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Liebe wird oft überbewertet

Liebe wird oft überbewertet

Titel: Liebe wird oft überbewertet
Autoren: Christiane Rösinger
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ihre männlichen Kollegen berät die Psychologin ergebnisoffener und rät hin und wieder zum Alleinsein. Denn, so die Einschätzung von Insiderinnen, Therapeuten sind eben auch nur Männer und können sich Frauen ohne Männer nicht als glückliche Menschen vorstellen.
    »Liebe besiegt alles – man muss nur an die Kraft der Liebe und der Beziehung glauben« ist das Credo der Paartherapie. Deshalb will sie auch Beziehungen mit aller Macht reparieren, sie verspricht: Liebe kann man lernen, Sex ist Technik, Schlussmachen was für Feiglinge.
    Da soll die Liebe sogar Widerstandskräfte gegen die soziale Kälte des Neoliberalismus aufbringen! Dass Liebe ein Schmiermittel des Kapitalismus ist und die Romantik ökonomischen Gesetzen folgt, wird wohlweislich verschwiegen.
    Denn für die Paartherapeuten ist die Liebe an sich in Ordnung, nur unser modernes Leben ist so kompliziert geworden. Da gibt die Paartherapie gerne Hilfestellungen und zeigt auf, wie sich das Individuum auf dem Markt der Möglichkeiten zurechtfinden kann.
    So wird Liebe zum Lernmodell.
    Die Ratgebersparte »Paartherapie« hält Übungen und Aufgaben für Problempärchen bereit: Man lernt an Hand des Buches, wie man die » 5 Dialogsäulen der Partnerschaft« erklimmt, erarbeitet eine gemeinsame Paarethik, führt ein Gefühlstagebuch, tritt zuerst in den »intimen Dialog«, dann in den »Seelendialog«, der schließlich zur »Paarsynthese« führen soll. Man wird angeleitet, einen Liebesbrief zu schreiben, um Verzeihung zu bitten, danke zu sagen.
    Trotz dieses positiven Ansatzes haben unrepräsentative Umfragen ergeben, dass eine Paartherapie eigentlich zu 100 % zur Trennung führt. Deshalb kann die Paarkritikerin die Institution der Paartherapie nicht genug loben, scheint sie doch den Pärchen die Kraft zu geben, sich endlich voneinander und aus ihrer unguten Beziehung zu lösen.
    Die französischen Psychologinnen
    Sie geben sich existentialistischer und plädieren durchaus fürs Alleine-Leben und bringen in ihren Liebes- und Lebensratgebern viele Fallbeispiele von glücklichen Single-Frauen um die fünfzig. In der französischen Therapeutenschule wird Tacheles geredet:
    »Dem Tod kann niemand entrinnen. Die Betriebsamkeit der Welt dient nur dazu, die Tatsache zu verschleiern, dass wir alleine geboren sind und alleine sterben müssen. Man kann sich in Liebesabenteuer oder eine Pseudofreundschaft flüchten, um der Einsamkeit abzuhelfen – es wird nicht gelingen«, schreibt Marie-France Hirigoyen, eine der bekanntesten Psychotherapeutinnen Frankreichs und Bestsellerautorin. In »Les nouvelles solitudes« – übersetzt als »Solotanz – Anleitung zum Alleinsein« – berichtet die Paartherapeutin aus ihrer Praxis und wirft einen neuen Blick auf »reife Frauen«, die es vorziehen, alleine zu bleiben. Interessant sind die landestypischen Besonderheiten der Paarprobleme, bestätigen sie doch die gängigen Frankreichklischees.
    Die französischen Frauen beschweren sich oft über die Ansprüche des Ehemannes: Immer sollen sie Seidennégligés im Bett und hochhackige Schuhe auch zu Hause tragen. Von einer »weiblichen« Französin wird erwartet, dass sie sich nie ungeschminkt zeigt, stets Strümpfe, Schmuck und Ohrringe trägt. Kein Wunder, dass viele Frauen nach einer Trennung von ganzem Herzen alleine sein wollen. Die ehemüden Französinnen beklagen auch, dass sie neben Berufstätigkeit, Haushaltsführung und Kindererziehung (der französische Mann hilft wohl tendenziell eher wenig im Haushalt) sich auch noch um das gesellschaftliche Paarleben kümmern müssen: Bekannte einladen, Theaterkarten besorgen, Kontakte zu Freunden pflegen, Besuche organisieren.
    Der deutsche Singleratgeber
    Die deutsche Singleratgeber-Autorin kommt oft aus dem Umfeld der Frauenzeitschriften und bewegt sich dabei zwischen Küchenpsychologie und »Sex and the City«-Klischees, zwischen Anpassung und einem stumpfen Pseudofeminismus.
    In dem Ratgeber »Die bessere Hälfte schenk ich mir. Single aus Leidenschaft« von Petra Mikutta werden immerhin die Vorteile glamourösen Singledaseins betont »frech und spritzig« gegen die Eheroutine aufgerechnet. Da heißt es dann provozierend: »Warum soll ich seine schmutzigen Socken waschen, wenn ich auf eine Brad-Pitt-Look-Alike-Party gehen kann?«
    Im »Kleinen Singlewohlfühlbuch für Frauen« von Monika Richrath wird das Alleineleben zum Risiko. Nach den üblichen Ratschlägen und Empfehlungen der Trennungsbewältigungs-Allheilmittel –
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