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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen
Autoren: Rene Freund
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Leider muss ich morgen die nötigen Schritte einleiten .«
    » Was bedeutet das konkret ?«
    » Darf ich in aller Offenheit zu Ihnen sprechen ?« Susanne konnte rhetorische Fragen nicht ausstehen, deshalb antwortete sie nicht. Aber das hatte Dr. Meiningen ohnehin nicht erwartet.
    » Es wird im Zuge des Konkursverfahrens mittelbar zur Zwangsversteigerung der Immobilie kommen .«
    Susanne erblasste. Natürlich war ihr immer klar gewesen, irgendwann würde irgendwer auf die Wohnung zugreifen, die ihr Vater ihr einst gekauft und in der sie sich das Verlagsbüro eingerichtet hatte. Aber irgendwann, irgendwer, das klang doch deutlich besser als Zwangsversteigerung der Immobilie .
    Sie legte dem Filialdirektor die geplante Herbstvorschau des Verlags hin. Auf der Titelseite das Foto eines kleinen Sees, im Hintergrund Berge. Ein Holzsteg führt auf den See, zwei Handtücher liegen darauf, ein blaues und ein weißes.
    » Liebe unter Fischen«, sagte Susanne. » Wir haben damit jetzt schon mehr verdient als alle Außenstände des Verlags zusammen ausmachen. Die Vorbestellungen sind eine Sensation .«
    » Sie hatten es erwähnt«, sagte Dr. Meiningen, » aber da gab es doch ein kleines Problem … «
    Susanne sah auf die Uhr. Es war halb fünf. » Das kleine, ich würde fast sagen nebensächliche Problem bestand darin, dass das Buch noch nicht geschrieben war. Ich sage war , denn nun ist es geschrieben, und ich werde es in wenigen Minuten in Händen halten .«

    Es war blöd, August angerufen zu haben. Saublöd, albern und defizitär . Defizitär, das hatte Charlotte gerne gesagt, wenn ihr etwas nicht gepasst hatte. Aber ein Künstler ist nun mal ein defizitäres Wesen, sonst wäre er kein Künstler.
    In der Krise des Zorns hatte Fred Herzrasen bekommen. Die Ärztin war ihm wieder eingefallen, und er hatte seinen glühenden Kopf unter laufendes Kaltwasser gehalten, wobei merkwürdigerweise der seltsame Satz, den die Enkelin der Ärztin gesagt hatte, wieder in ihm aufgetaucht war – immer, wenn ich nicht weiß, was ich tun soll, rede ich mit der kleinen Fee, die in meinem Herzen wohnt. Da bekomme ich eine Antwort.
    Mit Dankbarkeit dachte Fred an sein Leben in der Hütte am Ufer des Gebirgssees.
    Stille erfüllte ihn.
    Eine Welle Sehnsucht schlug in sein Herz.
    Mara, Mara, Mara …
    Der Geist des Sees war über ihn gekommen, so hatte er es für sich formuliert, albern vielleicht, aber es hatte seinem Gefühl entsprochen. Dem festen, geradezu unerschütterlichen Gefühl, kein defizitäres, sondern ein göttliches Wesen zu sein. Nicht getrennt zu sein, sondern verbunden mit allem.
    Das war gestern Abend gewesen. Fred hatte sich an das offene Fenster gestellt, durchgeatmet, und wie ein Zauber hatte ihn ein Strömen von Dankbarkeit ausgefüllt und der Wille, der Welt, was heißt der Welt, dem ganzen Universum etwas davon zurückzugeben. Was kümmerten ihn die Ränkespiele, die Dünkel der anderen? Er war in diesem Augenblick nicht in der Lage, diese Sucht nach Geld, nach Ansehen, nach den wohligen Schauern dessen, was die Menschen als Liebe bezeichnen, mit sich in Verbindung zu bringen.
    In ekstatischer Freude, die Fred sich weder erklären konnte noch wollte, machte er sich an die Arbeit. Das Abrufen seiner See-Stimmungen funktionierte mit einer geradezu magischen Genauigkeit. Fred schrieb in wenigen Stunden all die verbrannten Gedichte wieder auf. Kurz nach Mitternacht war er fertig. Er legte sich erschöpft ins Bett, doch sein Schaffensrausch hielt ihn wach, immer und immer wieder sprang er auf, um noch einige Zeilen zu korrigieren, und bis zum Morgengrauen entstanden danach noch sieben neue Gedichte.
    Als er am frühen Nachmittag erwachte, schielte er zunächst misstrauisch nach dem neuen elektronischen Gerät, das ihm in der Nacht zum Freund geworden war. Er sprang auf, öffnete die Datei – und sah mit einem gewissen Befremden, dass sein neuer Gedichtband fix fertig gespeichert war.
    Allerdings war seine Euphorie einer unguten Verstimmung gewichen. Und als er das Gerät ausschaltete, wusste er nicht, warum er Susanne Beckmann diese Texte anvertrauen sollte. Schließlich bin ich Künstler und kein Lohnschreiber, den man mit einem fiesen Ultimatum erpresst, sagte sich Fred. Wo bleibt der Respekt?!

    » Willst du mit dem Ausflugschiff auf der Spree fahren ?«
    » Ist sicher schön. Aber weißt du, Lisi, das Wasser und ich, das ist keine Liebesgeschichte .«
    » Möchtest du ins Bodemuseum ?«
    » Nein .«
    » Ins Pergamonmuseum?
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