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Liebe, lebenslänglich

Liebe, lebenslänglich

Titel: Liebe, lebenslänglich
Autoren: Ursula von Arx
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gelernt habe.
    Inzwischen ist er seinem einst fernen Vater so nahe gekommen, dass er auch Dinge an ihm sieht, die er nicht übernehmen möchte. Sein Vater sei zum Beispiel »ein bisschen ein Bürochaot«. Daniel Niepoort denkt zudem, dass sein Vater seiner Mutter vor der Heirat deutlich hätte sagen müssen, was sie an seiner Seite erwartete. Denn seine Mutter sei konservativ. Sie habe sich immer geordnete Verhältnisse gewünscht: Der Mann kommt nach Feierabend nach Hause, dann setzt man sich gemeinsam vor den Fernseher. Unregelmäßigkeiten hingegen bereiteten ihr Mühe. Doch genau dafür stehe sein Vater. Häufig sei er auf Reisen, zu Hause gebe es Einladungen, viele Gäste, mehrfach mit geschäftlichem Hintergrund, immer Bewegung. Ihm, Daniel, mache das nichts aus, im Gegenteil, er möge es, zu improvisieren.
    Schwieriger zu akzeptieren waren für ihn die neuen Frauen an der Seite seines Vaters. Wenn seine Mutter einen neuen Freund hatte, dann habe er damit eigentlich nie Probleme gehabt, weil er gesehen habe, wie sie aufblühte. Beim Vater war es anders. Daniel mochte die Nachfolgerin seiner Mutter gar nicht. Er war damals etwa zehn Jahre alt und fand, sie kümmere sich auf völlig übertriebene Art um ihn, und als sie dann ihr eigenes Kind hatte, war er auf einmal Luft für sie, so nahm er das wahr. »Aber vielleicht war ich einfach nur eifersüchtig, weil ich und mein Bruder jetzt unseren Platz teilen mussten mit dieser Frau und diesem Kind.«
    Bezüglich der aktuellen Freundin seines Vaters bemüht Daniel Niepoort sich um Ausgewogenheit: »Sie ist ein sehr netter Mensch. Wirklich. Manchmal ist sie fast überfreundlich. Wenn ich ihr helfe, die Garage aufzuräumen, dann höre ich immer wieder, was für ein toller Typ ich sei. Wenn ich ihr ein Glas Mandarinensaft bringe, bedankt sie sich tausendmal.« Für ihn, sagt er, sei das ein bisschen viel. Doch man werde bestimmt einen Weg finden miteinander. Man werde ja bald zusammenwohnen, und er rechne es ihr auf jeden Fall hoch an, dass sie dazu ihr Einverständnis gegeben habe.
    Daniel sage, was er denkt, sagt Dirk Niepoort, ohne Scham und Kalkül. Er sei ehrlich, manchmal fast naiv, ein eigentlich ziemlich perfekter Mensch. Er gerät ins Schwärmen, wenn er an die Geschichte denkt, in der sein Sohn einem Vorgesetzten beim Militär seine Führungsprinzipien erläuterte. Weil er keine Maske aufhabe, sei Daniel ohne Angst, jemand könne sie ihm abreißen. Und er sei ohne Zwang, einem falschen Bild von sich entsprechen zu müssen. Er sei fast zu gut für diese Welt. Das mache ihm nicht wirklich Sorgen, nur ein bisschen, er halte ihn für pfiffig und intelligent genug, seinen Weg zu finden.
    »Überhaupt Intelligenz«, sagt Dirk Niepoort jetzt, »was ist das schon?« Sein Sohn war kein besonders guter Schüler. Er selber auch nicht und seine Eltern hätten ihn deswegen nicht mit Verachtung bestraft. »Sieh zu, dass du Sprachen lernst«, habe seine Mutter gesagt, »das wirst du immer brauchen können.« Sie hat ihn für seine Lehr- und Wanderjahre ins fremdsprachige Ausland geschickt, damit war das Thema für sie erledigt. Sie sei eine großartige Frau, sagt er und fährt fort: Intelligenz sei das eine, wie man sie nutze das andere. Und auf die Praxis komme es an. »Du musst nicht der Beste sein«, habe er zu Daniel immer gesagt, »aber du musst lernen, den Besten zu erkennen, um mit ihm zusammenzuarbeiten.«
    Überhaupt müsse man lernen, seine Fähigkeiten richtig einzusetzen. Und das sei vielleicht das Schwierigste, weil man dafür nicht um ein Rendezvous mit sich selbst herumkomme. Daniel zum Beispiel habe eine große Sensibilität, er spüre, wenn einer etwas gegen ihn habe, bevor dieser es selbst merke. Eine Gabe, die einerseits zu einer guten Menschenkenntnis verhelfen und sehr förderlich sein möge, sowohl im Alltag als auch im Geschäftsleben, die andererseits jedoch dazu führen könne, dass man jede Regung auf sich selbst beziehe und sich so in einem permanenten Zustand der Kränkung befinde.
    Wenn man Dirk Niepoort bittet, zu sagen, was die Grundlage seiner Beziehung zu Daniel sei, dann zögert er keine Sekunde: Vertrauen. Daniel habe ihm einerseits geholfen, Selbstvertrauen als Vater zu gewinnen. Denn kurz nach der Trennung von Daniels Mutter war er einmal für zwei Wochen mit ihm allein, und er glaube, das sei sehr wichtig gewesen, weil er da gemerkt habe, dass er ja ganz gut klarkomme mit Kindern beziehungsweise mit Daniel.
    Andererseits vertraue er ihm:
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