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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals
Autoren: Merice Briffa
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passiert. Dunstan muss über das Schiff geschossen haben. Komm her, Liebste, du zitterst ja.«
    Er setzte sich zu Etty auf die Koje und nahm sie in die Arme. »Wir sind jetzt an ihnen vorbei. Hey, wein doch nicht. Heute sehen wir die nicht wieder.«
    Â»Ich hoffe, wir sehen nie wieder einen Polizisten aus Victoria. Ich liebe dich so sehr, Darcy. Ich würde sterben, wenn dir etwas passiert.«
    Â»Mir wird nichts passieren. Hör mal, wir fahren wieder langsamer. Hal ist offenbar der Meinung, dass die Gefahr vorbei ist.« Mit diesen Worten zog er Etty von der Koje hoch. Als sie gemeinsam vorsichtig durch die Tür blickten, die auf das Hinterdeck führte, stellten sie erleichtert fest, dass die Polizisten hinter einer Flussbiegung verschwunden waren. Die River Maid wurde immer langsamer und steuerte dann direkt auf das Ufer zu, das zu New South Wales gehörte.
    Â»Was macht Hal denn da? Er wird doch nicht jetzt schon anhalten?«
    Â»Nein, das tut er nicht«, erklärte Selena, die sich zu ihnen gesellt hatte. »Wir nähern uns jetzt einem Flussabschnitt, der gerade so breit ist, dass immer nur ein einziger Dampfer durchfahren kann. Hal hält es für möglich, dass an dieser Stelle weitere Polizisten warten, weil sie dort leicht an Bord springen könnten.«
    Â»Warum steuert er denn aufs Ufer zu? Umfährt er wieder ein Hindernis?«
    Â»Nein, Darcy. Wir biegen in einen kleinen Nebenarm, der einen Bogen beschreibt und zwei Meilen flussabwärts wieder in die Hauptfahrrinne mündet. Dieser Nebenarm ist nur schiffbar, wenn der Fluss sehr viel Wasser führt, so wie jetzt. Wir können froh sein, dass es in letzter Zeit so viel geregnet hat.«
    Der Nebenarm war kaum breiter als die River Maid. Das Schiff bewegte sich im Schneckentempo, und häufig kratzten Zweige an den Seiten. Etty kam es so vor, als würden sie durch einen feuchten, dunklen Tunnel fahren, in dem ihnen jeden Augenblick ein Unglück zustoßen könnte. Sie stellte sich abwechselnd aufs Vorderdeck, wo sie sich fragte, ob sie überhaupt weiterkommen würden, und aufs Hinterdeck, wo sie schaudernd beobachtete, wie die Bäume hinter ihnen scheinbar dicht zusammenrückten.
    Darcy, der bei Hal im Ruderhaus gewesen war, hatte nach ihr gesucht und stellte sich nun neben sie. »Ich bin froh, dass ich nicht hier entlangfahren muss. Hal scheint das aber überhaupt nichts auszumachen. Er sagt, er sei hier schon mal durchgefahren.«
    Â»Mir ist das gar nicht geheuer. Ich komme mir vor wie an irgendeinem Fantasieort im Märchen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir jeden Augenblick von Kobolden angesprungen würden.«
    Darcy schlang lachend die Arme um sie und ließ sein Kinn auf ihrem Kopf ruhen. »Du hast zu viel Fantasie, mein Schatz. Wenn du gesagt hättest, dass du jeden Augenblick mit einem Bunyip rechnest, hätte ich dir vielleicht geglaubt, aber nicht mit Kobolden.«
    Â»Ach ja? Sind Bunyips denn realer als Kobolde?«
    Â»Die Aborigines glauben das jedenfalls.«
    Etty lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust. »Wirst du unseren Kindern die Sitten und Gebräuche der Aborigines beibringen?«
    Â»Natürlich, auch wenn sie nur zu einem Viertel Aborigines sein werden. Du hättest doch nichts dagegen?«
    Â»Nein, mir gefällt die Vorstellung, wie du ihnen Tierfährten erklärst und ihnen beibringst, woran man die Exkremente verschiedener Tierarten unterscheidet. Ganz so, wie Nelson es uns allen beigebracht hat.«
    Die River Maid kam nun völlig zum Stehen. »Ich glaube, wir werden über Nacht hierbleiben. Bei diesem schwachen Licht kann er nicht riskieren weiterzufahren.«
    Â»Hat Onkel Hal dir das gesagt?«
    Â»Ja. Zumindest diese Nacht können wir uns hundertprozentig sicher fühlen.«
    Danach fuhren sie zwei Tage den Fluss hinunter, ohne einen Polizisten zu sehen und ohne dass man ihnen bei den Farmen, an denen sie anhielten, verdächtige Fragen stellte. Die Farmersfrauen kamen an Bord und kauften in dem schwimmenden Gemischtwarenladen ein. Etty, die in den elegantesten Boutiquen Europas eingekauft hatte, beobachtete beschämt, welches Vergnügen diesen Frauen ein Band in einem neuen Farbton oder ein Stück Stoff bereitete. Ihr wurde klar, dass sie, obwohl sie auf einer Schaffarm aufgewachsen war, doch sehr verwöhnt war.
    Besonders schmerzlich war die Armut auf einer Farm zu erkennen, wo etliche
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