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Liebe macht blind - manche bleiben es

Liebe macht blind - manche bleiben es

Titel: Liebe macht blind - manche bleiben es
Autoren: Christine Nöstlinger
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solange man nur den „Partnern“ und nicht den ganzen Familien das „richtige Streiten“ beibringt.

Geld sparen – Blumen schenken
    Der Mann säbelt eine Schnitte Brot vom Wecken, nimmt das Butterpaket, will Butter aufs Brot streichen, hält jedoch inne und starrt stirnrunzelnd auf das silbrige, grüngestreifte Paket.
    „Wieso?“, fragt er. „Wieso haben wir keine Aktionsbutter?“
    Die Frau, angestrengt in einen Topf mit Brodelndem starrend, zuckt mit den Schultern und murmelt: „Iss doch nicht immer knapp vor dem Essen! Das ist ein schlechtes Beispiel für die Kinder!“
    „Dank der Aktionsbutter“, sagt der Mann, und in seiner Stimme schwingt Bitterkeit, „dank der Aktionsbutter haben sich im vergangenen Monat die Lebenshaltungskosten gesenkt. Der Warenkorb nämlich –“
    Die Frau unterbricht ihn: „Alles wird teurer, nicht billiger, da hat sich nichts gesenkt!“
    „Ich meine“, sagt der Mann und streicht Butter auf sein Brot, „die Lebenshaltungskosten sind weniger gestiegen durch die Aktionsbutter!“ Der Mann fuchtelt mit dem Buttermesser. „Aber du bist ja an der Senkung unserer Lebenshaltungskosten nicht interessiert.“
    „Doch!“, sagt die Frau und rührt das Brodelnde durch.
    Der Mann legt das bestrichene Brot weg und nimmt die Zeitung und hält sie der Frau hin. „Da lies!“, fordert er. „Das lässt sich sogar in Prozenten ausdrücken!“
    Die Frau liest und ruft dann: „Aha! Typisch für dich! Das Wichtigste erwähnst du nicht!“
    „Wieso?“, fragt der Mann.
    Die Frau legt einen Finger auf eine Zeitungszeile und zitiert: „Durch die Preissenkung bei Aktionsbutter und Schnittblumen!“ Dann schleudert sie die Zeitung auf den Tisch. Die Zeitung sinkt flatternd auf das Butterbrot.
    Die Frau ruft: „Würdest du mir regelmäßig Blumen schenken, hätten wir uns vergangenen Monat allerhand erspart!“ Sie runzelt die Stirn. „Dreißig mal zwanzig Rosen! Da machen zehn Prozent weniger schon was aus! Um das Geld, das du dir da erspart hättest, hätt’ ich mir ein neues Kleid kaufen können!“
    Der Mann starrt ergriffen.
    „Aber so viel Butter“, fährt die Frau fort, „dass wir vom Preisunterschied reich werden könnten, kann ich gar nicht kaufen!“
    Der Mann verlässt die Küche. Die Frau schaut trüb hinter ihm her und murmelt: „Immer wenn man ihm die Wahrheit sagt, geht er! Das verträgt er einfach nicht!“

Entrümpelst du mich, entrümple ich dich
    „Man muss entrümpeln“, sprach der Mann, mit dem ich den Haushalt teile, und schaute auf den Zwetschkenkrampus, der bei uns dort steht, wo bessere Leute eine beleuchtete Gondel haben. „Okay“, murmelte ich, nahm den Zwetschkernen vom Fernseher und tat ihn in den Mistkübel.
    „Und was ist mit dem?“ Der Partner fixierte einen Osterhasen. Ich lehnte ab. So lange ist Ostern noch nicht her, dass Hasen keine Lebensberechtigung mehr hätten.
    „Und dieses?“ Angewidert stupste der Partner an ein Gurkenglas, in welchem dürre Artischocken stecken. „Die sind schön!“, rief ich. „Die sind staubig!“, rief er.
    Diese Behauptung war nicht zu widerlegen, da die Artischocken, erschüttert vom Stups, nicht nur feinen Staub, sondern auch hartes Laub und flaumige Gebilde abgaben, die sanft im Raume umherschwebten.
    Ein Mensch, dem nach Entrümpeln ist, gibt nicht so leicht auf. Nach meiner Weigerung, mich von den Artischocken zu trennen, musste ich meine Zigarettenkisteln verteidigen und die Olivenöldose. Wenn ich, bitte schön, aus dem Anblick einer uralten, leeren Dose ästhetischen Genuss ziehe, hat diese Dose eine echte Funktion auf meinem Nachtkastel!
    „Aber die Schneiderpuppe!“, sagte mein Partner. Ich gab zu, dass selbige keine echte Funktion habe, da ich keine 48er Rundbaufigur, Jahrgang 1907, besitze. Ich gab auch zu, dass das Monstrum gebrechlich ist. Aber ich mag es! Es wieder in den Keller, aus dem ich es geholt habe, zu tragen, ist mir unmöglich.
    So unmöglich wie das Wegwerfen der Schachteln mit den alten 6000-Teile-Puzzles. „Schenk sie jemandem!“, riet der Partner. „Geht nicht“, sprach ich, „da fehlen überall Steine!“
    Da nahm mein Partner wortlos den Hut und entfernte sich. Und ich wandere jetzt herum, lasse mein Auge schweifen und liste auf: sechsunddreißig alte Batterien, ein Stoß gebrauchter Kalender, ein Spiel Karten ohne Herz-As, eine Lade voll Stoppeln, vier Einzelhandschuhe, ein Kubikmeter Zeitungen, fünf Westen ohne Anzug dazu, zwei nie gerauchte Pfeifen und ein brauner
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