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Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Lilly Höschen (01): Walpurgismord

Titel: Lilly Höschen (01): Walpurgismord
Autoren: Helmut Exner
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freundliche Hauptkommissar Schneider mit ihr nach Clausthal fahren wollte, um Maximilian Schmecke zu vernehmen. Überraschungsbesuch am frühen Morgen. Schön und gut, dachte Gisela, aber was ziehe ich an? Meine Blusen sind nicht gebügelt, die Waschmaschine mit den T-Shirts habe ich vergessen anzustellen, meine Klamotten von gestern stinken. Also griff sie wahllos in den Schrank und zog ein uraltes, rotes Shirt mit dem schwarzen Aufdruck Fuck you heraus. Um Gottes Willen, mein Chef bringt mich um. Nächster Versuch: weißes T-Shirt mit dem roten Aufdruck Red Devils , einem Fanartikel einer amerikanischen Eishockeymannschaft. Das geht, dachte sie. Ist zwar etwas kraus, aber was soll’s. Dann drückte sie auf die Espressomaschine und bestrich schnell einen Toast mit Marmelade. Den Espresso mit drei Löffeln Zucker trank sie in zwei Schlucken aus, während sie das Marmeladenbrot auf dem Weg zum Auto in sich hineinschob, wobei sie ihr T-Shirt bekleckerte. Scheiße, dachte sie, aber die Aufschrift ist ja fast so rot wie die Marmelade. Im Rückspiegel sah sie dann, dass sie sich noch nicht gekämmt hatte. Also fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar und stellte fest, dass sie so aussah wie immer.
    Kommissar Schneider und seine Mitarbeiterin Gisela Berger saßen bei Maximilian Schmecke im Wohnzimmer. Er lebte in dem Einfamilienhaus seiner Mutter, die nicht anwesend war, weil sie, wie fast immer, in ihrem Geschäft arbeitete.
    »Tja, das ist natürlich ein Hammer«, sagte Maximilian und lümmelte sich in seinem Sessel.
    »Wann haben Sie Frau Gutbrodt zum letzten Mal gesehen?«, wollte Schneider wissen.
    »Das war zwei Tage vor dieser idiotischen Gerichtsverhandlung. Sie hat mich beschworen, nicht zu sagen, dass wir zusammen waren.«
    »Und Sie sind bewusst das Risiko eingegangen, unschuldig verurteilt zu werden?«
    »Ja, was tut man nicht alles für eine schöne Frau.«
    »Hat Frau Gutbrodt Sie für Ihr Schweigen bezahlt?«
    »Um Gottes Willen! Wo denken Sie hin? Sehe ich aus, als ob ich mich von einer Frau bezahlen lasse? Ich bin doch kein Gigolo.«
    »Nun, merkwürdig ist, dass Frau Gutbrodt im Vorfeld der Verhandlung zweimal je fünftausend Euro von ihrem Konto abgehoben hat. Wissen Sie, wozu sie dieses Geld gebraucht hat?«
    »Keine Ahnung. Meine Beziehung zu Frau Gutbrodt hatte nichts mit Geld zu tun.«
    »Gut, Herr Schmecke«, sagte jetzt Schneider, »wir werden das überprüfen. Wir müssen uns Ihr Privatkonto wie auch Ihr Geschäftskonto ansehen.«
    »Wie kommen Sie dazu? Das geht ja wohl zu weit.«
    Maximilian wurde unruhig.
    »Es geht hier um Mord«, war die knappe Antwort von Kommissar Schneider. Er hatte nicht vor, sich auf längere Diskussionen einzulassen und Begründungen abzugeben.
    »Noch etwas anderes«, sagte nun Gisela Berger. »Sie sagen, Sie hätten Frau Gutbrodt das letzte Mal vor der Gerichtsverhandlung gesehen. Unmittelbar nach der Verhandlung haben Sie aber mit ihr telefoniert.«
    »Das ist richtig. Ich wollte sie warnen, dass unser Verhältnis aufgedeckt wurde.«
    »Und wie hat sie reagiert?«
    »Sie geriet geradezu in Panik und sagte, dass sie sofort verschwinden müsse. Offenbar hatte sie Angst vor ihrem Mann, diesem komischen Staatsanwalt.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, wo sie hin wollte?«
    »Absolut nicht.«
    »Haben Sie versucht, sie danach nochmal anzurufen?«
    »Ständig, aber es war immer nur ihre Mailbox dran.«
    »Gut, Herr Schmecke. Auch das werden wir überprüfen. Bitte geben Sie mir Ihr Mobiltelefon.«
    »Das ist ja wohl ein Witz. Können Sie mir sagen, warum ich Sie belügen sollte? Oder aus welchem Grund ich sie umgebracht haben sollte?«
    »Sagen Sie es uns«, antwortete Gisela trocken.
    Im Auto meinte Gisela zu ihrem Chef:
    »Ein unsympathischer Kerl. Ich weiß zwar nicht, ob er wirklich was mit der Sache zu tun hat. Aber ich hätte Lust, ihn allein schon für seine überfreundliche Fresse zu verknacken.«
    »Oh, Gisela, was bin ich froh, dass Sie nicht Richterin geworden sind«, sagte Gerald Schneider und lächelte in sich hinein.

Lautenthal, 17. Juli 2010
     
    Inzwischen hatte sich die Nachricht von der Leiche in Lillys Garten wie ein Lauffeuer verbreitet. Auffällig viele Spaziergänger gingen an ihrem Haus vorbei. Für Kinder war es eine Mutprobe, von oben durch den Wald zu Lillys Garten zu gehen. Die Gerüchteküche brodelte. Man vermutete ja schon immer, dass mit dieser komischen Alten irgendetwas nicht stimmte. Wer weiß, in was für Sachen die alte Dame verstrickt
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