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Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Ein kleines Reh allein im Schnee (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
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Hunden den Eindruck erwecken sollte, er sei viel größer, als er tatsächlich war. Lilli bezweifelte allerdings, dass hier oben viele Hunde vorbeikamen …
    Frau von Schmidt blieb derweil in ihrer Box sitzen und betrachtete widerwillig den Schnee, der den Boden, die Hütte, den Stall und die nahe stehenden Tannen und Büsche bedeckte. »Scheußliche Frostpappe …«, murmelte sie grimmig und meinte damit offenbar den Schnee.
    »Gehen wir rein«, schlug Lillis Mutter nun vor und zog unter der Fußmatte der Hütte einen Schlüssel hervor. »Jetzt fängt der Urlaub richtig an!«
    Jesahjas Eltern brachen in spontanen Beifall aus, und Lillis Oma und Lillis Vater fielen mit ein. Lilli nahm Frau von Schmidts Box und folgte den anderen in die Hütte. Sie hatte recht gehabt: Sobald man die Dielen im Inneren betrat, quietschten sie, was irgendwie schön klang. Die Hütte war komplett aus Holz erbaut. Zahllose urige Deckenbalken und eine knorrige Treppe, die in den ersten Stock führte, vervollständigten den Eindruck von einem gemütlichen Hutzelhaus. Im Wohnzimmer gab es einen riesigen Holztisch, knautschige Sofas und einen schönen Kamin und in der Küche einen alten Kachelofen mit Sitzbank. Lilli und Jesahja, Lillis Eltern und Jesahjas Eltern teilten sich jeweils eins der drei kleinen Schlafzimmer. Lillis Oma bezog eine winzige Kammer hinter der Küche.
    In Lillis und Jesahjas Zimmer im ersten Stock gab es nicht viel mehr als zwei Betten, einen Tisch und einen Schrank. Aber das machte nichts, denn durch die lustigen kleinen Fenster und die nach Wald duftenden Holzwände war das Zimmer urgemütlich.
    Lilli und Jesahja machten sich nun daran, ihre Sachen aus den Autos zu holen und sich einzurichten, während die Erwachsenen ebenfalls geschäftig hin und her liefen. Lillis Mutter begann sogar wieder, Weihnachtslieder zu singen, und sagte immer wieder, dass sie »total auf Urlaub eingestellt« sei. Als sie jedoch feststellte, dass sie keinen Handyempfang hatte und auch nicht ins Internet gehen konnte, schloss sie die Augen und schien abermals im Stillen bis zehn zu zählen und an Gänseblümchen zu denken.

    Nachdem sie in ihrem Zimmer alles eingeräumt hatte, wunderte Lilli sich darüber, dass sie Frau von Schmidt gar nicht meckern hörte. »Wo steckt Schmidti eigentlich?«, murmelte sie. Sie hatte die Katze nicht mehr gesehen, seit sie ihre Transportbox in der Diele abgestellt und geöffnet hatte.
    »Sie hockt unterm Tisch im großen Zimmer!«, informierte Bonsai sie.
    Das klang nicht gut. Lilli eilte ins Wohnzimmer und fand die Katze dort unter dem Tisch. Sie kauerte zusammengesunken neben einem Tischbein und sah aus wie ein Häuflein Elend.
    Lilli krabbelte auf allen vieren zu ihr. »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie sanft. »Möchten Sie vielleicht –«
    Bevor sie weitersprechen konnte, tapste Frau von Schmidt zu ihr und schmiegte sich eng an sie. »Hallo«, miezte sie überraschend kleinlaut.
    Lilli nahm die Katzendame verwundert auf den Arm und streichelte sie.
    »Hier ist alles so … anders«, brachte die Katze stockend hervor. »Ich kenne mich hier gar nicht aus.«
    Lilli bekam ein schlechtes Gewissen. Sie hätte Frau von Schmidt besser erklären müssen, wo sie sich befanden. Ein Ortswechsel war für Katzen nicht so leicht zu verkraften wie für Hunde. Aber die Lady hatte sie während der Fahrt so sehr genervt, dass Lilli hinterher einfach froh gewesen war, sie erst einmal sich selbst zu überlassen.
    Frau von Schmidt schmiegte sich eng an sie. »Ich fühle mich ein wenig fremd hier. Außerdem …«
    »Ja?«
    »Außerdem war ich vorhin wohl ein wenig … anstrengend?«
    »Ähm ja, ein klein wenig vielleicht.«
    »Das ist nicht so gut, nicht wahr?«, fragte die Katze mit gesenktem Blick. »Ich hätte mich vielleicht etwas zügeln sollen. Schließlich haben Sie mir diesen einzigartigen Anzug geschenkt …« Sie blickte auf den lila-grün-karierten Strampler, den sie noch immer trug. »Wirklich, Sie waren sehr freundlich zu mir, Madame. Dennoch habe ich Sie während der Reise schamlos ermüdet. Das tut mir leid.«
    Lilli konnte kaum fassen, was sie da hörte. »Das ist okay. Schon vergessen.«
    »Oh, gut«, seufzte die Katze erleichtert und rieb ihren Kopf an Lillis Wange. »Sie sind mir nicht gram?«
    »Nein.« Lilli drückte die Katze an sich und hatte sie in diesem Moment trotz all ihrer Macken furchtbar gern.
    Bonsai, der neben ihnen saß, wedelte andächtig mit dem Schwanz. »Voll schön«, hechelte er.
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