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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Autoren: Zeruya Shalev
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leisen Kampf zu legen, der sich dort, zwischen Haut und Stoff, abspielte. Und dann hörte ich die Frau mit der Zigarettenspitze sagen, alors, Arie, und er legte den Finger auf die Lippen, zog mich hoch, drückte meine Hände mit Gewalt auf seine Unterhose und zog dann schnell seine alte Hose an, so schnell, daß meine Hände fast noch drinsteckten, als er den Reißverschluß zuzog, und er bedeckte seine glatte braune Brust mit dem Hemd und verließ die Kabine, einen Haufen Kleidungsstücke mitschleppend, und ich zog mich schnell an, suchte das Kleid in der nun leeren Kabine, vermutlich hatte er es aus Versehen mitgenommen, und sprang mit einem Satz hinaus, ohne mir die Schnürsenkel zugebunden zu haben.
    Sie standen schon an der Kasse, er, aufrecht und groß, ordnete seine silbergrauen Haare, und sie, elegant und gut aussehend in dem kurzen Hosenrock und dem modischen Jackett, nicht direkt schön, aber jedenfalls makellos elegant, eine Art von Eleganz, die mehr war als Schönheit, flüsterte ihm etwas ins Ohr, wühlte in dem Haufen Kleidungsstücke und zog mein Kleid hervor, und ich machte einen Schritt auf sie zu, trat auf meine offenen Schnürsenkel und stolperte, vor lauter Spiegeln war es schwer zu erkennen, wo sie wirklich waren und wo nur ihr Spiegelbild, ich kam durcheinander und stieß gegen einen Spiegel statt gegen seinen lebendigen Körper, der noch in meinen Händen pochte. Das ist mein Kleid, sagte ich atemlos, Entschuldigung, das ist mein Kleid, und die Kassiererin sah mich mißtrauisch an, ich rief die Verkäuferin als Zeugin, und zu meinem Glück bestätigte sie es, ja, sie hat es vorher anprobiert, und erst da hob er den Kopf von seiner braunen Brieftasche und sagte erstaunt, Ja’ara, was machst du hier, und erklärte seiner Begleiterin auf französisch, la fille de mon ami, machte sich aber nicht die Mühe, sie mir vorzustellen, und fragte, während er den Scheck ausstellte, übertrieben freundlich, wie geht es deiner Mutter? Ich hoffe, sie hat sich erholt, und ich sagte, ja, es geht ihr schon wieder ganz gut, sah, wie die Konzentration aus seinem Gesicht verschwand und es wieder von dem Ausdruck spöttischer Selbstzufriedenheit beherrscht wurde. Ich habe die Sachen zurückgegeben, die ich vor einer Woche gekauft habe, Sie müssen sie mir abziehen, sagte er zu der Kassiererin und zog einen Scheck heraus, sie prüfte die Quittungen und bat um seine Personalausweisnummer und die Telefonnummer, und er schrieb ihr die Zahlen auf, langsam und sie laut aussprechend, wiederholte die Telefonnummer noch einmal, und ich lernte sie, lautlos die Lippen bewegend, auswendig. Als sie mit der schwarzen Tüte den Laden verließen, einer riesigen Tüte, die noch größer war als die vorherige, winkte er mir freundlich zu und sagte, richte bitte einen Gruß aus zu Hause, und fügte hinzu, als falle es ihm plötzlich ein, sag deinem Vater, daß ich noch auf seine Antwort warte, und ich sagte, in Ordnung, schaute ihnen nach, wie sie sich entfernten, er führte sie, die Hand auf ihrer Schulter, energisch, ihre Hintern bewegten sich im gleichen Rhythmus, da nannte die Kassiererin mir den Preis des Kleides, den ich nur mit Mühe erfaßte, mein Kopf war voll mit seiner Telefonnummer, sie wiederholte den Preis, und ich murmelte, wieso ist es so teuer, ich habe nicht gewußt, daß es so teuer ist, legte das Kleid auf den Tisch und trat einen Schritt zurück, als würde es gleich explodieren, und die Verkäuferin kam drohend auf mich zu, mit einem Schlag fiel die ganze Freundlichkeit von ihr ab, was soll das heißen, Ihretwegen haben wir eine Kundin verloren, das gibt es nicht, daß Sie es jetzt nicht nehmen. Ich habe nicht auf den Preis geachtet, stammelte ich, ich muß mit meinem Mann sprechen, ich erwähnte ihn nur, um mich ein wenig zu beruhigen, mich an seiner akustischen Existenz festzuhalten, sie sollten wissen, daß ich nicht allein, nicht so verloren war, wie ich in diesem Moment aussah, und die Verkäuferin packte wütend das Kleid, bevor Sie sich das nächste Mal zu etwas verpflichten, schauen Sie gefälligst auf den Preis, und ich sagte, Sie haben recht, Entschuldigung, sah bekümmert, wie mein schönes samtiges Kleid, das ich noch nicht einmal anprobieren konnte, wieder der Puppe übergestreift wurde, die schon darauf wartete, und stand wieder vor dem Schaufenster, wie vorher, bemerkte erstaunt, wie gut Puppe und Kleid zusammenpaßten, und dachte, nichts ist passiert, ich kann weitergehen, als hätte ich diesen
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