohl Lily wußte, daß ihre Antwort
noch mehr Diskussionen auslösen würde, war sie nicht fähig, sie
zurückzuhalten. »Ich brauche es zum Jagen – und um mich zu schützen, sollte der
Fall eintreten. Ich habe nämlich vor, auf einer Farm zu leben und das Land zu
bestellen.«
    »Allein?« Eine Spur von Bewunderung
klang in Calebs Stimme mit.
    »Allein«, bestätigte Lily, als Pferd
und Wagen einen grasbestandenen Hügel überwanden. Unter ihnen lag das Tal –
ihr Tal – mit blühenden Frühlingsblumen bestanden und in allen Farben
schimmernd. Für einen kurzen Moment waren Zweifel in Lily wachgeworden. Doch
nun, als sie ihr Land sah und ihren Bach, der im Sonnenschein wie reines Silber
glitzerte, wußte sie, daß sie ihr Haus bauen, ihre Bäume pflanzen und ihre
Felder bestellen würde. Sie konnte das alles verwirklichen. Sie mußte nur hart
arbeiten und vernünftig planen, dann brauchte sie keinen Mann zur Hilfe.
    Und erst recht keinen Soldaten.

2

    »Da!« sagte Lily glücklich und deutete auf eine Stelle am
Bach. »Lassen Sie uns dort das Picknick auspacken.«
    Caleb war ungewöhnlich still, als er
den Buggy ins Tal hinunterlenkte. Ein erstaunter Ausdruck lag auf seinem
Gesicht. Das Pferd trank durstig von dem frischen Wasser, während Caleb den
Picknickkorb und eine Decke aus dem Wagen holte.
    »Gefällt es Ihnen nicht?« fragte
Lily. »Finden Sie es nicht schön?«
    Er schaute sich um, strich sich mit
der Hand durchs
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