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Liebe, lebenslänglich

Liebe, lebenslänglich

Titel: Liebe, lebenslänglich
Autoren: Ursula von Arx
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häuslichen Anwesenheit gescheitert sei. Eine andere Konsequenz ist, dass er sich als verantwortungsvoller 49-jähriger Unternehmer mit seiner eigenen Nachfolge beschäftigen muss. Er tut das auch, und zwar auf seine Art, sehr locker also, weitsichtig, vorsichtig, mit einem langen Atem. Alles scheint bei ihm auf Nachhaltigkeit angelegt, seine Weinberge in Portugals Douro-Region, der biodynamische Garten vor seinem Wohnhaus in Porto mit den vielen Schmetterlingen, aber vor allem auch die Beziehung zu seinen Kindern, zu Daniel zum Beispiel, seinem Ältesten.
    Tatsächlich wird dieser junge, freundliche Mann im Blue-Authentic-T-Shirt – Eduardo Daniel Knöpfel van der Niepoort, Knöpfel nach seiner Mutter – bald zu seinem Vater ziehen, er ist jetzt für zwei Tage hier, um die letzten administrativen Fragen zu klären. Aber eigentlich wird er zu einem sehr guten Freund ziehen. Denn so beschreibt er seinen Vater, als einen sehr guten Freund, der sehr viel von ihm wisse, jedenfalls im Vergleich zur Mutter.
    Das ist insofern erstaunlich, als Daniel Niepoort mit ihr sehr viel mehr Zeit verbrachte als mit ihm. Doch örtliche Nähe kann emotionale Distanz schaffen, und örtliche Distanz emotionale Nähe. Als er drei war, zog seine Mutter mit ihm und seinem eben geborenen Bruder von Porto nach St. Gallen, von wo sie ursprünglich stammt, wo sein Vater Wirtschaft studierte und wo die beiden sich kennengelernt hatten. Seither, also seit der Scheidung seiner Eltern, sah er seinen Vater nur in den Ferien, meist in Portugal, oder wenn der Papi, wie er ihn nennt, geschäftlich in der Schweiz zu tun hatte. Ihre Beziehung sei hauptsächlich übers Telefon gelaufen: »Ich wusste, wenn ich ihn brauche, kann ich anrufen.«
    Dass er nun, mit 21 Jahren, auch räumlich die Nähe zu seinem Vater sucht, erklärt Daniel Niepoort einerseits mit seinem angespannten Verhältnis zur Mutter, andererseits mit beruflichen Interessen, doch vor allem erklärt er es mit dem Alter: »Meine Mutter hat sehr gut für mich gesorgt, als ich ein Kind war, später orientiert man sich mehr am Vater.« Vielleicht sei es auch eine Frage des Geschlechts, fügt er an, vielleicht müsste er ergänzen »als Junge«, also: als Junge orientiere man sich mit zunehmendem Alter mehr am Vater. Jedenfalls finde er, dass der große Abwesende seiner Kindheit die wenige Zeit, die sie miteinander verbracht hätten, mehr als wettgemacht habe: »Mit Taten. Er hilft einem.«
    Wobei Dirk Niepoort mit diesen Taten auf sich warten ließ: »Ich wollte nie jemandem beweisen, dass ich der beste Vater der Welt bin.« Die Beziehung zu Daniel in Ruhe wachsen zu lassen, daran glaubte er, und dass alles Forcierte kontraproduktiv sei. Es widerspreche seinem Charakter grundsätzlich, sich aufzudrängen. Und so habe er darauf vertraut, dass sich sein Kontakt zu Daniel intensivieren würde, sobald sein Sohn selber die Initiative ergreifen könne, sobald er zum Beispiel ein Handy besitze und ihn von sich aus anrufen könne. Und so sei es auch gewesen.
    Seine Ex-Frauen konnten diese abwartende Haltung nicht immer nachvollziehen, es wurde ihm Egoismus und Gleichgültigkeit vorgeworfen. Dirk Niepoort erinnert sich an eine Szene, da lag er auf dem Sofa, die Zeitung in der Hand, daneben Daniel und seine Halbschwester Anna, zeichnend. Alle glücklich, alle bei sich und mit den anderen, Friede. Da sei seine Frau nach Hause gekommen und habe in vorwurfsvollem Ton zu ihm gesagt: »Wenn du ausnahmsweise mal hier bist, würdest du dich nicht besser mit den Kindern beschäftigen?« – »Aber warum hätte ich das tun sollen?«, fragt er. »Es wäre aufgesetzt gewesen. Es hätte weder mir Freude bereitet noch Daniel noch Anna, die ja ganz in ihrem Tun aufgingen. Warum hätte ich sie dabei stören sollen?«
    Er habe mit seinen Kindern immer auf einen beiläufigen Umgang gesetzt, sagt er, darauf, dass man das tue, was einem natürlich erscheine. So entwarf er für Daniel kein Spezialprogramm, wenn er bei ihm in den Ferien war, sondern er nahm ihn einfach überallhin mit, in die Kellerei, zu Geschäftsessen, ins Büro oder in den Rebhang zur Ernte. Diese Erfahrungen hätten seinem Sohn geholfen, mit den verschiedensten Leuten umzugehen, ist der Vater überzeugt. Daniel zeige keine Scheu gegenüber Reichen, Gebildeten, Prominenten, und er zeige absolut keinen Dünkel gegenüber Bedürftigen oder weniger gebildeten Menschen. »Je anpassungsfähiger jemand ist, desto freier ist er zu tun, was er will«, sagt
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