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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald
Autoren: Eric Malpass
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die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hatte.
    «Vom Mars?» sagte Opa. Wieder wandte er sich Derek zu. «Vermutlich bist du einer von den verrückten jungen Leuten, von denen heute soviel Wind gemacht wird. Aber für mich bist du nichts weiter als ein ganz übler Bursche, der kleine Mädchen mit Füßen tritt. Mach, daß du hier wegkommst, los!»
    Derek war abgrundtief gedemütigt worden. Aber jetzt hatte er einen Gegner vor sich, mit dem er sich messen konnte. Er starrte Gaylord wütend an. «Dich schnappe ich mir noch!» schrie er schluchzend. «Wir schneiden dich in Stücke!» Er faßte Mut und starrte nun auch John Pentecost ins Gesicht. «Und Sie auch, Sie... So kommen Sie nicht davon!» Er heulte und bebte vor Wut, Selbstmitleid und blanker Verzweiflung. Trotzdem fehlte es ihm nicht an Frechheit. «Und wie soll ich jetzt nach Hause kommen, ihr dreckigen...»
    «Du wirst hübsch zu Fuß gehen, du Dreckskerl», gab John Pentecost mit sanfter Stimme zur Antwort.
     
    Das Schicksal liebt es bekanntlich, Salz in offene Wunden zu streuen. Als Derek auf der Landstraße nach Hause trottete, kam ihm plötzlich ein ganzer Trupp von seinen Kumpanen entgegen. «He, Derek - wo hast du denn deine Maschine gelassen?»
    Er erzählte ihnen eine Geschichte. Die eigene Erniedrigung wurde bagatellisiert, der kühne Angriff auf das kleine Mädchen hochgespielt, und der alte Mistkerl erhielt einen Tritt in die Magengrube, nach dem er sich stöhnend am Boden wand. Die Freunde sahen ihn voller Bewunderung an. Derek fand sein Selbstbewußtsein wieder. Und die Freunde erwiesen sich als verantwortungsbewußte Bürger, die Gesetz und Ordnung hochhielten. Wenn ein Tattergreis meinte, selber Recht sprechen zu können, dann mußte man ihm eine Lektion erteilen. So lautete das einstimmige Urteil.
     
    Besorgt und beunruhigt kehrte John Pentecost ins Haus zurück. Er beachtete Gaylords eifrige Fragen nicht. Er schloß sich in seinem Arbeitszimmer ein, griff zum Telefon und wählte.
    «Sind Sie’s, Mackintosh? Wie geht’s der Kleinen?»
    «Böser Schock. Aber verletzt ist sie nicht, glaube ich.»
    «Der Kerl hat ihr einen Tritt versetzt.»
    «Ja. Ich weiß. Elspeth hat für alle Fälle den Doktor gerufen.»
    «Schön. Dann kommen Sie bitte herüber.»
    «Ich komme.»
    John Pentecost legte den Hörer auf und ging an die Tür. «May! Jocelyn!»
    Sie kamen erstaunt herbeigelaufen. «Setzt euch, beide», sagte er. Schweigen. Selbst May wagte es nicht, ihm Fragen zu stellen, wenn er in solcher Laune war. Er saß stumm hinter seinem Schreibtisch und fuhr mit seinem breiten Daumen an der Kante entlang, immer hin und her. Das Schweigen wurde unerträglich. Er sagte: «Wir warten auf Mackintosh.»
    «Was ist denn bloß los, Schwiegervater?» fragte May. «Es ist doch nichts mit Gaylord?»
    «Nein. Es ist nichts mit Gaylord.»
    May und Jocelyn blickten einander an: sie ungeduldig, er besorgt. Der alte Mann schüttelte langsam den Kopf. Man könnte fast meinen, dachte May, daß er ein schlechtes Gewissen hat. Dann dachte sie an Amanda, die gewickelt werden mußte, an das Mittagessen und die Bügelwäsche und rutschte auf der Stuhlkante hin und her.
    Die Tür wurde geöffnet, Mackintosh kam herein, ignorierte May und Jocelyn und zog einen Stuhl an den Schreibtisch heran -alles in einer einzigen Bewegung. «Also», sagte er.
    John Pentecost blickte auf und sagte: «May, Jocelyn, Mr. Mackintosh ist bereits im Bilde. Ihr nicht.»
    Sie warteten, ohne ein Wort zu sagen, beide mit einem flauen Gefühl im Magen. John Pentecost fuhr fort: «Julia hat auf der Wiese gespielt. Da kam ein Halbstarker auf seinem Motorrad angeknattert und machte ihr absichtlich Angst, so daß sie fast ohnmächtig wurde. Dann hat er ihr einen Fußtritt versetzt.»
    Beide waren tief erschrocken. May dachte sofort: Das kommt davon. Ich wollte meine Ruhe haben. Wenn ich mich um die Kleine gekümmert hätte, wäre es dann auch passiert? Jocelyn war entsetzt, aber er sah in diesem Beispiel zerstörerischen Verhaltens zugleich auch eine Bestätigung seiner Theorie.
    «Wie geht es ihr?» fragten beide gleichzeitig.
    Der alte Mann sah den Verwalter an, und Mr. Mackintosh erwiderte: «Elspeth meint, sie hat sich schon etwas von dem Schrecken erholt. Wir müssen den Arzt abwarten.»
    «Und du hast es mit angesehen, Vater?» fragte Jocelyn.
    «Ja.»
    «Wie ist es denn passiert? Ist der Kerl entkommen?»
    «Deshalb habe ich euch gerufen», sagte John Pentecost. «Ich habe dem Jungen eine
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