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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman
Autoren: Kate Atkinson
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»Du warst nicht da, stimmt’s? Du hast es geschafft, meine Premiere zu versäumen! Was ist passiert, was so wichtig war? Ist jemand gestorben? Oder hat jemand gesagt,
Hilf mir, Jackson?«
    »Also, wie es nun mal ist …«
    »Du bist so verdammt vorhersehbar.«
    »Beruhige dich.«
    »Mich beruhigen?«
    Sag das nie zu einer Frau, das steht auf der ersten Seite des Handbuchs, das nicht mit ihnen mitgeliefert wird.
    »Ich werde mich verdammt noch mal nicht beruhigen.«
    Sie zündete eine Zigarette an und zog heftig daran, als enthielte sie ein Asthmamittel.
    »Du solltest nicht rauchen«, sagte er (auch von diesen Worten riet das Handbuch ab). »Du weißt, dass du wirst aufhören müssen zu rauchen. Und zu trinken.«
    »Warum?«
    »Warum glaubst du?«
    »Ich weiß nicht.«
    In ihren Augen sah er eine neue Wut, eine Herausforderung, die er nicht annehmen sollte.
    Und es war lächerlich. Es war überhaupt nicht so, wie er sich diesen Augenblick vorgestellt hatte.
    Er hatte sich Kerzen vorgestellt, Blumen, eine liebevolle Freundlichkeit, die sie wie ein Schal einhüllte. »Weil du schwanger bist«, sagte Jackson.
    »Na und?« Sie reckte trotzig das Kinn und blies Rauch zur Decke, wo er sich unter die schmutzige Wolke über ihren Köpfen mischte.
    »Na und?«, wiederholte er gereizt. »Was soll das heißen?
Na und?«
Dieses Gespräch sollte nicht in dieser schmuddligen Bar voller lärmender Menschen stattfinden, aber er hatte keine Ahnung, wie er sie da hinausmanövrieren sollte. Er fragte sich, auf welche Weise sie es ihm beigebracht hätte. Die Verkündigung. Die Schönheit des Moments war jetzt unweigerlich zerstört.
    Dann schoss ihm ein fürchterlicher Gedanke durch den Kopf. »Du wolltest es doch nicht loswerden, oder?«
    Sie sah ihn kalt an. »Loswerden?«
    »Abtreiben. Herrgott, Julia, das kannst du doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen.« Fast sagte er:
Das ist vielleicht deine einzige Chance,
aber irgendwie konnte er zumindest das verhindern.
    »Nur weil ich große Brüste habe, eigne ich mich noch nicht zur Mutter, Jackson.«
    »Julia, du wärst eine
wunderbare
Mutter.« Das stimmte. Er konnte nicht glauben, dass sie es nicht erleben wollte, Mutter zu sein. Sie hatten nie über Kinder gesprochen, sie hatten übers Heiraten gesprochen, aber nie über Kinder. Warum? Wie konnten ein Mann und eine Frau eine Beziehung haben und nicht über Kinder sprechen?
    »Wir haben nie über Kinder gesprochen, Jackson. Und es ist mein Körper und mein Leben.«
    »Mein Baby«, sagte er.
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »
Dein
Baby?«
    »Unser Baby«, verbesserte er sich.
    Etwas glitt über ihr Gesicht, unendliche Traurigkeit und Bedauern. Sie schüttelte den Kopf und drückte die Zigarette in einem Aschenbecher auf der Theke aus.
    Dann sah sie ihn an und sagte: »Tut mir leid, Jackson. Das ist es nicht. Es ist nicht dein Baby.«

52
    H immel. Bist du sicher? Bist du sicher, dass er tot ist? Hast du den Tierarzt gerufen?«
    Die Verkäuferin ließ ihn nicht aus den Augen, wie magnetisch von seinem Gesicht angezogen. Ihre Züge spiegelten sein Entsetzen wider, als wäre sie eingetreten in das Drama seines Lebens. Gebt dem Mädchen einen Oscar.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie, als er sein Handy einsteckte.
    »Das war meine Mum«, sagte Archie. »Unsere Katze ist tot.«
    »O nein«, sagte sie, das Gesicht in Sorgenfalten gelegt. Ihre Unterlippe zitterte sogar.
    »Ooh, das war gut«, flüsterte Hamish, als sie das Geschäft verließen. »Tote Katzen hätten uns schon früher einfallen sollen, Frauen stehen auf so was.«
    Archie fühlte sich mies, weil er die Katze so benutzte, andererseits war es leichter gewesen, echte Gefühle zu zeigen. Der Kater tat ihm leid. Er hatte nicht gewusst, dass er ihn liebte, bis er anfing zu jaulen. Es war ein schrecklich gruseliges Geräusch gewesen. Dann waren dem Kater die Hinterbeine weggeknickt, und er lag einfach nur keuchend da. Manchmal, wenn seine Mutter arbeitete, vor allem wenn sie nachts arbeitete, hatte er entsetzliche Herzschmerzen, weil er nicht wusste, was aus ihm würde, wenn sie starb. Wenn sie bei einer Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd einen Unfall hätte. Oder jemand sie erschoss oder erstach. Sein Herz flatterte, und ihm wurde ganz anders.
    Wie sie den Kater liebte, war verrückt. Ihre eigene Mutter war letzte Woche gestorben, und sie hatte daraufhin mit ihm angestoßen. »Auf die alte Schlampe, möge sie für alle Ewigkeit in der Hölle schmoren.« Aber der Kater starb, und
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