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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald
Autoren: Eric Malpass
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alter Mann lehnte. Grimmig beobachtete er Derek. In der Hand hielt er eine doppelläufige Schrotflinte.
    Auf eine solche Begegnung war Derek nicht vorbereitet. Er suchte sich seine Gegner lieber selber aus - und diesen Mann hätte er sich bestimmt nicht ausgesucht. Er verlangsamte sein Tempo, hielt an und blieb bei laufendem Motor sitzen.
    John Pentecost betrachtete ihn mit sichtbarem Widerwillen: der kleine weiße Schnurrbart verriet sehr deutlich seine Gefühle. Das Bärtchen war imstande, sich ungeduldig zu drehen, sich gereizt zu kräuseln und sich - was selten vorkam - in die Länge zu ziehen, wenn der alte Mann sich zu einem Lächeln herabließ. Im Augenblick sträubte es sich vor Zorn.
    «Stell den Krach ab!» brüllte John Pentecost plötzlich.
    Derek gehorchte.
    «Und nimm diesen lächerlichen Hintern vom Kopf!»
    Tief beleidigt nahm Derek seinen Schutzhelm ab. Der alte Mann betrachtete den schmalen Mund, die furchtsamen Augen, das blasse Gesicht und wandte den Blick ab. Was für ein mieser Bengel, dachte er angewidert. «Setz das Ding bloß wieder auf», sagte er müde.
    Derek setzte den Helm wieder auf und fühlte sich etwas sicherer. Aus dem Augenwinkel sah John Pentecost, wie Miss Mackintosh das bewußtlose Kind ins Verwalterhaus trug. Ihm wurde fast schlecht vor Wut. «So, mein Junge», sagte er grimmig, «und jetzt wirst du etwas tun.»
    «Und was?» fragte Derek kriegerisch.
    «Du wirst das dreckige Blechding da in den Fluß werfen.»
    Zehn Sekunden lang war kein Laut zu hören. Dann fragte Derek: «Sie meinen das Motorrad?»
    «Ich meine das Motorrad.»
    «Fällt mir nicht ein.»
    «Oh, das wird dir schon einfallen.» Jetzt wurde der Sicherheitsriegel vor das Gattertor geschoben.
    John Pentecost sah Derek an, und Derek sah John Pentecost an und sagte: «Das wagen Sie doch nicht?» Es war eher eine Frage als eine Feststellung; so weit hatte er den Alten schon kennengelernt.
    «Oh, ich habe schon ganz andere Sachen gewagt», gab der alte Mann leichthin zur Antwort. «Ich kann dir gelegentlich meine Orden zeigen.» Der leichte Ton schlug in einen herrischen Befehlston um. «Los jetzt. Du schiebst. Ich will das Drecksding nicht auf meinem Grund und Boden haben.»
    «Ja, aber...» Derek war den Tränen nahe.
    «Du schiebst! Los, vorwärts. Ich gehe hinterher. Und denk bloß nicht, daß ich dir nicht den Hintern versohlen kann. Es juckt mir schon in den Händen.»
    Derek Bates war verzweifelt. Er sollte seinen Stolz, seine Männlichkeit opfern - das einzige auf der Welt, das ihm Bedeutung verlieh. Er blickte auf den in der Sonne blitzenden Flintenlauf. Er blickte in das Gesicht des alten Mannes. Vergeblich suchte er nach einem Zeichen des Erbarmens. Er fing an zu schieben und hielt gleich darauf wieder inne. «Bitte, Kumpel», flehte er. «Ich wollte dem Kind nichts tun.»
    John Pentecost stupste ihn mit dem Flintenlauf. «Ich bin nicht dein Kumpel, Gott sei Dank! Los, weiter! Ich habe nicht soviel Zeit.»
    Derek schob weiter. An der Uferböschung blieb er wieder stehen. «Ich kann’s nicht, Mister. Ich bring’s nicht über mich.» Er wimmerte fast und schrie dann: «Schmeißen Sie’s doch selber rein, Sie Mistvieh! Ich tu’s nicht. Ich kann’s nicht.»
    «Los. Stoßen!» sagte Opa.
    «Nein!»
    «Los!»
    Es war für Derek das erste Mal im Leben, daß er auf ernsthaften Widerstand stieß, und es verwirrte ihn. Aber er wußte instinktiv, daß hier seine üblichen Waffen - Jammern, Heulen, Angeben - gar nichts nützten. Wenn bloß seine Freunde in der Nähe gewesen wären! Doch alles blieb still, niemand kam ihm zu Hilfe. Mit einem Aufschrei der Wut und Verzweiflung gab er der herrlichen, glänzenden und blitzenden Maschine einen Stoß, und sie versank mit einem lauten Platsch im Wasser. Ungläubig starrte Derek hinunter. Es war einfach nicht möglich - so grausam konnte das Leben nicht sein.
    «Was macht denn das Motorrad da unten im Wasser, Opa?» fragte eine helle Stimme. Gaylord hatte beobachtet, wie Opa mit jemandem sprach, der nur ein Marsmensch sein konnte, und war schleunigst herbeigeeilt. Schade, es war bloß ein Motorradfahrer. Immerhin, man sah nicht jeden Tag ein halb untergetauchtes Motorrad im Wasser liegen.
    Opa beachtete ihn nicht. Er wandte sich wieder Derek zu und sagte großmütig: «Wenn du das Ding von der Werkstatt bergen lassen willst, kannst du den Leuten sagen, sie haben meine Erlaubnis, die Wiese zu betreten.»
    «Du kommst doch nicht vom Mars, oder doch?» fragte Gaylord, der
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