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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
Autoren: Renate Schley
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sogar ein bisschen lachen, als sie erkannte, wo sie sich befand. Sie stand direkt vor dem Juwelierladen, in dem sie vor Wochen schon die Halskette mit den schwarzen Perlen entdeckt und seitdem regelmäßig bewundert hatte.
    Dann jedoch zuckte sie zurück: Die schwarzen Perlen waren aus dem Schaufenster verschwunden.
    Einen schrecklichen Moment lang fühlte Sarah jene Tränen in sich aufsteigen, die sie die ganze Zeit – vom Verlassen der Arztpraxis bis hierher – nicht hatte weinen können. Nun wurde ihre Kehle plötzlich eng. Sie musste schlucken, einmal, zweimal, viele Male.
    Als ihr Blick wieder halbwegs klar war, erschrak sie ein weiteres Mal, doch jetzt ganz anders, viel tiefer.
    Drinnen im Laden stand Robert. Robert, nach dem Sarah während ihrer Flucht vor der Wirklichkeit immer wieder stumm gerufen hatte. Er war es.
    Robert, der sich soeben die Kette mit den kleinen schwarzen Perlen von dem Juwelier zeigen ließ.
    Unwillkürlich machte Sarah sich draußen vor der Scheibe ganz klein, kauerte sich zusammen und konnte die ganze Zeit nicht aufhören, zu lachen.
    Dann jedoch musste sie sich beeilen, stahl sich auf Zehenspitzen davon, begann zu laufen, als sie sicher sein konnte, dass Robert sie nicht mehr erkannte, und war so leichtfüßig unterwegs, als gäbe es die Last jenes letzten Satzes nicht, den Maren Schellhorn gesagt hatte:
    „Du wirst nie ein Kind haben, Sarah.“
    In ihrem Apartment angekommen, rief sie als erstes Direktor Hoffmüller vom Kant-Gymnasium an, um ihm mitzuteilen, dass sie soeben einen Unfall gehabt hatte, als sie an einem Obststand über eine Kiste Apfelsinen gestürzt war. Sie würde sich jedoch umgehend auf den Weg machen.
    Hoffmüller hielt das für selbstverständlich, heuchelte Anteilnahme, aber nur kurz, sondern blieb vorwurfsvoll. „Das ist gut, andernfalls bricht hier alles zusammen, Sarah.“
    „Ich habe heute die ersten beiden Stunden frei“, erinnerte sie ihn.
    „Das weiß ich ja“, gab Hoffmüller widerwillig zurück. „Aber danach wirst du hier dringend als Vertretung in den 10. Klassen gebraucht. Wann kannst du hier sein?“
    „In einer Viertelstunde“, beendete sie das Gespräch, um nach ihrem Trenchcoat zu greifen und los zu stürmen.
    Die Hand bereits auf die Türklinke gelegt, hielt sie dann jedoch abrupt inne, stand reglos da, ihren Blick geistesabwesend wie nach innen gerichtet. Dann begann sie erneut zu lachen, ein Lachen, das im nächsten Augenblick schon in Verzweiflung umschlug.
    Sie hatte den Morris auf dem Parkplatz neben Maren Schellhorns Arztpraxis stehen lassen. Verwirrt, verstört war sie zu Fuß durch die Innenstadt gelaufen, und Roberts schwarzer Morris, den er ihr großzügig überließ, seitdem er von Cornelius eine silbergraue Luxuskarrosse zur Verfügung gestellt bekommen hatte, völlig vergessen.
    Sie musste sich setzen, legte die Hände vor ihr Gesicht und sagte immer wieder kaum hörbar: „Ein Kind ist ein Kind ist ein Kind ist ein Kind…“ Und hörte sich dabei an wie eine Schallplatte, die einen Sprung hatte.
    Dann gab sie sich einen Ruck, zwang sich, ihre überbordenden Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen, während sie die Treppe zum Erdgeschoss hinunter lief, gleichzeitig ein Taxi bestellte, das sie zum Kant-Gymnasium bringen sollte.
    Jawohl, fasste sie das Resultat der letzten beiden Stunden dieses Märzvormittags zusammen, als sie im Taxi saß und die Stadt mit ihren Menschen an ihr vorüber huschte wie unscharfe Fotos, auf denen nicht wirklich etwas zu erkennen war.
    Jawohl, ein Kind war ein Kind.
    Und eine Halskette mit schwarzen Perlen war eine Halskette mit schwarzen Perlen.
    Nicht mehr und nicht weniger.
    Und wenn das Leben sie mit dieser Kette über den Schmerz, nie ein Kind haben zu können, hinweg trösten wollte, dann war das natürlich ein sehr billiger Trost. Aber sie hatte Robert.
    Robert war ausgerechnet in einem Moment da gewesen, als sie ihn so dringend brauchte, wie sie ihn zuvor gebraucht hatte. Er wusste es nicht, doch Sarah hatte ihn gesehen, hatte den Atem angehalten, als er die schwarzen Perlen durch seine Finger hatte gleiten lassen. Behutsam, beinahe zärtlich war diese Geste gewesen und nie, niemals würde Sarah seinen Gesichtsausdruck vergessen.
    Das Eis in ihrem Innern begann in diesem Augenblick zu tauen und schuf Raum für eine ganz neue Wärme.
    Jessica quengelte.
    Sie quengelte immer, wenn die Dinge nicht so liefen, wie sie es erwartet hatte, weil sie grundsätzlich den Fehler machte, lange
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