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Liebe wird oft überbewertet

Liebe wird oft überbewertet

Titel: Liebe wird oft überbewertet
Autoren: Christiane Rösinger
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Vor dem Fernseher, 17 . April
    Nun ist also Ostern, aber die Osterzeit ist eigentlich auch immer eine problematische, denn es gibt so viele Feiertage am Stück zu bewältigen: Karfreitag, Samstag, Ostersonntag, Ostermontag – es nimmt kein Ende.
    An Ostern ist es in Berlin auch immer sehr voll, und gleichzeitig sind alle weg. Viele sind verreist, andere machen Fahrradtouren nach Brandenburg, mit Partnern und befreundeten Pärchen, aber da kommt kein Neid auf. Wer möchte schon Fahrradfahren und dann auch noch mit Pärchen und durch Brandenburg?
    Wer an Ostern seine Ruhe haben will, der sollte einfach in der Wohnung bleiben und fernsehen, denn da bietet das Osterfest jedes Jahr die beliebten Klassiker und Monumentalschinken.
    Besonders zu empfehlen an Ostern: »Die Zehn Gebote«, vier Stunden in Technicolor. Interessant an den »Zehn Geboten« sind nicht die vielgerühmten frühen Special Effects, wie etwa die Rote-Meer-Zerteilung und der Tanz ums goldene Kalb, interessant ist vor allem die Darstellung der Geschlechterbeziehung in dem Fünfziger-Jahre-Film. Moses Frau Zippora zum Beispiel wird als recht autonome Hirtentochter geschildert. Als ihre sechs Schwestern beim Schleiertanz in der Wüste um die Gunst des jungen Moses buhlen, hält sie sich vornehm zurück und will um ihrer selbst und ihrer schönen Seele willen erwählt werden. Dem bescheidenen unverdorbenen Hirtenmädchen Zippora wird die vorherige Beziehung des Moses, die ägyptische Prinzessin Nofretete, diametral gegenübergestellt. Diese, das Leben in Saus und Braus im Pharaonenpalast gewohnt, stellt eher den Luxus-Bitch-Typ dar. Am Ende entscheidet sich Moses natürlich für Gott und bleibt Single.
    Bei »Ben Hur« – dreieinhalb Stunden ebenfalls in Technicolor – ist wiederum nicht das berühmte Wagenrennen die eindrucksvollste Sequenz, sondern die ergreifende Szene, in der Ben Hurs Mutter und Schwester, nur noch mit Lappen über dem Gesicht, im Tal der Aussätzigen herumirren, weil sie arg von der Lepra entstellt wurden. Aus Rücksicht auf den jungen Ben Hur geben sich die kranken Frauen als tot aus. Als Ben Hur erfährt, dass sie noch am Leben sind, kommandiert er der Einfachheit halber seine Freundin zur Betreuung ab, überträgt also recht geschlechtertypisch die sozialen Verpflichtungen gegenüber seiner Stammfamilie auf die Partnerin.
    Außer den beiden Osterschinken gibt es auf vielen Kanälen immer wieder ausführliche Dokumentationen über die neuesten Forschungsergebnisse, das Turiner Grabtuch betreffend. Die Rekonstruktion der Geschehnisse in Golgatha mit modernsten wissenschaftlichen Methoden lässt sich traditionell am Karfreitag verfolgen, manchmal wird im Anschluss noch das Porträt eines amerikanischen Forensik-Professors gezeigt, der in seiner Garage im Mittleren Westen ein Kreuz installiert hat und dort mit Freiwilligen Kreuzigungsexperimente macht.
    Und wenn der Papst dann am Sonntag seinen Fernsehsegen »urbi et orbi« gegeben hat, dann ist Ostern auch schon fast vorbei.

Berlin, 22 . April
    Trotz dieser religiösen Überdosis nach Ostern das starke Gefühl einer inneren Leere. Aus stiller Verzweiflung sogar Frühjahrsputz gemacht. Aber es half nichts.
    Vielleicht ist auch nur alles so langweilig und sinnlos, weil ich seit Dezember nicht aus Berlin herausgekommen bin? Es ist ein Elend. Die Jahre, in denen keine CD erscheint, in denen es nicht auf Tour geht, sind immer so zäh, man hat weniger zu tun, trifft weniger Menschen, kommt weniger rum.
    Am Anfang der Lesetouren dachte ich noch, jetzt käme ein neuer, toller Abschnitt des Auf-Tour-Gehens. Nach zwanzig Jahren im Showgeschäft kennt man Freud und Leid einer Bandtour durch die immer gleichen Clubs und Jugend- und Kulturzentren der drei deutschsprachigen Länder zur Genüge, hat Generationen von Sozialarbeitern und Bookern überlebt. Was für eine tolle Abwechslung wird es da sein, mal auf Lesetour zu gehen, dachte ich. Um wie viel angenehmer wird das werden! Kein großer Soundcheck, keine Verstärker schleppen, und die Gage nicht mit der nervigen Band durch fünf teilen! Und während man als Musikgruppe doch oft leicht geringschätzig als fahrendes Volk behandelt wird – es sei denn, der Club ist
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