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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten
Autoren: James Meek
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things
    Are easier to dream than say
    But the road will take us there
    Where the words are in the air
    To the forest
    And the ocean
    And the life-love in our veins
    If you and I get older, baby
    Love gets older too
    The world needs one immortal love
    Dying ain’t for you
    »Hört alle her jetzt!«, grölte Ritchie.
    Let’s all go to the fountain
    And drink the years away
    Cold water
    Clear water
    To keep the night at bay
    Let’s all go to the fountain
    And you and I will be
    Forever young!
    Ritchie schlug die Augen auf und blickte sich verwirrt um, weil er in einem kleinen Pub neben einem alten Mann mit einem Karaokegerät stand. Karin war nicht da. Das Publikum liebte ihn. Sie klatschten, stampften, pfiffen und johlten. Ritchie kam wieder zu sich, verbeugte sich nach rechts und links und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Er zog die Nase hoch und sagte zu dem Karaokemann: »Als Nächstes Code of Shame .«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Ein Song. Es warten noch zehn Leute.«
    »Erzähl keinen Scheiß«, sagte Ritchie mit einem pampigen Grinsen. »Hast du die Leute gehört? Wir müssen ihnen eine Zugabe geben.«
    »Ein Song«, sagte der Alte. »So sind die Vorschriften.«
    Ein junger Mann mit tätowierten Unterarmen und Schultern, die doppelt so breit waren wie seine Hüften, trat auf Ritchie zu.
    »Ich bin Ritchie Shepherd«, sagte Ritchie. »Ich bin Ritchie Shepherd, der Leadsänger von den Lazygods. Das sind meine Songs.«
    »Ein Sänger, ein Song«, sagte der Alte. Er nickte dem Jungen zu. »Du bist dran, Kumpel.« Der junge Mann fasste das Mikrofon und versuchte, es Ritchie abzunehmen. Ritchie wehrte sich.
    »Ich muss eine Zugabe geben«, sagte Ritchie.
    »Keine Zugaben«, sagte der alte Mann.
    Am Rand seines Gesichtsfelds sah Ritchie zwei dunkle Gestalten rasch durch das Publikum auf ihn zukommen. Sie sprangen auf die Bühne, zwei Muskelpakete in schwarzen Mänteln, und rissen ihm das Mikro aus den Fingern. Sein Sträuben und Schreien halfen ihm nichts, sie schleiften ihn zur Tür, stießen ihn in die Nacht hinaus und kehrten an ihren Posten zurück, gelassen die Handschuhe abwischend. Sie sahen zu, wie er sich aufrappelte und ohne einen Blick zurück, nur einmal stolpernd, davonging.
    »Das war Ritchie Shepherd«, sagte der eine. »Der Typ von Teen Makeover .«
    »Ah wa«, sagte der andere.
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt: ›Ich habe ihr das mit dem Reiher nie erzählt.‹«
    »Ich dachte, er hätte ›Geier‹ gesagt.«
    »Reiher, Mann, Reiher. Total am Arsch.«
    75
    Eines Septembers packte Rose einen Rucksack, und mit dem Geld, das sie für die Fahrt nach Mekka gespart hatte, buchte sie einen Flug, der sie nach Süden brachte. Sie flog die ganze Nacht hindurch. Am Morgen, als es hell war, aber die Sonne noch nicht am Himmel stand, schob sie die Plastikblende am Flugzeugfenster hoch und sah eine rostrote Wolke wie eine Felssäule aufragen. Die Wolke erstreckte sich vom Boden bis weit über das Flugzeug hinaus, war höher als der höchste Berg. Es war keine europäische Wolke. Rose war in den Tropen. Sie war zwanzig. Es war nicht ihre erste Auslandsreise, doch als sie aus dem Flugzeug stieg und die feuchtwarme Luft sie umhüllte und ein übler Geruch wie von fernen Kloaken sie anwehte und darin noch ein anderer, schwerer zu bestimmender Geruch, als ob die pralle Sonne Wände aus würzig duftendem Holz aufgeheizt hätte, da hatte sie das Gefühl, weit gereist zu sein.
    Bec wartete unmittelbar hinter dem Zoll auf sie, an der Hand einen kleinen weißen Jungen und neben sich einen hochgewachsenen Afrikaner. Der Junge blickte sich um und schien Rose zu erspähen. Bec folgte seinem Blick. Einen Moment lang sah Rose sie durch den Schleier ihrer Erinnerungen und Vorstellungen. Die wirkliche Bec war älter, schwerer, blasser und müder als die erinnert-vorgestellte Bec. Sie erkannte Rose und lächelte und kam mit dem Jungen auf sie zu. Die freudig heraneilende Bec wirkte jetzt im Vergleich zu dem übermäßig gealterten Bild von vor einer Sekunde jünger und leichter. Als Bec lächelte, erschienen in ihren Augenwinkeln drei winzige Fältchen, und Rose verspürte den Impuls, sie dazu zu beglückwünschen, als wären sie eine Tätowierung, die auch sie käuflich erwerben könnte.
    »Das ist Leo«, sagte Bec, und beide blickten sie auf Becs Sohn hinab. Sie versuchten, ihn zu einer Begrüßung zu bewegen, doch er drehte sich scheu weg und bedachte Rose mit einem kurzen zweifelnden Blick, als
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